MIT Technology Review 4/2019
S. 70
Horizonte

Auf der Spur der inneren Uhr

Wer nicht zur richtigen Zeit schläft, kann ernsthaft krank werden. Aber was ist die richtige Zeit? Daten aus Wearables geben Antworten.

Chronobiologe Till Roenneberg erforscht die innere Uhr des Menschen. Foto: Wolf Heider-Sawall/ Laif

Markus Steiner (Name von der Redaktion geändert) weiß schon im Voraus, dass er am 31. März schlecht gelaunt aufwachen wird. An diesem Wochenende findet nämlich die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit statt, und sein Körper wird gegen den Verlust von einer Stunde Schlaf wieder heftig rebellieren. „Ich brauche meist mehrere Wochen, um mich halbwegs an die Zeitumstellung zu gewöhnen. Ich bin jeden Morgen müde und gereizt. So richtig atme ich erst wieder auf, wenn die Winterzeit anfängt“, sagt Steiner. Das liegt wohl daran, dass er ein ausgeprägter Nachtmensch ist, im Volksmund eine Eule. Er muss schon im Winter früher aufstehen, als es seine innere Uhr vorgibt, und schlafen gehen, wenn er nicht müde ist. Die Sommerzeit zwingt ihn, noch früher aufzustehen.

So schlecht ergeht es bei der Zeitumstellung nicht jedem. Doch die doppelte Uhrenumstellung pro Jahr verschärft trotzdem für Lerchen wie für Eulen und alle Misch-Chronotypen dazwischen ein grundlegendes Problem: Schlafmangel. Für Schlafforscher Matthew Walker von der University of California Berkeley steht fest: Wer nicht genug und erholsam schläft, macht sich auf Dauer krank, steigert sein Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer, Depression und Krebs und verkürzt damit seine Lebenszeit. Schlafen wir zu wenig, nehmen wir auch leichter zu und torpedieren Abnehmversuche. Der Brite warnt seit Jahren in launig präsentierten, aber eindringlichen Vorträgen vor den Gefahren des Schlafmangels und appelliert an Ärzte, statt Schlafmitteln tatsächlich Schlaf zu verschreiben.