MIT Technology Review 4/2019
S. 3
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Warum haben wir gerade Bill Gates um eine Liste der zehn Technologien gebeten, die ihm am meisten Hoffnung machen? Er war schließlich nie jemand, dessen Ansichten auf ungeteilte Zustimmung stießen. Wohl eher im Gegenteil: Gates polarisiert, wenn auch selten mit Absicht. Als er zusammen mit Paul Allen Microsoft gründete, läutete er das PC-Zeitalter ein – und wurde zur Hassfigur der Computerszene. Noch heute sind die Gräben zwischen Mac- und PC-Nutzern mitunter tief.

Als er gemeinsam mit seiner Frau die Bill & Melinda Gates Foundation ins Leben rief, entstand mit einem Federstrich die größte Privatstiftung der Welt. Sollte Gates Dank erwartet haben, hatte er sich geirrt: Er sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, die Entwicklungshilfe monopolisieren zu wollen. Als Investor erwarb er sich den Ruf, viel Geld in die Entwicklung nachhaltiger Technologien zu stecken, zählt dazu jedoch unter anderem die hoch umstrittene Kernkraft.

Warum also gerade Gates? Weil die Zukunft nicht nur schöne Visionen braucht, sondern auch kontroverse Debatten darüber, wie sie zu erreichen sind. Und Gates ist sicherlich ein Kristallisationspunkt solcher Debatten. Ab Seite 52 können Sie seine Ansichten dazu lesen.

Wir bei Technology Review haben es schließlich immer als unsere Aufgabe gesehen, die Auseinandersetzung über unsere Zukunft in Gang zu bringen. Höflichen Small Talk wollten wir dabei nie führen, das können andere besser. So entstand auch die Idee zu unserem Artikel über die fünf Schritte zum künstlichen Leben. Wie es sich im Labor erzeugen lässt, ist ja nur die eine spannende Frage. Die zweite: Was passiert, wenn wir es geschafft haben, dass künstliche Zellen sich entwickeln und eine Evolution durchlaufen? Schaffen wir neue Formen des Bewusstseins? Die Antwort lesen Sie ab Seite 28.

Ich begrüße Sie in unserer April-Ausgabe.

Ihr

Robert Thielicke

Unterschrift