MIT Technology Review 5/2019
S. 58
TR Mondo

NEUSEELAND

Rollende Erntehelfer

Seit Anfang März pflücken Roboter Äpfel auf neuseeländischen Plantagen. Sie stehen im Dienst von T&G Global, einem der größten Lebensmittelhersteller Neuseelands. Laut Entwickler, dem US-Start-up Abundant Robotics, sind sie weltweit die ersten ihrer Art auf dem Markt. Die Maschinen navigieren mithilfe von Lidar (Light Detection and Ranging) durch die Baumreihen und erkennen per Kamera, welche Äpfel reif sind. Dann saugen sie die Früchte mit Vakuumgreifern von den Bäumen und legen sie in dieselben großen Kisten, die auch menschliche Pflücker verwenden.

Die automatische Ernte von Obst ist viel schwieriger als etwa maschinelles Unkrautjäten, denn die Früchte erfordern ein sorgfältigeres Urteil und dürfen nicht beschädigt werden. Erst durch Verbesserungen bei der Rechenleistung und den Algorithmen für die Bildverarbeitung gelang es Abundant Robotics, reife Äpfel ähnlich genau wie ein Mensch zu erkennen und ebenso sanft zu pflücken.

Roboter pflückt Äpfel mit einem Saugrüssel. Foto: Abundant Robotics

Darüber hinaus halfen Änderungen bei den Plantagen: Obstbauern haben begonnen, kleinwüchsigere Bäume mit breiteren Kronen anzupflanzen, die höhere Erträge erzielen und besser erreichbar sind.

Für T&G waren der wachsende Mangel an Saisonarbeitern und die Möglichkeit, die Produktivität zu steigern, der Anstoß für die Zusammenarbeit. „Am Ende mussten wir immer viel von der Ernte auf den Bäumen lassen, weil uns einfach nicht genug Leute zur Verfügung standen“, sagt Peter Landon-Lane, leitender Geschäftsführer von T&G Global. „Es wird in Zukunft eine große Nachfrage nach Arbeitskräften geben, die wir nicht ohne Technologie bedienen können.“ Das Unternehmen betont aber, dass die Roboter keine Arbeitsplätze vernichten würden – sie würden nur nachts die besonders schwer zu erreichenden Äpfel ernten.

Die Erntemaschine kann reife von unreifen Äpfeln unterscheiden. Foto: Abundant Robotics

Auch Mike Willett von der „Washington Tree Fruit Research Commission“ rechnet nicht damit, dass Obstpflückroboter vorerst viele Arbeiter ersetzen werden – obwohl auch in den USA immer mehr Bauern unter einem langfristigen Rückgang der saisonalen Arbeitskräfte leiden und sich entsprechend stark für eine Automatisierung interessierten. Zunächst würden damit nur die offenen Stellen ersetzt, glaubt Willett. Zudem verfügten nicht alle Obstplantagen über die richtigen Bäume.

Neben Abundants Saugtechnik werden auch weitere Pflückmethoden entwickelt. So will etwa das israelische Unternehmen FFRobotics dieses Jahr ein Modell mit Drei-Finger-Greifern auf den Markt bringen. Auch Manoj Karkee von der Washington State University arbeitet an einem alternativen Ansatz, bei dem eine Maschine Äpfel vorsichtig vom Baum abschüttelt, indem sie in die Äste greift. Diese Technik wird bereits für einige zum Entsaften bestimmte Äpfel verwendet, die nicht so sanft behandelt werden müssen.

CHARLOTTE JEE/TOM SIMONITE