MIT Technology Review 5/2019
S. 57
TR Mondo

Südkorea

Menschengemachtes Erdbeben

Erdbebenschäden in der Hafenstadt Pohang. Foto: Newscom/ Ddp Images

Als die Erde am 15. November 2017 in der südkoreanischen Hafenstadt Pohang mit einer Stärke von 5,5 bebte, lag das nicht an natürlichen Ursachen, sondern an Geothermie-Bohrungen. Das belegt eine neue Studie internationaler und südkoreanischer Forscher, deren Vorbericht die südkoreanische Regierung Ende März veröffentlicht hat. Das zweitgrößte Beben in den südkoreanischen Aufzeichnungen hatte 135 Menschen verletzt und 1700 zum Umzug gezwungen. Der wirtschaftliche Schaden belief sich auf etwa 266 Millionen Euro.

Als Ursache des Bebens sehen die Autoren zweifelsfrei das „Pohang EGS“-Projekt, bei dem Wasser durch zwei Bohrungen mit einem Druck von bis zu 900 Bar in tiefe Gesteinsschichten gepresst wurde. EGS steht für „Enhanced Geothermal System“. Die sogenannte hydraulische Stimulation sollte ein zusammenhängendes Netz von Rissen im Gestein und damit ein großes Wasserreservoir erzeugen, das später als Wärmetauscher dienen sollte.

Südkoreaner protestieren gegen eine Geothermie-Anlage. Foto: ddp images/NewsCom

Die Wasserinjektionen trafen auf eine große, zuvor unentdeckte Bruchfläche im Gestein in knapp vier Kilometern Tiefe und brachten diese schließlich zum Bersten. Dies wiederum löste das fatale Erdbeben aus.

Die neue Untersuchung sollte über zwei frühere, 2018 im Fachjournal „Science“ veröffentlichte Studien einer südkoreanischen und einer internationalen Forschergruppe hinausgehen und deren teilweise noch vorsichtig formulierten Ergebnisse überprüfen. Dafür bezogen die Forscher weitere Daten mit ein, etwa über die Spannungszustände im Gestein in unmittelbarer Nähe der Bohrlöcher. Außerdem analysierten sie die kleineren Beben, die schon zuvor bei fünf hydraulischen Stimulationen des Gesteins aufgetreten waren.

„Wir konnten zeigen, wie die EGS-Aktivitäten die große Bruchstelle beeinflusst haben, die schließlich geborsten ist“, sagt John Townend von der Victoria University in Wellington. Simulationen hätten zudem aufgedeckt, wie die Wasserverpressung zu übermäßiger Spannung in den Gesteinsporen geführt hatte, ergänzt Studienleiterin Shemin Ge von der University of Boulder in Colorado. Dabei seien die Mindestkräfte, um seismische Aktivitäten auslösen zu können, bei Weitem übertroffen worden.

VERONIKA SZENTPÉTERY-KESSLER