MIT Technology Review 5/2019
S. 3
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Die raumfahrt – die bemannte zumal – dreht sich im Kreis, und damit ist nicht nur die Erdumlaufbahn gemeint. Seit 20 Jahren schicken wir Astronauten zur Internationalen Raumstation wie Pendler zur Arbeit. Alle paar Monate starten sie, alle paar Monate kehren sie wieder zurück. Der Erkenntnisgewinn: Bakteriensporen überleben im All, Pflanzen eher nicht, und ansonsten ist die Erde blau und verletzlich.

Nun zeichnet sich die Zeitschleife auch in der Mondfahrt ab. Nachdem die US-Amerikaner 1972 zum letzten Mal auf dem Mond gelandet waren, wollen sie nun wieder hin, weil auch die Chinesen hinwollen. Ob sich das Rennen zum Erdtrabanten tatsächlich wiederholt, steht angesichts einer unklaren Finanzierung in den Sternen. Aber die Idee an sich ist symptomatisch für die Lage der Raumfahrt: Man hat nicht den Willen oder den Mut, Neues zu machen. Also macht man einfach mit dem Alten weiter.

Aber das All ist kein Ort für das immer Gleiche, sondern dafür, den menschlichen Horizont zu erweitern. Wer nicht zu wirklich Neuem aufbrechen will, bleibt am besten gleich am Boden. Als Pendlerpauschale sind die fünf Milliarden Dollar, die allein die USA jährlich in den Unterhalt der ISS stecken, zu viel. Ideen, was mit dem Geld stattdessen anzustellen wäre, gibt es genug. Das gilt erst recht für die vielen weiteren Milliarden, die Amerikas Mond-Revival verschlingen würde. Ab Seite 60 stellen wir die Ideen vor – von konkret über verrückt bis fantastisch.

Bei vielen von ihnen würde man heute sagen: unmöglich. Aber wie die technische Entwicklung oft gezeigt hat, ist „unmöglich“ ein Problem, das vorübergeht. Als Mediziner vor über hundert Jahren den Plan fassten, tierische Organe in Menschen zu transplantieren, dachten viele: verrückt, das wird nie etwas. Tatsächlich kam es immer wieder zu schweren Rückschlägen, jahrzehntelange Durststrecken waren die Folge. Viele Wissenschaftler und Mediziner stiegen aus. Aber einige machten weiter. Nun zeichnen sich erste klinische Studien ab, wie wir auf Seite 28 schreiben.

Ich begrüße Sie in unserer Mai-Ausgabe.

Ihr

Robert Thielicke

Unterschrift