MIT Technology Review 7/2019
S. 74
Horizonte
Essay

Die Rückkehr des Biedermeiers

Mit dem Internet kommt die Welt in die Häuser, aber die Menschen immer seltener heraus. Über eine Welt voller Heimkinos, virtueller Fitnessstudios und Restaurants, die nur noch für Lieferdienste kochen – und warum das mittlerweile keine gute Idee mehr ist.

Der „arme Poet“ von Carl Spitzweg hätte das Internet sicherlich zu schätzen gewusst. Bild: Carl Spitzweg

Waren Sie schon einmal bei GringoBurritos, um gefüllte Tortillas zu essen? Ich nicht. Es wäre auch schwer, denn das Restaurant existiert nicht, zumindest nicht so, wie man es sich vorstellt: Es hat keinen Gastraum, keine Stühle und keine Bedienung. Es besteht nur aus einer riesigen Küche, denn es ist ein Geisterrestaurant, das nur für Lieferdienste wie Deliveroo oder Lieferando kocht.

Betreiber ist die Firma Keatz aus Berlin, und sie nennt noch weitere dieser virtuellen Restaurantmarken ihr Eigen, darunter MoodyMonkey für Thai Currys und OnoOno Poké für die hawaiianische Küche. Sechs Millionen Euro steckten Investoren 2018 in die virtuelle Gaststätte. Sie will laut Mitgründer Paul Gebhardt das „Netflix der Foodbrands“ sein.