MIT Technology Review 8/2019
S. 97
Fundamente

Streams aus der Stratosphäre

An dieser Stelle blicken wir zurück auf Artikel, die vor fünf Jahren in Technology Review erschienen sind. Diesmal: Internet aus der Luft.

technology review 8/2014 Die Internetversorgung per Ballon hat sich bei Katastrophen bewährt.

Die gute Nachricht: Ende 2018 waren zum ersten Mal über 50 Prozent der Weltbevölkerung online. Die schlechte: Noch immer haben fast vier Milliarden Menschen keinen Internetzugang. Das will die Alphabet-Tochter Loon mit Ballons in der Stratosphäre ändern.

Über Solarzellen und Akkus mit Energie versorgt, verhalten sie sich wie Mobilfunkstationen in 20 Kilometern Höhe. Nutzerdaten wandern vom Boden zu einem fliegenden Empfänger und werden dann von Ballon zu Ballon weitergereicht, bis sie einen erreichen, der Kontakt zu einer weiteren Bodenstation hat.

Technology Review berichtete 2014 über das Projekt. Damals hatte Loon bereits bewiesen, dass die Idee funktioniert: Bei einem Test mit 30 Ballons nahe des Lake Tekapo auf der Südinsel Neuseelands konnte eine Gruppe von 50 Testpersonen mit speziellen Antennen auf das schwebende Netzwerk zugreifen und dabei Übertragungsraten von rund 7 Megabit pro Sekunde erreichen, was ungefähr einer UMTS-Verbindung entspricht.

Seitdem hat Loon die Technik ständig weiterentwickelt und getestet. Seit 2015 gibt es beispielsweise ein fünf Stockwerke hohes, mobiles Startsystem, mit dem sich die Ballons in weniger als 30 Minuten von überall aus in die Luft bringen lassen. 2017 brachte das System bei zwei Naturkatastrophen viele Menschen ins Netz: In Peru während einer Flut, in Puerto Rico nach einem Hurrikan. Im Mai 2019 waren die Ballons erneut über Peru unterwegs, wo sie nach einem Erdbeben innerhalb von 48 Stunden einen LTE-Zugang schufen.

Allerdings sind die Loon-Ballons eigentlich nicht für die Katastrophenhilfe, sondern für permanenten Internetzugang in abgelegenen Gebieten gedacht. Damit will Loon dieses Jahr in Zentralkenia starten.

Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit, abgelegene Gebiete zu versorgen: mit Mikrosatelliten. Im Mai brachte SpaceX beispielsweise 60 „Starlink“-Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn – im Endausbau sollen es rund 12000 sein. Amazon hat ähnliche Pläne mit seinem Projekt „Kuiper“. Bald könnte also auch die zweite Hälfte der Menschheit online sein. CHRISTIAN BUCK