MIT Technology Review 8/2019
S. 19
Aktuell

Sensorik

Papierstreifen gegen Lebensmittel-Verschwendung

Nahrungsmittel mit überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum müssen im Supermarkt entsorgt werden. Auch in Haushalten bedeutet das Datum auf der Verpackung meist das Ende in der Mülltonne – obwohl enthaltenes Gemüse oder Fleisch häufig noch essbar ist.

Wissenschaftler des Imperial College London haben nun einen Sensor auf Papierbasis für Lebensmittelverpackungen entwickelt, der mit einem normalen Smartphone ausgelesen werden kann.

Das Prinzip ist einfach: Auch trockenes Papier enthält einen geringen Anteil Wasser in seinen Zellulosefasern und ist damit leicht leitfähig. Das Sensorpapier ist mit Carbon-Elektroden bedruckt, die die Leitfähigkeit des Papiers prüfen. Verdirbt das Fleisch in der Verpackung, strömt es Faulgase wie Ammoniak oder Trimethylamin aus, die das Papier aufnimmt. Dadurch steigt seine Leitfähigkeit. Diese Information überträgt ein ebenfalls in den Sensor integrierter NFC-Funkchip dann an ein Smartphone mit entsprechender App. Sie verrät dem Nutzer direkt, ob das Fleisch besser in die Mülltonne wandert oder in die Pfanne.

Da der Sensor aus handelsüblichem Zellulosepapier besteht, ist er in der Herstellung sehr günstig: Zwei Cent soll er nach Angaben der Forscher kosten. Zudem bestehe er aus biologisch abbaubaren und ungiftigen Materialien.

JO SCHILLING

APP DES MONATS

Chatten mit Toten

Wenn Sie Fragen an Elon Musk, Donald Trump, Steve Jobs oder den Dalai Lama haben – die App „Sidekik“ verspricht in wenigen Sekunden Antwort. Die Macher aus dem Silicon Valley haben eine künstliche Intelligenz mit den Äußerungen der Promis trainiert und daraus Chatbots generiert. Ab 2020 sollen sich auch normale Sterbliche ihr eigenes digitales Vermächtnis aufbauen können. „Wir glauben, dass all unsere Hinterlassenschaften eine Stimme haben sollten“, heißt es pathetisch auf der Webseite.

Ich halte mich zunächst an die Lebenden und versuche, dem Avatar von Elon Musk eine Meinung zu Wasserstoffautos zu entlocken. Der reale Musk hat diese Technik wiederholt und deutlichst für Unfug erklärt. Und sein digitaler Zwilling? Antwortet auf die Frage „Halten Sie Brennstoffzellenfahrzeuge für effizient?“ mit „Ja. Sie sind sehr einfach herzustellen.“

Der Bot scheint also lediglich mit irgendwelchen Schlüsselwörtern nach Antworten aus seiner Datenbank zu angeln. Das ist Sprachtechnologie aus der Steinzeit. So ist es Glückssache, ob der Nutzer überhaupt irgendeine halbwegs passende Antwort erhält, und wenn ja, ob sie wirklich die Meinung des realen Vorbilds wiedergibt oder nicht zufällig das genaue Gegenteil.

Besonders perfide ist das bei Toten, die sich nicht mehr wehren können. Frage ich etwa den virtuellen Steve Jobs nach seinem Verhältnis zu Bill Gates, spuckt der Bot nur Blödsinn aus: „Die Technik ist sehr wichtig, und es ist noch viel zu tun.“ Ein Weiterleben als digitaler Depp – so ehrt das Silicon Valley also seine Helden.

GREGOR HONSEL

LUFTFAHRT

Fliegen im Flügel

Kein Leitwerk – kein Problem. Foto: Horten Aircraft

Das Start-up Horten Aircraft hat nach drei Jahren Entwicklungszeit einen zweisitzigen Nurflügler abheben lassen. Die HX-2 hat eine Spannweite von zehn Metern und eine zwei Meter lange Kabine, an deren Ende ein 74 Kilowatt starke Propellermotor sitzt. Er beschleunigt die Konstruktion aus Glas- und Carbonfaserkunststoff auf maximal Tempo 270. Mit über 600 Kilogramm wiegt der Prototyp „noch zu viel“, wie Gründer und CEO Bernhard Mattlener zugibt. Zu einem möglichen Produktionsstart oder gar Preis wollte er noch nichts sagen. Dafür denkt das siebenköpfige Team von Horten Aircraft schon über unbemannte Versionen, elektrische Antriebe und Fünfsitzer nach.

Der Vorteil eines Nurflüglers gegenüber konventionellen Flugzeugen ist ein höherer Auftrieb, damit sind die Betriebskosten geringer. Größter Nachteil ist eine wesentlich instabilere Fluglage. Namensgeber von Horten Aircraft sind die Brüder Reimar und Walter Horten, die schon in den 1930er-Jahren Nurflügler entwickelten. ARMIN SCHARF

KUNST

Echt oder gefälscht?

Farbproben beim blauen Dreieck (rechts) entlarvten eine Fälschung aus den 1980er-Jahren, die angeblich von 1866 stammen sollte. Foto: James Hamm/Buffalo State College/The State University of New York, Buffalo, NY

Forscher haben eine Lücke in der Radiokarbon-Datierung geschlossen, mit der Gutachter das Alter von Leinwand und Farbe bestimmen und damit Fälschungen aufdecken. Das Verfahren basiert auf dem Zerfall radioaktiver Kohlenstoffisotope. Kratzen Fälscher jedoch die Farbe von wertlosen alten Gemälden ab, um sie – neu mit Bindemittel angemischt – auf ebenso alte Leinwände aufzutragen, versagte die Methode bisher. Was Fälscher jedoch nicht aus alten Quellen verwenden können, sind die Bindemittel. Dort setzten Wissenschaftler der ETH Zürich an: Sie entnehmen Farbpartikel an Stellen mit ausschließlich anorganischen Pigmenten wie Kobaltblau oder Rostrot, isolieren den Kohlenstoff, der aus dem Öl des Bindemittels auf dem Bild zurückbleibt, und analysieren sein Isotopenprofil. Das Alter der Ölpflanzen, aus denen das Bindemittel hergestellt wurde, verrät dann das wahre Alter des Werks. JO SCHILLING

watchlist politik

zweifel an Homöopathie

Die französische Gesundheitsbehörde bezweifelt den Nutzen homöopathischer Mittel und damit ihre Erstattungsfähigkeit. Die Gesundheitsministerin hatte angekündigt, sich nach der Empfehlung der Behörde zu richten und homöopathische Leistungen aus dem Katalog der staatlichen Krankenkassen zu streichen.

Pflicht-Lärm für E-Autos

Seit dem 1. Juli müssen alle neuen Hybrid- und Elektroautos Geräusche von sich geben, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Ab Sommer 2020 soll diese Regelung auch für Busse und Lkws gelten. Die Geräusche müssen bis zu einem Tempo von 20 Kilometern pro Stunde sowie beim Rückwärtsfahren zu hören sein.

Aus für Verbrenner in Irland

Ab 2030 sollen in Irland keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. Der irische Klimaschutzplan will bis dahin etwa 950000 Elektrofahrzeuge auf die Straße bringen. Im nächsten Schritt will Irland 2045 die jährliche Hauptuntersuchung für Verbrenner einstellen. Damit verlieren diese Fahrzeuge automatisch ihre Zulassung.

Österreich verbietet Glyphosat

Der österreichische Nationalrat hat den Unkrautvernichter Glyphosat verboten und ist damit das erste EU-Land mit einem Nutzungsverbot. Die EU-Pflanzenschutzverordnung erlaubt jedoch noch bis Ende 2022 den Einsatz von Glyphosat, sodass diese österreichische Entscheidung rechtlich umstritten ist. Die deutsche Regierung will bis September über ein Glyphosat-Verbot entscheiden.