Aktuell

MATERIAL

Lebende Bausteine

Die Produktion von Zement verursacht rund sechs Prozent der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen. Ziegelsteine aus Bakterien hingegen, wie sie Forscher der University of Colorado in Boulder entwickelt haben, entziehen der Atmosphäre sogar CO2 (DOI: 10.1016/j.matt.2019.11.016).

Bakterien statt Zement halten den Stein in Form.

Foto: University of Colorado Boulder College

Dazu impften die Wissenschaftler ein Gemisch aus Sand und Gelatine mit Cyanobakterien der Gattung Synechococcus. Diese machten Kohlendioxid per Photosynthese zu Kalk, dem Hauptbestandteil von Zement. Dabei mineralisierte das Gel und verfestigte den Sand. Bei der richtigen Feuchtigkeit lassen sich auf diese Weise Bio-Ziegelsteine erzeugen, die genauso robust sind wie herkömmliche – wenn nicht gar robuster, denn sie können sich in gewissem Maß selbst reparieren: Halbiert man sie und vervollständigt beide Hälften mit Sand und Gelatine, wachsen sie wieder zu kompletten Ziegeln zusammen. Aus einem Stein konnten die Forscher so acht weitere Steine produzieren. Auch nach 30 Tagen und drei Generationen waren noch 9 bis 14 Prozent der Bakterien lebendig. Dazu brauchen sie allerdings eine gewisse Feuchtigkeit. Das Forscherteam will nun Bakterien entwickeln, die auch in trockenen Gegenden zurechtkommen.

GREGOR HONSEL

ERNÄHRUNG

Pilotanlage für Fleisch aus Tierzellen

Mit einer Pilotanlage will das US-Start-up Memphis Meats nun den nächsten Schritt in Angriff nehmen, sein Laborfleisch auf den Markt zu bringen. Die Produktionsanlage soll mit Investitionen unter anderem von Bill Gates und Richard Branson realisiert werden. Die letzte Investitionsrunde habe nach Angaben der Firma 161 Millionen frische Dollar eingebracht. Baubeginn soll in den nächsten 18 bis 24 Monaten sein. Daneben wolle Memphis Meats seine Produkte erweitern.

So echt kann falsches Fleisch aussehen.

Foto: Memphis Meats

Das Start-up erzeugt Hackbällchen, Enten- und Hühnerfleisch aus tierischen Zellen. Sie stammen aus Biopsien von Tieren und werden in Petrischalen kultiviert. Konkurrenten wie Beyond Meat und Impossible Foods, die sich ebenfalls auf Fleischersatz spezialisiert haben, entwickeln ihr Produkt dagegen aus pflanzlichen Zellen.

Memphis Meats kämpft aber weiterhin mit den Produktionskosten. Laut Angaben aus 2018 schlage ein Pfund Tierzellen-Fleisch mit 2400 Dollar zu Buche. Vor allem die Nährlösung, in der die Zellen wachsen, ist teuer. Die Kosten sollen mithilfe der Investitionen und der Pilotanlage weiter fallen.

Jennifer Lepies

ENERGIE

Neues vom Lithium-Schwefel-Akku

Forschern der Monash University in Melbourne ist ein Durchbruch bei der Entwicklung von Lithium-Schwefel-Akkus gelungen.

Der von den australischen Wissenschaftlern erdachte und am Fraunhofer-Institut für Material- und Strahltechnik (IMS) in Dresden gefertigte Prototyp erreicht eine mehr als viermal so hohe Kapazität wie herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus.

Doch der Lithium-Schwefel-Akku hat nicht nur eine größere Kapazität, er ist auch umweltfreundlicher und günstiger in der Herstellung. Denn der neue Stromspeicher kommt ganz ohne die seltenen Metalle Kobalt und Mangan aus. Schwefel fällt dagegen als Abfallprodukt in der Mineralölindustrie an und ist deshalb günstig und in großen Mengen verfügbar.

Bisher kommt der Prototyp erst auf rund 200 Lade- und Entladezyklen. Doch wenn es gelingt die Zyklenzahl zu steigern, rücken Elektroautos mit tausend Kilometer Reichweite tatsächlich in greifbare Nähe.

KARSTEN SCHÄFER

TECHNIK

Greifen mit Ultraschall

Ganz ohne direkten Kontakt funktioniert eine völlig neue Greifervariante, die Forscher an der Technischen Hochschule in Zürich entwickeln: Mit sogenannter akustischer Levitation halten sie kleine Objekte nur mit Ultraschallwellen in der Schwebe.

Der Ultraschallgreifer hält kleine Dinge wie Schraubmuttern kontaktlos in der Schwebe.

Foto: Stefan Weiss/ ETH Zürich

Der Prototyp besteht aus einer offenen Kugel, so groß wie eine Pampelmuse. Im Inneren senden 72 Ultraschallquellen für den Menschen unhörbare Schallwellen mit einer Frequenz von 40 Kilohertz. Softwaregesteuert erzeugt der Greifer Druckknoten im Inneren der Kugel. Darin wird der Schalldruck so groß, dass er kleine Objekte in der Schwebe halten kann.

Innerhalb eines Jahres soll der Greifer einsatzfähig sein. Bis dahin muss die Steuerung noch optimiert werden, damit die Objekte kontrolliert durch den Raum bewegt werden können. Das Einsatzgebiet könnte die Halbleiter- und Uhrenindustrie sein, wo kleinste Teile sicher und vor allem völlig sauber gehandhabt werden müssen.

JAN OLIVER LÖFKEN

LANDWIRTSCHAFT

Phosphat-Dünger aus Klärschlamm

Die natürlichen Phosphat-Vorkommen reichen noch für mehr als 300 Jahre. Trotzdem lohnt die Rückgewinnung, denn sie senkt den Transportaufwand und die Abhängigkeit von Förderländern. Ein sauberes und relativ preiswertes Verfahren, Phosphor aus Klärschlamm zu recyceln, entwickelten nun die Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie sowie die Firma Fritzmeier Umwelttechnik.

Recycling-Phosphat aus Klärschlamm.

Foto: Fraunhofer IWKS

Zuerst wird dabei getrockneter Klärschlamm verbrannt. Zu einer Suspension der dabei entstandenen Asche fügen die Forscher zwei Bakterienarten – Acidithiobacillus ferrooxidans und Actinobacteria – hinzu. Die erste bildet Schwefelsäure und setzt damit die Phosphate frei. Die zweite reichert die Phosphate so an, dass sie abgefiltert werden können. Gut die Hälfte der so gewonnenen wasserlöslichen Phosphate können Pflanzen beim Wachstum verwerten.

Bisher funktioniert das patentierte Verfahren nur im 100-Liter-Maßstab. Laut den Entwicklern lässt es sich aber leicht auf mehrere Kubikmeter skalieren. Derzeit suchen sie nach Investoren für großtechnische Anlagen. Mit etwa zwei Euro pro Kilogramm kostet ihr Verfahren weniger als bisherige nasschemische Recyclingprozesse, aber noch knapp dreimal so viel wie Phosphate aus natürlichen Lagerstätten.

JAN OLIVER LÖFKEN