MIT Technology Review 3/2020
S. 98
Karriere
Ausbildung
Thomas Liebich (l.) analysiert die Konzentrationen der Gerüche, die Probanden über Riechmasken wahrnehmen. Foto: Henning Scheffen/TÜV NORD

Was macht eigentlich ein Geruchstester?

Er schnüffelt im Dienst der Ordnungsbehörden und stellt fest, wie häufig Fabrik- und Deponieanwohner durch Emissionen belästigt werden.

Thomas Liebich schnüffelt an Orten, an denen andere die Nase rümpfen: Klärwerke, Chemie- und Lackfabriken oder Tierkörperverwertungsanlagen.

Der 57-Jährige ist von Beruf Sachverständiger für Geruchsemissionen und -immissionen. „So wie ein Statiker Gutachten über die Statik von Gebäuden erstellt, so erstellen wir Gutachten über den Grad einer Geruchsbelästigung“, sagt der Experte beim TÜV Nord.

Solche Gutachten dienen Kontrollzwecken, können aber auch projektbezogen für Standortgutachten von Fabriken, Entsorgungsanlagen oder Restaurants erstellt werden. Denn beim Genehmigungsverfahren verlangt der Gesetzgeber eine Prüfung, ob die Anlage die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes erfüllt.

Auf seine eigene Nase verlässt sich Liebich dabei allerdings nicht. Laufende Betriebe kontrolliert er mit der sogenannten Olfaktometrie. Liebich nutzt dabei ein Unterdrucksauggerät, um die Gerüche einzutüten, etwa die Abgase aus einem Kamin. Den Gestank in Tüten transportiert er in sein Labor in Hannover.

Dort leitet er die Probe in Olfaktometer. Diese Geräte verdünnen die Probe mit neutraler Luft. Vor den Apparaturen sitzen Studenten, die für rund zehn Euro die Stunde an der verdünnten Abluft schnuppern.

Den Riechmasken der Probanden wird nach und nach immer mehr der belasteten Luft beigemischt, bis sie den Geruch wahrnehmen können. In diesem Moment drücken sie auf eine Taste. Nach drei Durchgängen steht dann der Schwellenwert fest, an dem 50 Prozent der Probanden den Geruch wahrnehmen konnten. Über den Verdünnungsgrad der Probe wird deren Geruchskonzentration in Form von Geruchseinheiten (GE) pro Kubikmeter errechnet. Anschließend dienen Ausbreitungsrechnungen unter Berücksichtigung des lokalen Wetters dazu, festzustellen, „wie häufig es irgendwo ­unangenehm riecht“, sagt Liebich.

Für Gutachten ist dann noch juristisches Wissen gefragt. Sachverständige ­Geruchstester müssen also auch Richtlinien, Vorschriften und Gesetze parat haben.

Eine klassische Ausbildung zum Geruchstester gibt es nicht. Die meisten Anwärter sind Ingenieure wie Liebich, der Maschinenbau studiert hat. Mit internen Weiterbildungen und durch Learning by Doing hat er sich zum Geruchs­experten spezialisiert. Joseph Scheppach