MIT Technology Review 8/2020
S. 50
Horizonte
IT
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Riskanter Schnitt

Der Handelskrieg zwischen den USA und China weitet sich aus. Die internationale Verflechtung der Halbleiterproduktion zeigt, wie schwer es wird, den Kampf zu gewinnen.

Von Boris Hänßler

Der Kalte Krieg war überschaubar. Ost gegen West, Demo­kratie gegen „real existierenden Sozialismus“, Kapitalismus gegen Planwirtschaft. Die Zeiten sind vorbei. Der neue Handelskonflikt zwischen den USA und China ist komplizierter. Besonders deutlich zeigt sich das in den Wertschöpfungsketten der Halbleiterproduktion – die Grundlage jener CPUs und Mikrocontroller, die das moderne Leben antreiben. Denn als Covid-19 die Lieferkette in Asien kurzzeitig unterbrach, offenbarte sich plötzlich, in welchem Ausmaß die Halbleiterindustrie sich in asiatische Länder wie China, Südkorea, Japan und Taiwan verlagert hat. Für US-Präsident ­Donald Trump ist die Lösung zwar ganz einfach: „Diese dummen Lieferketten, die über die ganze Welt verteilt sind“, schimpfte er in einem Interview mit Fox Business Network. „Geht ein kleines Stückchen davon kaputt, ist die ganze Sache im ­Eimer. Wir sollten alles in den USA haben.“ Aber kann das wirklich funktionieren?

2018 begann die Regierung Trump, Strafzölle und ­andere Handelsbarrieren gegen China einzuführen. Die offizielle Begründung lautete, China müsse seine unfaire Handelspraxis ändern – unter anderem den Diebstahl von geistigem Eigentum und technologischem Fachwissen. Diese Vorwürfe sind nicht unbegründet. Das FBI untersucht knapp 1000 Fälle, in denen China geistiges Eigentum stahl – quer durch alle Branchen. Ein Beispiel ist der Diebstahl von Quellcode zur Steuerung von Windturbinen. Die chinesische Firma Sinovel musste dafür eine Strafe an die US-Firma ASMC zahlen. Aber der Hauptgrund für Trumps Handeln könnte sein, Chinas Vorpreschen bei der 5G-Technologie auszubremsen, um die industrielle Produk­tion in den USA auszubauen und Jobs zu schaffen.