MIT Technology Review 8/2020
S. 66
Fokus
Irrtümer

Schnelle Brüter oder wie man aus machtstrategischen Gründen immer wieder dieselben Fehler macht

Von Martin Kölling

An der Küste von Tsuruga wird ein Pfeiler des japanischen Traums vom nuklearen Brennstoffkreislauf abgetragen, der schnelle Brutreaktor Monju. Ende 2016 hat die ­Regierung den Rückbau des Prototyps beschlossen, mit dem Asiens älteste Industrienation beweisen wollte, was den Atommächten nicht gelang: Der einst als „Traumreaktor“ titulierte Meiler sollte nicht nur zuverlässig Strom ins Netz speisen, sondern dabei auch dauerhaft mehr spaltbares Material erzeugen, als er selbst verbrauchte. Doch nur drei Monate nach dem Start im Oktober 1995 begann der Hoffnungsträger zum Symbol ­einer gescheiterten Idee zu werden, mit der die Atomlobby seit den 1950er-Jahren eigentlich die Lösung aller Energieprobleme versprochen hatte.

Monju war fehleranfällig. Am 8. Dezember 1995 traten mehr als 600 Tonnen flüssiges Natrium, das als Kühlmittel eingesetzt wurde, durch ein Leck aus und gerieten beim Kontakt mit Luft in Brand. 2010 wurde der Neustart wegen Defekten und Unfällen zweimal abgebrochen. Den Todesstoß versetzten dann die verschärften Sicherheitsrichtlinien, die Japans Atomaufsicht nach der Atomkatastrophe von 2011 in Fukushima 1 erließ. Die konnte Monju nicht mehr erfüllen.