Ein kleines Molekül repariert das Gehirn
Auf dem synthetischen Stoff ISRIB ruht derzeit die Hoffnung der Hirnforschung. Bei Mäusen regeneriert er verletzte und demente Gehirne, verbessert ihr Erinnerungsvermögen und verjüngt sie. Ob ISRIB oder verwandte Verbindungen das auch beim Menschen leisten können, sollen jetzt klinische Studien zeigen.
Carmela Sidrauski war nicht auf der Suche nach einem Wundermittel. Sie testete nur Tausende von Molekülen in einem halbautomatischen Hochdurchsatzverfahren im Labor von Peter Walter an der University of California, San Francisco. Eine der Substanzen, die der Automat aussortiert hatte, machte sie neugierig. Sie verschob die Probe in die Gruppe, die sie weiter untersuchen wollte.
Das war im Jahr 2010; heute klingt die Liste der möglichen therapeutischen Anwendungen für dieses Molekül fast zu schön, um wahr zu sein: Das Molekül hat Mäusen Monate nach traumatischen Hirnverletzungen das Gedächtnis zurückgegeben, und es zeigt Potenzial bei der Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und amyotropher Lateralsklerose, kurz ALS. Es scheint sogar altersbedingten kognitiven Abbau zu bremsen und hat gesunden Mäusen ein fast fotografisches Gedächtnis verliehen.