MIT Technology Review 8/2021
S. 36
Fokus
Gehirnforschung
Diese Querschnitte eines menschlichen Gehirns wurden für den Unterricht verwendet.
Foto: Adam Voorhes & Robin Finlay

Missgebildet

Die University of Texas besitzt eine der weltweit größten Sammlungen von missgebildeten menschlichen Gehirnen. Rund 100 Gefäße enthalten Gehirne und Präparate in Formaldehyd, die einst Patienten des Austin State Hospital, einer psychiatrischen Einrichtung, gehörten. Coleman de Chenar, der Pathologe des Krankenhauses, sammelte sie seit den 1950er-Jahren über drei Jahrzehnte hinweg. Die Sammlung war jahrzehntelang in Vergessenheit geraten, bis der Fotograf Adam Voorhes sie 2011 wiederentdeckte. Gemeinsam mit Alex Hannaford veröffentlichte er ein Buch über diese außergewöhnliche Sammlung, die Suche nach verschwundenen Gehirnen und eine universitäre Schlacht um die wertvollen Präparate („Malformed: Forgotten Brains of the Texas State Mental Hospital“).

Von Robin Finlay, Übersetzung: Dr. Jo Schilling
Tim Schaller, der 2018 verstorbene Kurator der Sammlung, war der Überzeugung, dass die Sammlung mehr kann, als nur ein Anschauungsobjekt für die Lehre zu sein – etwa Forschenden helfen, die Ursachen psychologischer und neurologischer Störungen besser zu verstehen.
Foto: Adam Voorhes & Robin Finlay
Eines der Gläser – mit „Down-Syndrom“ beschriftet – scheint mehrere Gehirne und möglicherweise andere innere Organe zu enthalten. Es fehlen an mehreren Gläsern die Beschriftungen und auch über die Menschen, denen die Gehirne einmal gehörten, ist nur wenig bekannt.
Foto: Adam Voorhes & Robin Finlay
Einige Abnormalitäten sind offensichtlich, wie die Lissenzephalie, eine Störung der Gehirnentwicklung, bei der das Gehirn eine glatte Oberfläche statt der gewundenen Hügel und Täler hat. Lissenzephalie führt früh zum Tod. Viele der Gehirne wirken oberflächlich normal, aber eine Sektion – oder MRT-Scans – zeigen Schwellungen und Blutungen im Inneren.
Foto: Adam Voorhes & Robin Finlay
Foto: Adam Voorhes & Robin Finlay
Die Sammlung wurde inzwischen mit Magnetresonanztomographen gescannt. Schaller hoffte, auch DNA-Proben aus den Gehirnen entnehmen und sequenzieren zu können. Auch wenn keine Patientenakten mehr existieren, könnten sie zumindest Korrelationen zwischen den körperlichen und genetischen Anomalien aufdecken.
Fotos: Adam Voorhes & Robin Finlay