MIT Technology Review 5/2024
S. 3
Editorial
, Foto: Ricardo Wiesinger
Foto: Ricardo Wiesinger

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist es wohl eines der am weitesten verbreiteten Science-Fiction-Szenarios: Intelligente Roboter unterstützen Menschen im Alltag. Dabei geht es nicht um Staubsauger- oder Mähroboter, sondern um flexible, mitdenkende Maschinen, die uns quasi als Butler den Alltag oder die Arbeit erleichtern. Lange Zeit schien diese Vision in weiter Ferne.

Wir vergessen gerne, wie kompliziert für einen Roboter einfachste Bewegungsabläufe sind, über die ein Mensch nicht einmal nachdenken muss: etwa ein Glas Wasser einschenken und abstellen. Allein der Blick in das Glas, zu entscheiden, wann es voll genug ist, es dann nicht zu fest zu greifen, vorsichtig zu transportieren, damit das Wasser nicht aus dem Glas spritzt, und weich auf dem Tisch abzustellen. Was wir intuitiv lernen, ist für einen Roboter eine Herausforderung.

Mit den Fortschritten auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz, insbesondere mit generativer KI, ist viel Bewegung in die Robotik gekommen. Forscherinnen und Forscher arbeiten an Robotern, die von ihrer Umgebung lernen und ihr Verhalten an neue, veränderte Bedingungen anpassen. Was vor allem fehlt, sind große Mengen qualitativ hochwertiger Daten, um die Modelle dahinter entsprechend zu trainieren (Seite 14).

Gleichzeitig wird die Technologie durch neue und günstigere Hardware leichter zugänglich. Unter dem Stichwort „Low Cost Automation“ arbeiten Hersteller daran, den Einstieg in die Automatisierung zu erleichtern – und zwar deutlich unter den bisher üblichen Preisen (Seite 26).

Fußball gilt dabei als eine Art Lackmustest: Gelingt es eines Tages Robotern, eine menschliche Mannschaft zu besiegen, können sie auch bald unsere Geschirrspülmaschinen ausräumen. Die komplexen Bewegungsabläufe eines Fußballspiels zu erlernen, das Spiel zu verstehen und zu gewinnen – das wäre ein Meilenstein und käme menschenähnlicher Intelligenz sehr nahe. Wie weit Roboter-Fußballmannschaften heute schon sind, haben wir uns beim RoboCup angeschaut (Seite 32).

Robotik im Operationssaal (Seite 50), im Haushalt (Seite 44) und auch als Spezialanfertigung in Fukushima, um unter schwierigsten Bedingungen zu arbeiten (Seite 54): Wir geben einen breiten Überblick über die aktuellen Entwicklungen. Auch wenn der Roboter als Freund und Helfer im Alltag noch weiter auf sich warten lässt, so scheint diese Vision doch nicht mehr ganz so fern.

Ihr

Luca Caracciolo

@papierjunge