MIT Technology Review 6/2024
S. 52
Report
Weltraum
Die Internationale Raumstation ist in die Jahre gekommen.
Die Internationale Raumstation ist in die Jahre gekommen.
Foto: NASA / Roscosmos

The Next Generation

Axiom Space und andere Firmen wollen als private Unternehmen den Weltraum erobern. Sie planen gemeinsam mit der NASA kommerziellen Ersatz für die ISS. Das soll der NASA den Weg in die fernen Welten ebnen.

David W. Brown (Übersetzung: Jo Schilling)

In Washington, D.C., war es am 23. Juni 1993 heiß und schwül, aber niemand schwitzte mehr als Daniel Goldin, der NASA-Administrator. Vor dem Plenarsaal des Repräsentantenhauses stehend, beobachtete er nervös, wie die Stimmen auf der elektronischen Zähltafel registriert wurden. Die Raumstation würde es nicht schaffen. Die Vereinigten Staaten hatten bis zu diesem Zeitpunkt mehr als elf Milliarden Dollar dafür ausgegeben und konnten zwar Tausende Kilos Papier vorweisen, aber nicht ein Kilo fliegende Hardware. Ob es jemals eine Raumstation geben würde, hing von dieser Abstimmung ab.

Politisch gesehen war die Raumstation ein Waisenkind: Vor neun Jahren von der Reagan-Regierung initiiert, baute George H. W. Bush sie als Kernstück einer möglichen Rückkehr zum Mond und einer Marsmission aus. Als Bill Clinton Präsident wurde, überredete Goldin ihn, an der Station festzuhalten und sie als post-sowjetische Wiederaufbaumaßnahme anzupreisen. Die Russen seien großartig im Bau von Stationen, was der NASA ein Vermögen für Forschung und Entwicklung sparen würde. Im Gegenzug würde die Finanzierung der NASA dafür sorgen, dass russische Raketenwissenschaftler:innen ihren Job behielten – womit die Wahrscheinlichkeit sank, dass sie für feindliche ausländische Mächte arbeiten würden. Dennoch war die Unzufriedenheit mit der NASA eine parteiübergreifende Angelegenheit: Alle schienen sich einig, dass die Behörde aufgebläht und verknöchert war.