MIT Technology Review 6/2024
S. 82
Report
Psychologie

Eine kurze Geschichte der Gehirnwäsche

Ob so etwas wie Gedankenmanipulation überhaupt funktioniert, ist bis heute unklar. Das hinderte Geheimdienste, Militärs und Politiker aber nicht daran, die Angst davor jahrzehntelang für ihre Zwecke zu nutzen.

Annalee Newitz (Übersetzung: Wolfgang Stieler)

Im März 1959 sagte der Journalist und Buchautor Edward Hunter vor einem Unterausschuss des US-Senats aus. Für Hunter ein wichtiger Termin in Sachen Eigenwerbung. Denn der Kriegsberichterstatter, der viel Zeit in Asien verbracht hatte, war 1951 kurzzeitig zu so etwas wie einem Medienstar aufgestiegen. In seinem Buch Gehirnwäsche in Rotchina hatte er der amerikanischen Öffentlichkeit ein neues Konzept vorgestellt: Ein angeblich wissenschaftliches System, mit dem man die Meinung von Menschen ändern und sie sogar dazu bringen kann, Dinge zu lieben, die sie zuvor gehasst haben.

Der Journalist und antikommunistische Aktivist Edward Hunter schockierte 1951 die amerikanische Öffentlichkeit mit seinem Buch über ein angeblich von der chinesischen Kommunistischen Partei entwickeltes System der Gedankenkontrolle., Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers
Der Journalist und antikommunistische Aktivist Edward Hunter schockierte 1951 die amerikanische Öffentlichkeit mit seinem Buch über ein angeblich von der chinesischen Kommunistischen Partei entwickeltes System der Gedankenkontrolle.
Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers

Doch Hunter war nicht nur ein Autor, der die Zustände in China dokumentierte. Er hatte auch eine politische Mission. Wie er den versammelten Senatoren erklärte, verstand er sich als antikommunistischer Aktivist, der als Propagandist für das OSS, das Office of Strategic Services, gearbeitet hatte – was zu dieser Zeit in den USA als normal und patriotisch galt. Als ein Senator nach Hunters Arbeit für die OSS fragte, prahlte der Agent damit, dass er der erste gewesen sei, der „die Technik der Bewusstseinsmanipulation“ auf dem chinesischen Festland „entdeckt“ habe, und „der erste, der den Namen dieser Technik in einer anderen als der chinesischen Sprache“ verwendet habe.