Die Alpenfestung der Reichen und Mächtigen

Direkt vor dem G 7-Gipfel findet in der Nähe die geheime Bilderberg-Konferenz statt

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Werden im kommenden Juni die bayerischen und Tiroler Berge zur Alpenfestung der Mächtigen und Reichen? Ja. Und der Steuerzahler darf es bezahlen. Wer wissen will, warum die deutsche Bundesregierung den G-7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch im Juni um drei Tage verschoben hat - was etliche Millionen Euro kostet -, kann Regierungssprecher Steffen Seibert glauben. Der hatte getwittert, der Wunsch sei von Gästen geäußert worden. Was Seiffert nicht sagte: Zum ursprünglichen Gipfeltermin findet im 35 Kilometer entfernten Telfs in Tirol allen Anschein nach die berühmt-berüchtigte Geheimkonferenz der Bilderberger statt. Jetzt passt es terminlich. Dumm nur für die Oberländer Trachtenvereinigung. Deren 110-jähriges Jubiläum in Mittenwald fiel beinahe ins Wasser. Derweil machen die Tiroler Piraten mobil.

Schloss Elmau. Bild: Hilpert/gemeinfrei

Ursprünglich sollte das Treffen der sieben Regierungschefs im bayerischen Schloss Elmau am Donnerstag, den 4. Juni 2015, beginnen, jetzt wurde es um drei Tage auf den Sonntag, 7. Juni, verschoben. Was logistisch einigen Aufwand mit sich bringt. Müssen doch die rund 10.000 Betten, die für die Sicherheitskräfte gebucht wurden, umgebucht oder verlängert werden. Und auch die 5.000 Journalisten, die zu dem Gipfel-Ereignis erwartet werden, müssen sich um neue Quartiere kümmern. Ob es so bei den rund 80 Millionen Euro bleibt, die der (damals noch G-8) Gipfel in Heiligendamm 2007 gekostet hat, bleibt fraglich. Seinerzeit waren 17.000 Polizisten im Einsatz.

Für die Oberländer Trachtler jedenfalls stellte die Verschiebung ein großes Problem dar. Wollten sich doch just am Sonntag, den 7. Juni an die 3.000 Mitglieder zum 110-jährigen Jubiläum des Mittenwalder Gautrachtenfestes in Mittenwald treffen. Wegen der zu erwarteten weitläufigen Straßensperren und Personenkontrollen kaum zu realisieren. Jetzt haben die Trachtler das Fest auf den 31. Mai vorverlegt. "Wir können uns aufregen oder nicht, das nützt uns nichts", sagt Josef Mayr, 1. Gauvorstand, "der Obama richtet sich nicht nach dem Gaufest." Was stimmt.

Warum denn die Trachtler nun ihr Fest verschieben müssen, beziehungsweise warum der G7-Gipfel verschoben wurde, das möchte auch Katharina Schulze, Landtagsabgeordnete der Grünen im bayerischen Landtag, von der Landesregierung in einer schriftlichen Anfrage wissen: "Warum wurde der Termin verschoben, wie wirkt sich das auf die bisherigen Planungen und Kosten aus und wer hat wann davon erfahren?", so die Fragen der Politikerin. Eine Antwort hat sie bisher noch nicht erhalten.

Da geht es ihr wie Irene Labner von der Tiroler Piratenpartei. Die wollte von der österreichischen Bundesregierung wissen, was es denn mit dem Treffen der Bilderberger in Tirol auf sich habe und was das koste: "Die Tiroler Tageszeitung spricht davon, daß uns 2015 der größte Polizeieinsatz in Tirol bevorsteht - das besorgt uns sehr, vor allem im Hinblick auf den Kostenrahmen. Die Einsatzkräfte werden ja durch Steuergeld bezahlt, daher würden wir im Sinne der Kostentransparenz darum bitten, daß man uns eine etwas konkretere Zahl als die in den Medien kolportierte ‚Millionenhöhe’ nennt." Auch Irene Labner hat bisher keine Antwort auf ihre Anfrage bekommen: "Das verwundert mich, denn die österreichischen Ministerien sind sonst immer sehr kooperativ in Sachen Bürgeranfragen."

Bei der Landespolizeidirektion Tirol hieß es zur geheimen Tagung, dass man "davon wisse", man aber noch nichts Genaues zu den sicherheitspolizeilichen Anforderungen sagen könne. Man werde sich jedenfalls im Vorfeld entsprechend vorbereiten. Der polizeiliche Aufwand werde auch davon abhängen, ob Demonstrationen angemeldet werden, erklärte ein Polizeisprecher gegenüber der Pressagentur APA.

Die Tiroler Piraten wollen auf jeden Fall ihren Protest äußern. "Die Intransparenz der Bilderberggruppe und die hohen Kosten für den Steuerzahler empfinden wir als inakzeptabel - wir Bürger erhalten ja nicht einmal im Anschluss an das Bilderbergtreffen Informationen über die Inhalte und Ergebnisse der Gespräche", so die Tiroler Piratin. Derzeit ist die Partei dabei, eine überparteiliche Protestaktion zu initiieren, gemeinsam mit parteilosen Kritikern, NGOs, sowie anderen Aktivisten, einige kreative Protestaktionen seien in Planung. Ein Ziel der Aktionen benennt Irene Labner:

Wir versuchen die Bilderbergkritik aus der Verschwörerecke herauszuholen. Viele Menschen betrachten die Bilderbergtagungen als sehr zweifelhaftes Vergnügen von Eliten - leider trauen sie oft nicht ihren Protest offen auszusprechen, da sie befürchten in die Schublade der "Verschwörungstheoretiker" gesteckt zu werden.

Die geheime Bilderberg-Konferenzen findet alljährlich im Frühsommer an wechselnden Orten statt. Der Name geht zurück auf das erste Treffen 1954 im Hotel Bilderberg im holländischen Oosterbeck, auf der hohe Herren über die Nato und den Warschauer Pakt diskutierten. Die Bilderberg-Konferenz dauert drei Tage und ist ein privates Treffen von rund 120 Reichen und Einflussreichen aus den USA und Europa zu einem ungezwungenen Meinungsaustausch. Wer eingeladen wird, darüber entscheidet ein Leitungsgremium.

Worüber die Mächtigen auf dieser Konferenz sprechen, ist nicht für die Öffentlichkeit gedacht. In Telfs fand bereits 1988 eine Bilderbergkonferenz statt, vom 3. bis 5. Juni. Auch heuer sind um diese Zeit die Zimmer im noblen Interalpenhotel Tyrol, das ähnlich abgeschieden wie Schloss Elmau in den Bergen liegt, ausgebucht.