Irakische Regierung fordert Rückzug türkischer Soldaten

Die Türkei schickt Truppen mit Panzern in den Nordirak, angeblich um Peshmerga und irakische Truppen für die Rückeroberung Mosuls auszubilden

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150 türkische Soldaten, manche Quellen berichten von mehreren Hundert, sind am vergangenen Freitag mit schwerem Gerät, die Angaben variieren zwischen 20 und 25 Panzern, in den Nordirak einmarschiert. Eine "Routineangelegenheit" rechtfertigt man in Ankara die Grenzverletzung.

Offiziell wird die Aktion von der Regierung in Ankara als Ablösung von Soldaten dargestellt, die in einem Militärcamp bei Ba’ashiqa (Baschik), 15 Kilometer von Mosul entfernt, Peshmergakämpfer und sunnitische irakische Soldaten (laut kurdischen Quellen handelt es sich um eine Einheit namens Hashd al-Wataniya) ausbilden. Ziel der Ausbildung sei die Rückeroberung Mosuls aus den Händen des IS. Die Panzer seien dazu da, die türkischen Ausbilder zu schützen, erklärte der türkische Verteidigungsminister.

Die Militärbasis bei Ba'ashiqa. Screenshot eines Rudaw-Videos zum Ausbildungslager

Die Regierung in Bagdad reagierte scharf auf die Truppenentsendung. Sie stellte der Türkei am Sonntag ein Ultimatum von 48 Stunden. Innerhalb dieser Zeit müssten die türkischen Truppen aus dem Nordirak abgezogen werden. Andernfalls wende man sich an den UN-Sicherheitsrat, kündigte Premierminister Haider al-Abadi an. Der Anführer der schiitischen Badr Miliz, Hadi al-Ameri, drohte der Türkei mit militärischen Aktionen, falls die Türkei die Entsendung von Truppen in den Nordirak fortsetze.

Der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu versprach daraufhin einem Brief an seinen irakischen Kollegen Haider al-Abadi, dass es keine Entsendung von Streitkräften nach Ba‘ashiqah geben werde, bevor die Empfindlichkeiten des Iraks angesprochen und geklärt seien.

Was mit den Truppen und dem Gerät passiert, die bereits im Militärcamp bei Ba’ashiqah angekommen sind, darüber gab Davutoglu keine Auskunft.

Die Angelegenheit hat ein paar weitere ungeklärte Hintergründe. Das fängt damit an, dass die türkische Regierung erklärt, dass die Verstärkung in Absprache mit den USA geschah, die Details sollen bei einem Treffen Anfang November mit Brett McGurk, dem von Obama eingesetzten Koordinator des Anti-IS-Kampfes abgesprochen worden sein. Der erklärte:

The U.S. does not support military deployments inside Iraq absent the consent of the Iraqi government.

Nach einem Hürryjet-Bericht liegt die in der Sache engste Verbindung in der Zusammenarbeit zwischen der Regierung der autonomen Republik Kurdistan im Irak, dem KRG, und der türkischen Regierung. Die Verstärkung der "türkischen Ausbilder" habe eine PKK-Dimension, so die türkische Zeitung.

Mit einer permanenten Präsenz im Nordirak kann die Türkei vor Ort ihre Interessen, die sich gegen eine Präsenz der PKK und deren Aktivitäten richtet besser wahrnehmen. Dass die Türkei dabei eng mit der Regierung Barzani zusammenarbeitet, ist nicht neu. Pikant ist, dass die Regierung Barzani längst nicht mehr legitimiert ist, Barzanis Amtszeit ist abgelaufen. Die Türkei unterstützt ihn.

Barzanis Regierung habe große Schulden, kommentiert das kritische US-Magazin Moon of Alabama. Von einem bloßen Ausbildungscamp könne man in Ba’ashiqah angesichts der Panzer nicht reden. Außerdm gäbe es eine längere Vorgeschichte zu den Ausbildungscamps. Erdogan gehe es um ein anderes Fernziel: Mit der Rückeroberung von Mosul wolle er sich Kontrolle über den Ölhandel verschaffen, in Zusammenarbeit mit Barzani, spekuliert die Publikation.