Vom Werden des Universums

Gleich drei neue Forschungsarbeiten berichten davon, wie das Weltall in unterschiedlichen Größenordnungen sein heutiges Aussehen erreicht hat

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Dass das Universum voller Sterne steckt, zeigt ein simpler Blick in den Nachthimmel. Dass es sich dabei nicht um bloße Löcher im Firmament handelt, gilt erst seit - historisch gesehen - kurzer Zeit als ausgemacht. Noch frischer ist das Wissen, wie sich ein Stern tatsächlich bildet. Die bekannte Vorstellung, dass eine Sonne durch Zusammenballung einer Gaswolke unter dem Einfluss der Gravitation entsteht, ist nämlich nur die halbe Wahrheit.

Geburt eines Sterns

Tatsächlich braucht das Weltall zur Sternengeburt kompliziertere Mechanismen. Der Anfang scheint dabei noch klar: In einer kalten interstellaren Gaswolke mit Teilchendichten von etwa 300 pro Kubikzentimeter erzeugen Störungen von außerhalb (etwa durch Supernovae in der Nähe) räumliche Ungleichmäßigkeiten. Kondensationskerne also, die allmählich Material aus der Umgebung anziehen und sich so mit der Zeit auf etwa 10.000 Teilchen pro Kubikzentimeter verdichten. Das entspricht noch immer einem Ultrahochvakuum - die Teilchendichte in der Atmosphäre liegt bei 1019 pro Kubikzentimeter.

Illustration eines Protosterns. Bild: NASA/JPL-Caltech/R. Hurt

In der Regel sind diese frühen Kerne schon einigermaßen stabil - dafür sorgen interne Turbulenzen. Mit der Zeit vergrößert sich ihre Dichte aber durch Reibungs- und Magnetkräfte weiter, bis irgendwann Temperatur und Dichte so weit steigen, dass das Gas ionisiert wird. Eine heiße Wolke entsteht, in deren Zentrum irgendwann eine Struktur auszumachen sein wird, die man als Protostern bezeichnen könnte.

Beim weiteren Wachstumsprozess erhöht sich allerdings der Drehimpuls der Wolke so weit, dass die Rotation einem weiteren Wachstum im Wege steht. Nur durch die Bildung so genannter protostellarer Jets lässt sich dieser Drehimpuls abbauen - eine unabdingbare Voraussetzung, damit aus dem Protostern ein echter Stern werden kann, in dem die Kernfusion zündet.

So weit die Theorie. Ihr Nachweis ist insofern schwierig, als vor allem die erste Phase meist weniger als 10.000 Jahre dauert, während der Babystern noch gar nicht selbst leuchtet. Im Wissenschaftsmagazin Nature zeigen Astronomen nun, dass es sich bei dem Objekt L1527 IRS um einen Stern in solch einer frühen Phase handelt.

L1527 IRS. Bild: NASA/JPL-Caltech

L1527 IRS liegt etwa 140 Parsec von uns entfernt und ist rund 0,2 Sonnenmassen schwer. Die Gasscheibe um den Protostern herum ist etwa fünf Mal so schwer. Das deutet darauf hin, dass das System den bisher jüngsten entdeckten Protostern beherbergen könnte - bei allen früheren Beobachtungen war der Kern mindestens doppelt so schwer wie seine Gasscheibe. Diese hat einen Durchmesser von 180 Astronomischen Einheiten. Das ist ungefähr die Strecke von der Sonne zur Heliopause (an der die interstellare Materie beginnt).

Ein Sternsystem entsteht

Hat der Einfluss von außen zur Bildung mehrerer solcher Protosterne geführt, kann auch ein Binärsystem daraus entstehen. Die beiden Kernwolken beeinflussen sich dabei gegenseitig über ihre Masse. Allerdings gibt es auch Doppelsterne, die in zu großer Entfernung zueinander stehen, als dass sie auf diese Weise geboren worden sein könnten. Dieses Rätsel könnte eine Simulation erklären, die Nature ebenfalls veröffentlicht hat.

Darin zeigt sich, dass solche Binärsysteme wohl als Drilling auf die Welt gekommen sein könnten. Der Lebenszyklus eines Dreiersystems führt offenbar regelmäßig dazu, dass zwei der Sterne ihre Entfernung gegenseitig immer weiter verringern, während sie den Dritten im Bunde ins Abseits drängen. Durch das Fernrohr betrachtet, sieht das Dreiersystem dann wie ein nur lose verknüpfter Doppelstern aus.

Die ersten Galaxien

Auch von den allerersten Galaxien hat Nature in dieser Woche Neuigkeiten zu vermelden. Astronomen ist nämlich gelungen, das Spektrum einer sehr weit entfernten Galaxis, eines Quasars, aufzuzeichnen. Als dieses Objekt das nun analysierte Licht ausstrahlte, war das Universum gerade einmal 772 Millionen Jahre alt.

Was diese Beobachtung so interessant macht: Sie bestätigt, was Kosmologen über den Werdegang des Weltalls vermuteten. Die Forscher fanden jede Menge Wasserstoff, konnten aber keine Elemente schwerer als Helium nachweisen. Die Nachweisgrenze lag dabei bei einem Zehntausendstel des Gehalts unserer Sonne an schweren Elementen.

Die gemessenen Daten deuten darauf hin, dass die Materie im Universum zu diesem Zeitpunkt weitgehend in neutraler Form vorlag. Zudem bestätigt der Blick in die Frühzeit des Universums, dass alle Voraussetzungen zur Bildung der zwar vorhergesagten, aber bisher nicht nachgewiesenen Population-III-Sternriesen vorgelegen haben müssten. Erst diese, vermutlich mehrere Hundert Sonnenmassen schweren Giganten waren womöglich für die Reionisierung des Weltalls verantwortlich. Ein langes Leben war ihnen wohl nicht beschieden, möglicherweise gingen sie in gigantischen Supernova-Explosionen unter.