Weiß doch jeder, dass die verfassungsfeindlich sind

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann denkt über die finanzielle Austrocknung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands nach. Wer daran Kritik übt, hat wohl nichts verstanden.

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Bevor es zu Missverständnissen bezüglich dieses Artikels kommt, weise ich auf das Vorwort der Artikelserie "Das Ende des Internet" hin, insbesondere auf die Stilfrage und die Reaktionen.

Und mal wieder gilt der Spruch: "Es könnte so einfach sein". Da es bisher nicht gelungen ist, der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) auf demokratischem Wege Einhalt zu gebieten, bietet es sich an, der Partei die Gelder zu entziehen, die ihr zustehen. Moment! Zustehen? Wie kann es einer solchen Partei denn zustehen, Gelder zu erhalten?

Möglich macht dies die Parteienfinanzierung, welche im Parteiengesetz geregelt ist.

§ 18 Grundsätze und Umfang der staatlichen Finanzierung (1) Die Parteien erhalten Mittel als Teilfinanzierung der allgemein ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeit. Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Mittel bilden der Erfolg, den eine Partei bei den Wählern bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen erzielt, die Summe ihrer Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge sowie der Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden. [...]

Das heißt, die NPD erhält Gelder aus öffentlichen Töpfen. Wie jede andere Partei. Diese Tatsache ergibt sich daraus, dass es bei dem letzten Verfahren gegen die Partei nicht zu einem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht kam. In den Anträgen zum Verbot der NPD hieß es unter anderem:

Die Antragsgegnerin sei in ihrem Gesamtbild nationalsozialistisch, antisemitisch, rassistisch sowie antidemokratisch geprägt und operativ ausgerichtet. Zentrale Begriffe ihres Kampfes seien das "System", das sie als "Fremdherrschaft" der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs begreife und gegen das sie im "nationalen Widerstand" stehe, um die "Volksgemeinschaft" wieder herzustellen. Sie versuche, ihre menschenwürde- und grundrechtsfeindlichen Ziele in aggressiv-kämpferischer Weise zu verwirklichen und anstelle der parlamentarischen Demokratie und des Mehrparteiensystems eine "Volksherrschaft" der "nationalen Eliten" - erforderlichenfalls auch durch einen Umsturz - zu errichten. Die Mitglieder und Anhänger der Antragsgegnerin scheuten vor der Anwendung von Gewalt nicht zurück und drohten ihren Gegnern für den Fall der Machtübernahme mit einer "Abrechnung".

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aber urteilte nicht über die Verfassungstreue der Partei, vielmehr sah es in den V-Männern das grundlegende Problem. Die NPD wurde vom BVerfG also weder als verfassungswidrig noch als verfassungstreu eingestuft. Ein bedauerliches Versäumnis, denn dass die NPD sich nicht durch Verfassungstreue auszeichnet, dürfte jedem intelligenten Menschen klar sein. Das Ergebnis des fragwürdigen Urteils lautet somit: eine Partei darf weiterhin von den staatlichen Parteifinanzierungstöpfen naschen, ohne dass sie ihre Verfassungstreue unter Beweis gestellt hat. Noch schlimmer ist, dass, obgleich die Verfassungswidrigkeit außer Frage steht, die Partei weiterhin von staatlicher Seite (eben jener Staat, der durch sie in Gefahr gerät) finanziert wird.

Für solche Fälle gibt es derzeit kein nachlesbares Prozedere. Bisher heißt es lapidar, dass eine Partei entweder verfassungswidrig ist oder nicht. Dieses Schwarzweißdenken macht es natürlich jedem Kritiker des Vorschlags des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann leicht. Dieser nämlich regt an, dass, sollte es nicht gelingen, die NPD zu verbieten, doch zumindest die Parteienfinanzierung in diesem Fall durch eine Gesetzesänderung unmöglich werden müsse. Das Parteiengesetz, oder auch das Grundgesetz, so Uwe Schünemann, müsse man hier ändern.

Der Vorschlag Uwe Schünemanns wurde von Andreas Voßkuhle, Vizepräsident des BVerfG, negativ bewertet. Es ist selbstredend, dass sich gerade solche "Publikationen" wie Endstation Rechts kritisch bzw. neutral zu Voßkuhles Meinung äußern. Voßkuhle, dies sei einmal angemerkt, lässt hier außen vor, dass es sich um eine bisher einmalige Situation handelt. Noch nie gab es, seit Verabschiedung des Grundgesetzes, eine so offensichtlich grundgesetzwidrige Partei wie die NPD. Und auch wenn - nicht zuletzt durch eine verfehlte Verfassungsschutzpolitik - die Verfassungswidrigkeit nicht von offizieller Seite aus festgestellt wurde, so dürfte doch jedem vernunftbegabten Wesen klar sein, dass die Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit oder auch die Parteienfinanzierung nicht für Parteien gelten dürfen, die sich offensichtlich gegen die Ordnung aussprechen, die ihnen momentan ihre Existenzen gewährt.

Kritiker, welchen entweder eine Nähe zum Rechtsradikalismus oder aber Naivität unterstellt werden muss, angesichts der vielen Toten durch Neonazis, wenden ein, hier ginge es um Prinzipien. Sie bemerken nicht, dass die NPD ein Einzelfall ist und durch eine Austrocknung der finanziellen Unterstützung dieser einen Partei nicht die Gefahr besteht, dass sich eine solche Austrocknungsmöglichkeit auf andere Parteien auswirkt, die nicht genehm sind. Eine solche Gefahr besteht schon dadurch nicht, dass hier der gesunde Menschenverstand regiert.