Ausprobiert: 3D-Drucker TronXY XY-2 PRO – Schnäppchen oder Schnappfalle?

Bei den aktuellen Preisen des XY-2 PRO bekommen Sie viel 3D-Drucker fürs Geld. Aber lohnt sich die Investition in so eine nicht mehr ganz taufrische Maschine?

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(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Dirk Herrendoerfer
Inhaltsverzeichnis

Vorneweg: Der TronXY XY-2 PRO ist kein neuer 3D-Drucker, er kam gegen Ende 2019 auf den Markt und kostete damals so um die 400 Euro. Bei diesem recht hohen Preis blieb es jedoch nicht lange und so konnte sich der günstiger werdende 3D-Drucker über die Zeit hinweg eine treue Fangemeinde aufbauen, denn er war alles andere als schlecht und er stellte sich als durchaus erweiterbar und servicefreundlich heraus.

3D-Druck

Der Sammelbegriff 3D-Druck steht heute für ein ganzes Bündel von Fertigungstechniken, die nach unterschiedlichen Prinzipien funktionieren und sich jeweils nur für ganz bestimmte Materialien eignen. Ihr gemeinsamer Nenner: Alle Verfahren bauen dreidimensionale Objekte, indem sie Material in dünnen Schichten auftragen und verfestigen.

Der TronXY XY-2 PRO in der Übersicht, das Display kann man wahlweise auch auf der anderen Seite anbringen.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Zurzeit gibt es immer wieder Angebote bei Amazon und eBay, bei denen Sie genau diesen 3D-Drucker für weniger als 130 Euro bekommen – und so haben wir bei einem 119-Euro-Angebot von eBay mit Lieferung direkt aus Deutschland zugegriffen, um noch mal einen genauen Blick auf die Maschine zu werfen und um zu prüfen, ob sich das Angebot lohnt oder nicht.

Die Marke TronXY ist kein Neuling auf dem Markt und ist auch nicht dafür bekannt, einfach nur die Muster und Ideen der anderen Anbieter blind zu kopieren. Vor ziemlich genau drei Jahren brachte TronXY den X1 heraus, einen sehr ungewöhnlichen kleinen 3D-Drucker mit einem kranähnlichen Aufbau, den wir auch für Make getestet haben, der – so ungewöhnlich er auch war – recht gute Druckergebnisse ablieferte und der auch heute noch in vielen Schulen und Makerlabs zu finden ist. Ein halbes Jahr später lieferte TronXY den X5S aus, einen riesigen CoreXY-3D-Drucker, den TronXY über die Jahre hinweg immer wieder mit Updates versehen hat. Auch dieser war ein hervorragender Drucker, gemessen an seinem Preis.

Der XY-2 PRO positioniert sich als Prusa-i3-Klon und konkurriert direkt mit dem Ender 3 PRO, dem LOTMAXX SC-10 und all den anderen, die sich in dem Segment tummeln. Und er hat wirklich einiges zu bieten: Er hat ein komplett auf 24V laufendes System mit TMC-Stepper-Treibern, einen 32-Bit-Controller mit einer ARM CPU, einen farbigen Touchscreen, einen induktiven Höhen-Sensor, einen Filament-Runout-Sensor, den 255 mm × 255 mm × 260 mm großen Bauraum, einen soliden Aufbau aus 20 mm × 40 mm- und 40 mm × 40 mm-Aluminiumprofilen.

Den Extruder kennt man in ganz ähnlicher Form auch von anderen Druckern von TronXY, mal abgesehen von der 24V-Stromversorgung.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Um das ganze abzurunden, kommt er auch fast komplett zusammengebaut zu uns und muss nur noch mit ein paar Schrauben an den Baugruppen zusammengeschraubt werden. Das eingebaute Kabelmanagement reduziert die elektrische Inbetriebnahme dann auf das Zusammenstecken zweier Flachbandkabel.

Aus dem Make-Testlabor

Die Make-Redaktion probiert viel mehr aus, als ins alle zwei Monate erscheinende Heft passt. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Webseite in loser Folge weitere Testberichte.

Des Weiteren liegen dem Drucker auch noch genug Filament für den Einstieg, ein Spachtel mit scharfer Kante, eine durchaus brauchbare Anleitung und die SD-Karte bei, die die Slicer-Software enthält. Zum Drucker gehört außerdem ein Filament-Spulenhalter aus Metall, der in der Praxis prima funktioniert.

Das Druckbett und das darunter liegende Netzteil. Die Öffnungen am Netzteil sind nicht wirklich optimal platziert, so kann Material vom Drucker in das Netzteil geraten. Von einer Nassreinigung des Druckbetts ist hier absolut abzuraten.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Ein pfiffiges Feature: Das Display kann sowohl rechts als auch links am Drucker befestigt werden. Die Kabel sind lang genug dafür, so lässt sich vorhandener Platz besser nutzen oder sich die Bedienung an die eigenen Vorlieben anpassen. Ein absoluter Patzer ist dagegen die Platzierung des Steckplatzes der Micro-SD-Karte: Sie muss an der Rückseite des 3D-Druckers eingesteckt werden.

Der Drucker basiert auf dem weitverbreiteten Pinch- oder V-Roller-Prinzip: Plastikrollen mit Kugellagern laufen in den Vertiefungen der Aluminiumprofile. Das funktioniert optimal. Der Druck, mit dem die Rollen ins Profil gepresst werden, lässt sich mit Exzenter-Schrauben einstellen. Alle Teile dieser Halterung und der Befestigung sind bei dem XY-2 PRO aus Metall; auch das ist sehr gut. Nach etwa 30 Druckstunden hat sich unser Drucker an der Y-Achse eingelaufen – es gab ein minimales Spiel an den Rollen. Nach dem erneuten Spannen der Achse läuft diese wieder spielfrei.

Die X-Achse – Pinch-Roller mit Kugellagern, die Abstandshalter an den Rollen sind aus Metall. Auch zu sehen: das Flachband-Kabel, die einzige Kabelverbindung zur X-Achse und dem Extruder-Block. Am Extruder: der induktive Sensor zur automatischen Erkennung des Abstands zwischen Düse und Druckbett.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Das Menü des Druckers – sehr übersichtlich und gut zu lesen.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Das Display mit dem Touchscreen ist sehr hell und ist recht einfach zu bedienen, aber auch nicht zu empfindlich. Die Software des Druckers ist auf den ersten Blick gut organisiert und für Einsteiger gut zu nutzen.

Die Startup-Grafik. Modell und Firmware Version sind leicht abzulesen. Übrigens spielt der Drucker beim Starten eine lustige Melodie ab.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Der Extruder des Druckers ist ein Bowden-Modell, der Single-Drive-Vortrieb ist am linken Rand der X-Achse befestigt. Das Filament wird mithilfe eines Teflon-Schlauchs an den Extruder gebracht, der Extruder selbst ist recht klein und hat 40 Watt Leistung. Er wird von einem 40-mm-Lüfter aktiv gekühlt. Ebenfalls am Extruder befindet sich ein kleiner Turbinen-Lüfter der zur Kühlung des Druckes dient. Beide Lüfter sind relativ leise. Der Extruder hat keine Probleme mit PLA, PETG oder ABS, weiche Filamente wie NinjaFlex oder TPU sollten sehr langsam gedruckt werden, sonst können sie im Vorschubrad verklemmen.

Der Extruder-Antrieb und der Filament-Runout-Sensor (das Kästchen mit dem Pfeil).

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Achtung: Auf den Webseiten der Versender taucht auch eine Version des Druckers mit einem Titan-Klon-Vorschub (angelehnt an den E3D Titan Extruder) mit einer Untersetzung vor dem Vorschubrad auf. Dieser kostet dann rund 40 Euro mehr.

Als Druckoberfläche wird eine Platte aus Fiberglas mit einem Haftmaterial-Aufkleber verwendet. Den Aufkleber muss man selbst befestigen, das kann mal mehr oder weniger gut gehen. Das Material haftet gut mit den Standard-Filamenten. Falls sich Luftblasen zwischen Platte und Aufkleber bilden, kann man diese entfernen, indem man die Platte mit dem Haftmaterial nach unten auf dem Heizbett montiert und für 15 Minuten auf 90 Grad erhitzt.

Der erste Druck: Der Demo-Turm von TronXY.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Blick durchs Fenster auf die Treppe, die Druckqualität ist sehr gut. In der Mitte steht eine Helix, dort kann man leichtes Stringing erkennen.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Blick von oben: Sehr saubere Oberflächen, ein paar minimale Filament-Nasen am Rand der Pfosten.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

  • Als wir den Drucker ausgepackt und zusammengebaut hatten, war er bereits perfekt eingestellt. Rahmen, Druckplatte und X-Achse waren hundertprozentig parallel. Die Rollen auf den Profilen hatten weder zu wenig noch zu viel Druck und keine der Achsen hatte Spiel. Außerdem waren die Teile ausgesprochen sauber. Bei anderen Druckern, die ähnlich gebaut und verpackt waren, waren oft Metallspäne oder Öl auf den Profilen, hier nicht. Das Display-Modul war an ein Profil an der Basis geschraubt, so konnte es beim Transport perfekt gesichert werden.
  • Vor dem ersten Druck muss der Sensor angepasst werden. Er ist so von Werk aus eingestellt, dass die Düse das Druckbett nicht berührt. So kann das erste Homing gefahrlos ausgeführt werden. Danach prüft man, ob der Sensor parallel zum Druckbett ist und man kann auch noch mal im ausgeschalteten Zustand das Druckbett einstellen. Dann wird im Menü des Druckers die Höhe der Düse angepasst und es kann nach dem Einlegen des Filaments losgehen.
  • Das Druckergebnis nach dem ersten Einstellen war erstaunlich gut – wir druckten den auf der SD-Karte mitgelieferten Turm. Es fiel ein wenig Stringing zwischen den Wänden auf (das Ziehen von kleinen Fäden aus Plastik), aber das lässt sich im Slicer-Programm und mittels der Extrudertemperatur optimieren. Oberflächen und Wände waren sehr fein gezeichnet, es gab eine leichte Musterung auf den runden Oberflächen, keine Blasen und kein Ringing (sichtbare Oszillation in X- oder Y-Richtung auf der Oberfläche). Selbst feinste Details wurden korrekt gedruckt.
  • Der Drucker ist recht leise, die Lüfter sind lauter als die Stepper und der Rest der Mechanik. Auch die stabile Bauweise ist dafür mitverantwortlich. Die am Drucker verwendeten V-Rollen sind laut Hersteller weicher, verschleißarmer und somit auch leiser als andere Rollen.
  • Wir konnten mit unterschiedlichen Slicer-Programmen wie Cura, Slic3r und Skeinforge problemlos Gcode-Dateien für den Drucker erstellen und drucken. Im Prinzip akzeptiert er alles, was für Marlin und Repetier geeignet ist.
Anmerkung zum Thema "Automatic Print Bed Leveling"​ ​

Es geht nichts über ein perfekt plattes, perfekt eingestelltes Druckbett – auch wenn die Software eines 3D-Druckers heutzutage in der Lage ist, mit Hilfe von Sensoren den Zustand des Tisches, auf dem gedruckt, vor jedem Druck einzumessen und zu prüfen. Dieser Vorgang führt allerdings nicht zu perfekten Druckobjekten, sondern zu Objekten, die perfekt dem Druckbett angepasst sind. Ist das Druckbett schief, so wird der Druck auch schief enden – zwar an der Oberseite perfekt parallel zur Unterseite, aber mit schiefen Kanten. Bei Figuren mag das kein Problem sein, da ist es eher wünschenswert, dass der Druck perfekt am Tisch haftet, aber beim Druck von Funktionsteilen sollte der Drucker schon perfekt eingestellt sein und der Fehler des Tisches kleiner sein als die Dicke einer Lage.

  • Die Platzierung des Netzteils ohne Schutzabdeckung: Das Netzteil ist direkt unter dem Drucktisch montiert, was eigentlich eine gute Idee ist – wären da nicht die Öffnungen auf der Oberseite des Netzteils, die dem Druckbett zugewandt ist. Beim Reinigen des Druckbetts kann so Reinigungsmittel ins Netzteil geraten und das kann dann schnell sehr gefährlich werden. Dieser Nachteil lässt sich aber auch recht einfach durch eine Platte oder eine Klebefolie beheben. Trotzdem: Zum Reinigen bitte ausstecken.
  • Die Firmware auf dem Drucker hat einige Bugs: Der Controller und die Firmware stammen beide von Chitu, einer chinesischen Firma, die unter anderem auch viele Controller von Harz-Druckern herstellt. Die Firmware auf dem TronXY XY-2 PRO hat den Ruf, etwas vergesslich zu sein und gelegentlich mal die Einstellung des Abstandes zwischen Druckbett und Düse zu vergessen. Der Drucker rammt dann die Düse ins Druckbett oder druckt in der Luft. Außerdem macht der Drucker ab und zu mal eine kleine Pause beim Druck – nicht lange, etwa eine halbe Sekunde – aber die Stellen sieht man dann im Druck. Auch scheint die Firmware etwas seltsame Rundungen abzufahren, runde Ränder bekommen selbst bei langsamem Druck ein merkwürdiges Muster. Allerdings muss man schon fast die Lupe auspacken, um dies zu sehen. Ebenfalls ist die Höhenkorrektur nicht die beste, sie misst zwar korrekt, rechnet aber den Abstand von Sensor und Düse nicht mit ein. Aber hier gibt es einen Ausweg: Fleißige Entwickler haben Marlin als Firmware auf den Drucker portiert, und diese hat keinen dieser Bugs mehr und gilt als sehr stabil. Weil deren Einrichtung allerdings nicht ganz trivial ist, sollte man sich auf jeden Fall zuerst die Recovery-Datei von TronXY besorgen. Diese bekommt man, indem man eine E-Mail an den Support der Firma schreibt. Damit steht immer der Weg zurück auf die originale Firmware offen.
  • Die Haft-Oberfläche aus Fiberglas ist nicht hundertprozentig platt und der Höhensensor, der eigentlich die Unebenheiten messen soll, hat keine Chance, das zu erfassen, denn er vermisst den Aluminium-Tisch darunter. Das ist ein sehr verbreitetes Problem bei günstigen 3D-Druckern mit induktivem Höhensensor. Abhilfe bringt hier eine Haftplatte aus beschichtetem Metall. Alternativ könnte man den Drucker auch auf einen mechanischen Sensor umrüsten.

Starre Verbinder an der Z-Achse vermeiden Vibrationen, die im Druckergebnis sichtbar werden können.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

Der Drucker wird dank der aktuellen Rabatte tatsächlich zu einem echten Schnäppchen. Im Grunde genommen würde man zu diesem Preis wahrscheinlich nicht mal alle die Teile einzeln bekommen, aus denen er besteht. Besonders die Community, die sich um den Drucker herum entwickelt hat, ist ein echter Bonus: Im Internet gibt es nicht nur Lösungen für die meisten Probleme, sondern auch Upgrades samt Anleitungen oder eben eine neue Firmware, die die meisten Probleme löst. Besonders hat uns gefallen, dass der Drucker in kürzester Zeit betriebsbereit war und das es abgesehen von normalen Einlauf- oder Betriebserscheinungen bislang keine Probleme mit dem Drucker aufgetreten sind.

Sehr gut gemacht! Eine zusätzliche Rolle sorgt für hundertprozentige Parallelität des Riemens mit dem Y-Achsen-Profil.

(Bild: Dirk Herrendoerfer)

(pek)