Chrome OS: Was hinter dem Google-Browser steckt

Seite 2: Chrome OS im Test

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Vom USB-Stick bootet das System erfreulich schnell – in nicht einmal 10 Sekunden erscheint der Login-Bildschirm. Dort kann man sich, sofern der Rechner bereits Anschluss ans Netz gefunden hat, mit seiner Google-Mail-Adresse anmelden. Das klappt allerdings nur, wenn der PC über Ethernet im LAN hängt und dort via DHCP eine IP-Adresse erhält; WLAN lässt sich erst nach dem Anmelden konfigurieren. Ohne LAN-Anschluss muss man sich daher erst einmal mit den lokalen Benutzernamen anmelden, den man beim Kompilieren des Systems hinterlegt hat.

Chromium OS: Browser statt Desktop.

Nach dem Login wird der Benutzer von einem bildschirmfüllenden Chrome-Browser begrüßt, der auch mit Flash-Inhalten umgehen kann. Sofern der Rechner vernetzt ist, zeigt er – natürlich – die Google-Startseite (Login mit lokalem User) oder den eigenen Google-Mail-Account an (Anmeldung mit Google-Mail-Account). Auf den meisten Testrechnern reagierte das System auf Tastendrücke nur mit erheblicher Verzögerung, was die Bedienung sehr unbequem macht; der Grund dafür ließ sich nicht herausfinden. Die Tastaturbelegung ist auf englisch eingestellt.

Rechts oben findet man die Icons für die Akkuanzeige und den Connection Manager. Dort kann man sich an einem (auch verschlüsselten) WLAN anmelden, sofern Chromium OS den WLAN-Chip in Betrieb nehmen kann. Das gelingt leider nicht immer, da dem Google-System die für viele WLAN-Chips nötigen Firmware-Dateien fehlen: Wir hatten bei unseren Versuchen auf Anhieb lediglich mit einem Atheros-Chip Erfolg; ein Intel Pro/Wireless 4965 AGN funktionierte erst, nachdem wir die fehlende Firmware aus einer aktuellen Ubuntu-Installation ins Verzeichnis lib/firmware/2.6.30-chromeos-intel-menlow der Root-Partition auf dem Stick kopierten.

Weitere Anwendungen gibts nur im Web.

Beim Anmelden an ein verschlüsseltes WLAN merkt sich Chromium OS den Schlüssel: Nachdem man sich einmal an einem WLAN angemeldet hat, ist nach dem nächsten Reboot auch via WLAN ein Login mit dem Google-Mail-Account möglich. Schöner wäre es allerdings, wenn man bereits am Login-Schirm eine Liste der verfügbaren WLANs angezeigt bekäme und sich gleich an einem WLAN anmelden könnte – so muss man bei jedem Wechsel des WLANs wieder auf den lokalen Account zurückgreifen.

Über ein Icon in der linken oberen Ecke kann man nach Anmeldung mit dem Google-Account auf diverse Web-Anwendungen zugreifen. Darunter befinden sich neben den diversen Google-Angeboten unter anderem auch Facebook, Twitter, Hotmail und Yahoo Mail.

Der so genannte Task Manager zeigt nur die Browser-Prozesse an.

Die Konfigurationsmöglichkeiten in Chrome OS sind noch recht rudimentär: Außer den Browser-Einstellungen kann man lediglich WLAN und LAN ein- oder ausschalten und die Zeitzone einstellen. Eine Möglichkeit, vom englischen auf deutsches Tastaturlayout zu wechseln, ist noch nicht vorgesehen. Einen Dateimanager gibt es nicht, mit dem file://-Protokoll des Browsers kann man sich nur einen Überblick verschaffen. Die Option zum Öffnen des "Task Manager" ruft lediglich die Adresse about:memory im Browser auf, die über die Chrome-Prozesse, nicht aber über die anderen laufenden Anwendungen informiert.

F12 bringt eine Übersicht der laufenden GUI-Programme.

Die Tastenkombination Strg-Alt-T startet ein Xterm, das wie der Browser im Vollbildmodus läuft. Dort stehen die üblichen Linux -Kommandozeilen-Tools zur Verfügung. Mit Alt-Tab kann man zwischen Browser- und Terminalfenster hin- und herschalten. Aus dem Terminal lassen sich auch weitere GUI-Programme starten, die dann ebenfalls fullscreen laufen – wenn denn weitere Anwendungen installiert wären.

Dem lässt sich aber abhelfen, wenn man die Datei /etc/apt/sources.list um Einträge für die Ubuntu-9.10-Repositories ergänzt und dann via aptitude weitere Pakete einspielt – wobei man bei Paketen mit komplexeren Abhängigkeiten sehr schnell auf Abhängigkeitskonflikte stößt, da Chromium OS nicht ganz auf dem aktuellen Stand von Ubuntu 9.10 ist. Mit der Taste F12 erhält man eine Übersicht der laufenden Programme.

Viele Funktionen lassen sich nur über Tastenkombinationen erreichen.

Überhaupt muss man sich eine ganze Reihe von Tastenkombinationen merken, wenn man alle Funktionen von Chrome OS nutzen will. Die Developer FAQ fasst die wichtigesten davon in einer Tabelle zusammen; nach einem Druck auf F8 blendet Chromium OS ein Keyboard ein, das alle Tastenbelegungen anzeigt. Schade, dass nicht zumindest die wichtigsten dieser Funktionen auch in einem Menü auftauchen.

Macht sich nach einem ersten Blick auf das neue Chromium OS erst einmal Ernüchterung breit, entdeckt man bei näherem Hinsehen doch eine Reihe interessanter Ideen. Der Weg zu einem laufenden Chromium OS ist allerdings mühsam, und das Ergebnis ist eigentlich nur für Leute interessant, die für Chrome OS entwickeln oder am System selbst arbeiten wollen. Als alternatives Betriebssystem für den eigenen PC oder das eigene Netbook taugt Chromium OS in seiner derzeitigen Form jedenfalls nicht.