Die Neuerungen von Fedora 12

Auch mit der zwölften Version befindet sich Fedora an der Spitze der technischen Entwicklungen in der Linux-Welt. Zu den Neuerungen gehören eine erweiterte Hardware-Unterstützung für Kernel-based Mode-Setting (KMS), 3D-Unterstützung für neue Radeon-Grafikkarten und das noch junge KSM (Kernel Samepage Merging), das den Speicherverbrauch virtualisierter Systeme vermindert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 14 Kommentare lesen
Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Nur wenige Tage nach der Vorstellung von Ubuntu 9.10 und OpenSuse 11.2 hat nun auch das maßgeblich von Red Hat gesponserte Fedora-Projekt eine aktualisierte Linux-Distribution zum Download freigegeben: Das Constantine genannte Fedora 12. Die beim Fedora-Projekt sonst recht häufigen Verzögerungen in letzter Minute blieben bei der Fertigstellung dieser Version aus. Wie gewohnt wartet das neue Fedora mit einer stattlichen Zahl an Neuerungen sowie einer umfangreichen und aktuellen Software-Ausstattung auf.

Fedora 12 (13 Bilder)

GNOME-Desktop

GNOME 2.28.1 dient als Standard-Desktop bei Fedora 12.

Die neue Fedora-Version greift eine Reihe aktueller Entwicklungen auf, die in einigen Wochen und Monaten auch in anderen Linux-Distributionen auftauchen dürften – so wurde das mit dem vor etwas mehr als fünf Monaten freigegebenen Fedora 11 eingeführte Kernel-based Mode-Setting (KMS) weiter verbessert, sodass es jetzt auf dem Gros moderner Systeme zum Einsatz kommt. Auch viele der zahlreichen Verbesserungen im Virtualiserungsbereich dürften die Mitbewerber bald aufgreifen – darunter das noch junge KSM (Kernel Samepage Merging), mit dem sich der Speicherverbrauch in größeren Virtualisierungsumgebungen reduzieren lässt.

Neu ist bei Constantine auch die Einbindung einiger Moblin-Komponenten und der Einsatz von Delta-RPMs. Neben diesen Verbesserungen listet das Fedora-Wiki noch knapp vierzig andere neue Features von Fedora 12. Und selbst in dieser Aufstellung werden diverse kleinere, aber keineswegs unbedeutende Verbesserungen gar nicht oder nur kurz erwähnt, etwa die experimentelle 3D-Unterstützung für neuere Radeon-Grafikhardware und zahlreiche Detail-Verbesserungen an den Open-Source-Treibern für Grafik-Hardware von Nvidia.

Das mittlerweile von mehr und mehr Distributionen genutzte Kernel-based Mode-Setting (KMS) war durch den flackerfreien, animierten Startvorgang oder die flotte Umschaltung zwischen Text-Konsole und X-Server wohl eine der auffälligsten Neuerungen von Fedora 11. Das Fedora-Projekt legt mit Constantine nach und aktiviert KMS nun auch bei vielen GeForce-GPUs und den Radeon-Grafikkarten der Serien 2000, 3000 und 4000. Da es wie zuvor KMS-Unterstützung für ältere Radeon-Grafikkerne und nahezu alle modernen Mainboard-Chipsätze mit integrierter Grafik von Intel gibt, wird fast das gesamte Angebot der in den letzten Jahren in größeren Stückzahlen verkauften Grafikchips abgedeckt – Fedora 12 wird KMS daher auf dem Gros moderner PC-Systeme verwenden.

Um die grafische Oberfläche kümmern sich die Komponenten von X.org 7.5 – darunter der X-Server 1.7.1 mit seiner Unterstützung für die X Input Extension 2.0 (XI2). Für Nvidia-Hardware konfiguriert Fedora 12 wie dessen Vorgänger standardmäßig den vergleichsweise jungen und seit Fedora 11 erheblich verbesserten Open-Source-Treiber "nouveau". Er beherrscht im Unterschied zum bei vielen anderen Distributionen genutzten Treiber "nv" 2D-Video-Beschleunigung mit aktuellen GeForce-Chips. Auch Mehrschirmbetrieb gelingt mit Nouveau und lässt sich über Programme wie xrandr oder gnome-display-properties konfigurieren, weil der Treiber genau wie die von Fedora automatisch konfigurierten Treiber für AMD- und Intel-GPUs RandR unterstützt.

Mehr Infos

Vorarbeit

Ursprünglich war erwartet worden, dass die wichtigsten Bestandteile des Anfang Juni veröffentlichten Fedora 11 die Basis für das im nächsten Jahr erwartete Red Hat Enterprise Linux 6 (RHEL6) bilden sollten. Da von der Red-Hat-Distribution für Unternehmenskunden aber bislang noch nicht einmal öffentlich zugängliche Vorabversionen erhältlich sind, dürften mindestens kleine, vermutlich sogar größere Teile von Fedora 12 in die erste version der sechste RHEL-Serie einfließen.

3D-Unterstützung bietet die Nouveau-Version von Fedora 12 jedoch nicht. Dafür soll sie das Aufwachen aus systemweiten Schlafzuständen wie Suspend-to-RAM (ACPI S3) unterstützen. Der Treiber nv beherrscht das nicht, sodass viele Anwender in der Vergangenheit schon allein deshalb auf den proprietären Nvidia-Treiber auswichen, um diesen Stromsparmodus zu nutzen.

Die für die KMS-Unterstützung bei neueren Radeon-GPUs zuständigen und auch in Linux 2.6.32 enthaltenen Änderungen ermöglichen auch 3D-Beschleunigung bei Radeon-Grafikhardware der Serien 2000, 3000 und 4000. Diese Code wird von den Entwicklern aber genau wie der darauf aufbauende Mesa-Treiber noch als experimentell eingestuft. Die 3D-Unterstützung für die neueren Radeon-GPUs ist daher in der Standard-Installation deaktiviert, lässt sich durch Einspielen des Pakets "mesa-dri-drivers-experimental" aber einfach nachrüsten. In einem Kurztest auf einem Testsystem mit 790GX-Grafik (Radeon HD 3300) arbeitete Compiz dann ebenso störungsfrei wie das Spiel Extreme Tux Racer.

Die aktuelle Version von Nvidias proprietären Linux-Grafiktreibern arbeitet unter Fedora 12, sofern man KMS und einen Teil der SELinux-Schutzmechanismen deaktiviert. Die anderen bekannten proprietären Linux-Grafiktreiber wie ältere und aktuelle Catalyst-Versionen von AMD sowie die älteste Version der Legacy-Treiber für ältere GeForce-Grafikkarten laufen nicht, da sie nicht mit den seit Anfang Oktober erhältlichen X-Servern der 1.7er-Serie zurecht kommen. Ähnliche Schwierigkeiten gab es schon mehrfach bei der Vorstellung neuer Fedora-Version, da die Grafikkartenhersteller meist Wochen oder Monate brauchen, bis die Treiber mit neuen Kernel- und X.org-Versionen zusammenarbeitet – besonders AMD hängt oft Monate hinterher. Manchmal unterlassen es die GPU-Hersteller ganz, ihre Treiber an neue Versionen anzupassen oder stellen die Treiber-Pflege still und heimlich ein, was über kurz oder lang auch Nutzer anderer aktueller Distributionen trifft.

Verbessert haben wollen die Fedora-Entwickler auch die Unterstützung für die Monitoransteuerung via DisplayPort. Sofern mehrere Monitore angeschlossen sind, konfiguriert Constantine diese nun automatisch als erweiterten Desktop und nicht mehr im Spiegelbetrieb.

Nachdem Fedora 10 zahlreiche, zwischenzeitlich auch in andere Distributionen eingeflossene Verbesserungen für Webcams brachte, arbeiteten die Fedora-Mitstreiter für Fedora 12 erneut in diesem Bereich und erweiterten unter anderem den Funktionsumfang der libv4l um Weißabgleich, Gamma-Korrektur und eine Whitelist mit Informationen zur Einbaurichtung von Kameras. Außerdem enthält Constantine einige von den Fedora-Entwicklern überarbeitete oder neu geschriebene Webcam-Treiber, die bereits in den offiziellen Linux-Kernel eingeflossen sind oder dort bald einziehen sollen – darunter zwei Treiber für verschiedene Modelle der Logitech QuickCam-Reihe.

Fedora spielt statt Tomboy nun Gnote auf.

Die vollwertige Installations-DVD spielt als Standard-Desktop GNOME 2.28.1 auf – eine mit einigen Fehlerkorrekturen ausgestatte Variante des im September freigegebenen GNOME 2.28. Als Standard-Client für Instant Messaging dient bei Fedora nun nicht mehr Pidgin, sondern ähnlich wie bei GNOME seit Version 2.26 Empathy. Genau wie die aktuelle Version des Fedora weiter beiliegenden Pidgin bietet Empathy Funktionen zum Audio- und Video-Chat.

Statt der auf Mono aufsetzenden Notiz-Software Tomboy installiert Fedora dessen C++-Portierung Gnote – der Desktop-Spin kommt dadurch ohne den immer wieder für Diskussionen sorgenden Mono-Stack aus. Der Gnote-Entwickler hat die Arbeit an dem Programm allerdings
zwischenzeitlich eingestellt; bislang hat sich noch niemand der weiteren Pflege der Software angenommen, sodass deren Zukunftsaussichten derzeit wohl als düster einzustufen sind.

Matthias Clasen erläutert in einem Interview zahlreiche weitere, vorwiegend für GNOME umgesetzte Neuerungen im Desktop-Bereich – darunter einige in einem Blogeintrag des Red-Hat-Mitarbeiters gezeigte Änderungen an der Darstellung von Tooltips, Icons oder dem Datei-Dialog. Die größeren Abstände zwischen Panel-Applets- und -Icons und der Verzicht auf Icons in manchen Menüs sind allerdings nicht bei allen Anwendern gut angekommen, daher verraten die Release-Notes, wie man das alte Verhalten wiederherstellt.

Den bei Fedora 11 neu eingeführten Audio-Mixer für GNOME überarbeiteten die Entwickler, um das reichlich kritisierte Programm attraktiver zu machen. Auch das von der Mixer-Software genutzte und ebenfalls viel gescholtene PulseAudio erweiterten die Fedora-/Red-Hat-Entwickler um zahlreiche Neuerungen – darunter Unterstützung für UPnP MediaServer, Event-Sounds mit Surround-Audio, optimierte Handhabung von Bluetooth-Hardware sowie Vereinfachungen zum Weiterleiten der Audio-Ausgabe an andere Systeme.

KDE liegt in der Version 4.3.2 bei – das ist keine echte Neuerung im Vergleich zu Fedora 11, denn diese ursprünglich mit KDE 4.2 ausgelieferte Distribution bekommt die neuere KDE-Version bereits seit einigen Wochen als reguläres Update nachgeliefert. Statt des Backends für Xine nutzt Phonon nun standardmäßig Gstreamer.

Die Fedora-Entwickler haben zudem die Desktop-Oberfläche von Moblin in die Paketdepots eingepflegt. Dieses Vorhaben wurde maßgeblich von Peter Robinson vorangetrieben, der auch an einem Remix mit Moblin arbeitet. Dank Aufnahme von libtheora in der Version 1.1 bringt Constantine zudem Unterstützung für den Open-Source-Videocodec Thusnelda mit. Er soll deutliche Qualitäts- und Geschwindigkeitsvorteile gegenüber Version 1.0 bringen und Ogg Theora zu einer zeitgemäßen Kodiereffizienz verhelfen.

Mehr Infos

Spins, Remixe und Co.

Eine offizielle, vom Projekt abgesegnete und für bestimmte Einsatzzwecke abgestimmte Distribution zum Start von CD, DVD oder USB-Stick auf Basis der Fedora-Pakete bezeichnet das Projekt als Spin. Mit einem solchen lässt sich Fedora nicht nur ausprobieren oder installieren, sondern ähnlich wie eine auf der Festplatte installierte Distribution oder Knoppix normal benutzen.

Der Desktop-Spin von Fedora enthält beispielsweise eine auf gängige PC-Anwender abgestimmte Software-Ausstattung mit dem GNOME-Desktop, verzichtet aber aus Platzgründen auf OpenOffice; die KDE-, LXDE- und XFCE-Spins von Fedora sind auf einen ähnlichen Benutzerkreis abgestimmt, nutzen jedoch die jeweils namens-gebende Desktop-Oberfläche. Die genannten Spins liegen alle als CD-ISO-Image vor; Spins wie "Games" oder "Education" sind hingegen für DVDs mit mehr Kapazität ausgelegt. Seit Fedora 12 lassen sich Spins auch mit Programmen wie "dd" auf USB-Stick übertragen. Am besten erledigt man den Transfer jedoch mit dem für Linux und Windows erhältlichen und schon für frühere Fedora-Versionen verfügbaren liveusb-creator, denn er legt auf Wunsch einen beim Start des Spins eingebundenen Speicherbereich an, um dort alle während des Betriebs geschriebenen Daten abzulegen – etwa Dokumente sowie nachinstallierte oder aktualisierte Software.

Mit den keineswegs auf die Erstellung von CDs beschränkten Programmen der livecd-tools und passenden Kickstart-Dateien lassen sich Distributionen auf Fedora-Basis und einer individuellen Paket-Auswahl relativ einfach selbst erzeugen. Solche Distributions-Images dürften jedoch die geschützten Fedora-Markenzeichen nicht verwenden, wenn man sie weiterverbreiten möchte; das lässt sich durch Austausch von drei Paketen sehr einfach umsetzen. Die Namensregeln des Projekts verbieten zudem, eine selbst erstellte Distributionen auf Fedora-Basis bei der Weiterverbreitung als Spin zu bezeichnen. Statt dessen kann man die Bezeichnung Fedora Remix nutzen, um die Abstammung der Distribution aufzuzeigen, gleichzeitig aber eine Verwechslung mit den offiziellen Distributions-Images des Fedora-Projekts zu vermeiden.

Spins für den Desktop-Einsatz stehen auf der Fedora-Download-Seite ganz oben. Das Projekt bietet zusätzlich auch CD- und DVD-ISO-Images der Distribution mit einem traditionellen Installer ab, bei dem sich Programmauswahl und Dateisystem flexibel beeinflussen lassen – bei Spins gelingt das nicht. Mit dem traditionellen Installationsmedium sind auch Upgrades von einer Fedora-Version auf einen Nachfolger möglich; ein Update via PreUpgrade dürfte aber in den meisten Situationen komfortabler, schneller und umfassender sein, kann aber auf manchen Fedora-Installation an einer zu kleinen Boot-Partition scheitern. Die automatische Kickstart-Installation gelingt nur mit dem traditionellen Installationsmedium, das es auch in abgespeckten Varianten zur Netzwerkinstallation gibt.

All diese Fedora-12-Varianten nutzen zur Nachinstallation von Software dasselbe Paket-Depot. Daher lassen sich auch beim GNOME-Spin die Pakete des KDE-Spins nachinstallieren und umgekehrt. Alle nutzen auch das gleiche Depot zum Bezug von Updates. Die plant das Fedora-Projekt wie üblich bis ungefähr einen Monat nach Erscheinen des zweiten Nachfolgers bereitzustellen – da neue Fedora-Versionen ungefähr alle 6 Monate erscheinen, wird jede Distribution ungefähr 13 Monate betreut.

Fedora 12 verwendet einen Kernel auf Basis der Version 2.6.31.5. Ihn haben die Fedora-Entwickler mit zirka 100 Patches und Patch-Sammlungen verändert – der größte von ihnen enthält die für Linux 2.6.32 aufgenommene Änderungen am DRM-Subsystem für KMS- und 3D-Unterstützen bei neueren Radeon-GPUs. Auch einige der für 2.6.32 eingepflegten Patches für das $(LEhttp://cvs.fedora.redhat.com/viewvc/rpms/kernel/F-12/linux-2.6-btrfs-upstream.patch?view=markup:Btrfs-Dateisystem|_blank) sind dabei – genau wie bei Fedora 11 sind dabei – das Installationsprogramm bietet die Nutzung des experimentellen Dateisystems aber nur an, wenn man den Parameter "icantbelieveitsnotbtr" beim Start übergibt.

NetworkManager mit besserer Unterstützung zum Aufbau von Internet-Verbindungen über Handys und Co.

Außerdem rüsten die Fedora-Hacker Lirc und Nouveau nach – für letzteres wurden die Fedora-Entwickler kürzlich auf dem Kernel-Summit nachhaltig kritisiert. Andere Mainstream-Distributionen verändern die Kernel aber typischerweise stärker und integrieren viel Kernel-Code, der den Qualitätsansprüchen der Kernel-Hacker rund um Linus Torvalds nicht genügt. Dazu zählen etwa die bei Fedora schon länger rausgeflogene Xen-Dom0-Unterstützung oder die Treiber aus dem Linux-Staging-Zweig. Letztere lässt Fedora fast komplett außen vor – darunter auch verschiedene Treiber für einige insbesondere bei Netbooks häufiger anzutreffenden WLAN-Chipsätze von Ralink, Realtek oder VIA. Über Paket-Depots wie RPM Fusion können Anwender einige dieser Treiber nachinstallieren. Die haben allerdings Probleme bei der Zusammenarbeit mit dem NetworkManager, weil sie den aktuellen WLAN-Stack des Linux-Kernels nicht oder nur teilweise nutzen – das ist einer der Gründe, warum die Fedora-Entwickler die Treiber nicht mitliefern.

Die Initial-Ramdisk (Initrd) für den Kernel erstellt Fedora nicht mehr mit mkinitrd, sondern setzt auf das modulare und distributionsübergreifend angelegte Dracut. Dank einer modernen Version von Mdamd sowie darauf aufbauenden Unterstützung im Installer soll sich Fedora 12 nun auch auf Host/Fake-RAIDs der Level 5 installieren lassen, sofern ein moderner Mainboard-Chipsatz von Intel diese betreut.

Fedora ist zwar in vielen Bereichen sehr aktuell und scheut nicht vor dem Einsatz noch junger Techniken – beim Boot-Loader überließ das Projekt allerdings den neuen Versionen von OpenSuse und Ubuntu den ersten großen Feldtest von Grub2 und setzt in der Standardinstallation weiter auf die alte, auch Grub-Legacy genannte Grub-Version. Sie wurde um die Unterstützung für das von Fedora bereits seit Version 11 standardmäßig verwendete Ext4 erweitert; daher braucht man nun keine separate Boot-Partition mehr, wenn die Root-Partition Ext4 verwendet.

Bereits zum Start von Fedora 12 sind Updates verfügbar.

Die Software in Fedora 12 ist nun für i686-Prozessoren übersetzt und für Atom-Prozessoren optimiert (GCC-Optionen "-march=i686 -mtune=atom"). Kernel und Programme sollen auf modernen x86-32-Systemen dadurch bessere Performance erzielen. Auf i586-CPUs wie VIAs C3-Prozessoren mit Ezra- und Samuel-Kern oder AMDs Geode GX arbeitet Constantine allerdings nicht mehr; wohl aber auf dem in einigen OLPCs verbauten Geode LX.

Auch das Gros der nicht mit GCC übersetzten Software hat das Projekt neu gebaut, damit auch deren RPM-Pakete mit dem nun von Fedora genutzten und von neueren LZMA-Versionen bekannten XZ-Format gepackt werden. Da das effizienter komprimiert als das bisher verwendete bzip2, sind manche RPMs etwas kleiner als bei älteren Fedora-Versionen.

Nachdem das bei Fedora 11 optionale Yum-Plugin Presto in den vergangenen Monaten den ersten größeren Feldtest hinter sich bringen durfte, wird es bei Fedora 12 nun standardmäßig installiert. Yum und darauf aufbauende Programme versuchen daher beim Aktualisieren von Software, die seit Fedora 11 in den offiziellen Fedora-Paket-Depots angebotenen Delta-RPMs zu nutzen, die lediglich die Unterschiede zwischen einem alten und einem neuen RPM-Paket enthalten; mit diesen Informationen und den auf der Platte installierten Dateien des alten RPMs kann das Plugin in vielen Fällen das neue RPM zusammensetzen und dies zur weiteren Verarbeitung an Yum übergeben.

Mehr Infos

Updatefülle

In den Paket-Depots Updates und Updates-Testing für die x86-32-Variante von Fedora 12 finden sich bereits zur Vorstellung der Distribution über 550 RPMs. Darunter finden sich 65 reguläre und 2 als sicherheitsrelevant eingestuften Updates – zu letzteren zählt Firefox 3.5.5. Diese Korrekturen wurden nicht mehr in die bereits vergangene Woche fertiggestellte Distribution selbst aufgenommen, um nicht in den Tagen kurz vor der Fertigstellung noch neue Fehler einzuschleusen.

Da Fedora anders als viele Mainstream-Distributionen nicht nur neue Pakete zur Korrektur von Fehlern oder Sicherheitslücken heraus gibt, sondern häufig auch neue Versionen der in Fedora enthaltenen Software als Update ausliefert, dürfte das nur der Anfang der bei Fedora üblichen Update-Flut sein. Beim fünf Monate alten Fedora 11 etwa gab es bislang knapp 4000 Updates – deutlich mehr, als bei vielen anderen Distributionen.

Unter den Updates finden sich wie bei Fedora üblich auch Sprünge von einer Kernel-Version des Hauptentwicklungszweigs auf deren Nachfolger – das mit Kernel 2.6.29 ausgelieferte Fedora 11 erhielt etwa bereits vor einigen Monaten einen Linux-Kernel 2.6.30 als Update und ist mittlerweile bei 2.6.30.5 angekommen. Damit der Anwender bei einem Kernel-Problem nicht vor einem nicht startenden System steht, wird der neue Kernel immer parallel zum jeweils laufenden installiert und der alte bei späteren Kernel-Updates automatisch deinstalliert.

Da neue Kernel-Versionen der Hauptentwicklungslinie neben zahlreiche Verbesserungen an der Infrastruktur auch eine Vielzahl von neuen und erweiterten Treibern enthalten unterstützt ein aktualisiertes Fedora 11 heute viele der in den vergangenen Monaten eingeführte Hardware-Komponenten, die die Distribution anfangs nicht ansprechen konnte. Bei den meisten anderen Mainstream-Desktop-Distributionen bekommt man weder frische Kernel-Versionen noch neue Kernel-Treiber als reguläres Update – auf die Unterstützung für manche neuere, erst nach erscheinen einer Distribution vorgestellte Hardware-Komponenten muss man daher manchmal Monate warten, bis eine neue, mit einem frischeren Linux-Kernel ausgestattete Version der jeweiligen Distribution erscheint.

Beim Aktualisieren des Systems müssen so deutlich weniger Daten heruntergeladen werden, denn die Delta-RPMs sind häufig erheblich kleiner als das komplette neue RPM – das gilt insbesondere dann, wenn sich die Software im alten und neuen RPMs sehr ähnelt, wie es bei kleinen Versionssprüngen oder Fehlerkorrekturen meistens der Fall ist. Durchschnittlich soll sich der Download-Umfang durch das Plugin um 60 bis 80 Prozent reduzieren; gerade beim Aktualisieren von großen Paketen wie OpenOffice sind die Einsparungen teilweise noch größer. Das Regenerieren der Pakete dauert allerdings ein wenig und erzeugt viel CPU-Last. Bei Verfügbarkeit eines lokalen Spiegelservers mit den Fedora-Paketdepots oder einer sehr schnellen Internet-Anbindung kann es daher das von Vorteil sein, das Plugin zu deinstallieren.

Fedora als Host und als Gast.

Wie sein Vorgänger kann Constantine zwar als Gastsystem unter Xen laufen, setzt als Gastgeber für virtuelle Systeme aber auf KVM. Für diesen Hypervisor und die ihn umgebende Infrastruktur gab es zahlreiche Verbesserungen bei Constantine.

Der Einsatz des Image-Formats qcow2 im von KVM genutzten Qemu soll etwa die I/O-Performance steigern. Das in den Proceedings vom Linux Symposiums 2009 ausführlich erklärte KSM ("Kernel Shared Memory" oder "Kernel Samepage Merging") verspricht ferner den Speicherverbrauch zu reduzieren, wenn ähnliche Gastsysteme parallel laufen oder diese aus anderen Gründen größere Mengen identischer Daten im Speicher vorhalten. Durch Nutzung größerer Speicherseiten (Pages) soll KVM Huge Page Backed Memory außerdem den Overhead bei der Speicherverwaltung reduzieren.

Neu ist auch die Unterstützung für SR-IOV (Single Root I/O Virtualization), mit dem sich PCI-Geräte mit Unterstützung für SR-IOV in mehrere virtuelle Geräte aufteilen lassen, die man unterschiedlichen virtualisierten Gastsystemen zuweisen kann. Zudem soll sich die Gastsysteme angebotenen virtuelle Hardware dank dem "KVM Stable Guest ABI" nicht mehr ändern, wenn Qemu oder KVM aktualisiert werden.

Auch der Virtual Machine Manager (virt-manager) erhielt viele kleine Verbesserungen sowie ein Facelift; die von ihm verwendete libvirt verwaltet nun Berechtigungen und erlaubt so auch Anwendern ohne Root-Rechte die Handhabung von KVM-Gastsystemen. Über libguestfs und darauf aufbauende Programme wie guestfish lassen sich die virtuellen Datenträger von Gastsystemen komfortabler von außen modifizieren. Zudem lassen sich Netzwerke für virtuelle Systeme nun flexibler konfigurieren.

Weitere Informationen zu den genannten und einigen weiteren Änderungen rund um Virtualisierung finden sich über das Fedora-Wiki. Verschiedene Entwickler aus dem Virtualisierungs-Bereichen erläuterten die Highlights von Constantine auch im Rahmen von Interviews.

Wie bei Fedora üblich erhielt auch Constantine ein neues Design, wobei die Bilder für den Desktop-Hintergrund, den Boot-Manager und und so weiter von einem Blauton bestimmt werden. Neu in die Distribution integriert haben die Fedora-Mitstreiter das maßgeblich von Red-Hat-Mitarbeitern entwickelte Automated Bug-Reporting Tool ABRT, mit dem sich Probleme mit der SELinux-Policies sowie Informationen zu Programm- und Kernel-Abstürzen an die Entwickler übermitteln lassen.

Mehr Infos

Weiter gehts

Die Entwicklung des derzeit grob für Ende April nächsten Jahres geplanten Fedora 13 ist schon im vollen Gange. So listet Wiki bereits einige der vorgesehenen Verbesserungen wie der Umstieg auf NFS 4.1 oder abermals bessere Unterstützung für die Monitoransteuerung via DisplayPort bei Grafikhardware von AMD und Nvidia; noch evaluiert wird die Integration von Python 3.x und Grub2. Wie üblich wird die nächste Fedora-Version im fast täglich aktualisierten Entwicklerzweig Rawhide vorbereitet. Das Projekt plant aber für die nahe Zukunft einige Anpassungen in der Struktur, damit die Entwicklung von Rawhide in Zukunft nicht mehr eingefroren werden muss, wenn die Entwickler eine Vorabversionen oder ein neues Release vorbereiteten.

Einen Namen für Fedora 13 sucht das Projekt gerade – bis vor kurzem konnten Vorschläge eingereicht werden, die eigentliche Namensentscheidung erfolgt Ende des Monats in einer Wahl unter den Mitgliedern des Projekts. Wie üblich muss der Name in Verbindung zu dem des Vorgängers stehen – es darf aber nicht die selbe sein wie zuvor. Constantine (Fedora 12) und Leonidas (Fedora 11) sind etwa beides Gemeinden im St. Joseph County, Michigan, USA; Leonidas (Fedora 11) und Cambridge (Fedora 10) waren hingegen beides Schiffe der US Navy. Die Verbindungen zwischen den Namen früherer Fedora-Versionen listet das Fedora-Wiki.

Den Aufbau von Internet-Verbindungen über Handys, UMTS-Karten etc. sollen einige zum Teil auch schon in Fedora 11 als Update eingeflossene Änderungen am NetworkManager deutlich verbessern. Die Software beherrscht jetzt auch IPv6 und kümmert sich auf Wunsch auch um systemweite Netzwerkverbindungen.

Durch zahlreiche Verbesserungen an verschiedenen Stellen der Distribution soll Constantine die Stromsparmechanismen moderner Systeme effizienter nutzen und so die Akku-Laufzeit von Net- und Notebooks verbessern. Die Bluetooth-Dienste starten und stoppen bei Anstecken oder Abziehen eines Bluetooth-Sticks nun automatisch und verschwenden daher keine Ressourcen, wenn keine Bluetooth-Hardware vorhanden ist. Einige Broadcom-WLAN-Chips, für die man bisher mit dem Programm b43-fwcutter eine Firmware aus dem Windows-Treibern herausoperieren musste, laufen mit Fedora 12 ohne solche Umstände, da Constantine Open-Source-Firmware openfwwf mitbringt. Der erst bei Fedora 11 eingeführte HAL-Ersatz DeviceKit ist wieder verschwunden, da dessen Funktionen nun Software wie udev erledigt (1, 2) – die ursprünglich auf DeviceKit aufsetzenden Programme DeviceKit-power und DeviceKit-disks gibt es aber weiterhin.

Ferner wurden die Zugriffsberechtigungen einiger als root laufender Dienste eingeschränkt; das soll Angreifern die weitere Kompromittierung des Systems erschweren, wenn sie erfolgreich eine Sicherheitslücke in einem der Dienste ausnutzen konnten ("Lower Process Capabilities"). Auch die bereits im September vorgestellte und mit Hilfe von SELinux realisierte Sandbox für Desktop-Applikationen liegt Constantine bei.

Yum hat einige neue Funktionen bekommen und kann über "yum history" nun anzeigen, wer wann welche Pakete installiert oder aktualisiert hat. Systemtap wurde erheblich überarbeitet und kommt nun mit verbesserter Dokumentation sowie mehr Beispielen und Werkzeugen – Hintergründe zu den Neuerungen liefert auch ein Interview mit einem der SystemTap-Entwickler, das auch als Podcast erhältlich ist.

Einige weitere Neuerungen von Fedora 12:

Fedora 12 (13 Bilder)

GNOME-Desktop

GNOME 2.28.1 dient als Standard-Desktop bei Fedora 12.
Mehr Infos

Vielfach unvermeidbarer Ausbau

Mit Ausnahme einiger Firmware-Dateien besteht Fedora 12 genau wie seine Vorgänger komplett aus Open-Source-Software, die unter einer der vom Fedora-Projekt anerkannten Open-Source-Lizenzen steht; Lizenzen, die etwa eine Nutzung der Software im kommerziellen Umfeld verbieten oder die Weitergabe der Software durch Dritte untersagen, schaffen es nicht auf diese Liste. Ferner lässt das Fedora-Projekt Software außen vor, die bekanntermaßen durch Patente geschützte Techniken nutzt.

Das alles soll Anwender, die Fedora kommerziell nutzen, oder Dritte, die die Linux-Distribution separat oder zusammen mit Hardware vertreiben wollen, vor Ansprüchen durch die Copyright- und Patenthalter schützen. Fedora 12 fehlen dadurch jedoch viele populäre, aber proprietäre Linux-Anwendungen und -Treiber. Auch zur Wiedergabe vieler gängiger Audio- und Video-Formate ist die Distribution durch die beschriebene Herangehensweise nicht in der Lage – das schließt selbst die Unterstützung zum Abspielen von MP3s ein, da die Patentverwertungsfirma Sisvel bekanntermaßen Ansprüche der Rechteinhaber von MP3 geltend macht.

Wirklich einsatzbereit ist eine Fedora-11-Installation daher eigentlich erst nach Aktivieren von Paketdepots, über die sich die vom Fedora-Projekt ausgeklammerte Software sowie die Unterstützung zur Wiedergabe der problematischen Audio- und Video-Codecs nachinstallieren lässt. Das wohl bekannteste und meist genutzte Depot für Fedora dürfte RPM Fusion sein, das im vergangene Jahr aus dem Zusammenschluss von Dribble, Freshrpms und Livna entstand. Es lässt sich nach nicht nur direkt nach dem Aufspielen von Fedora aktivieren, sondern auch bereits während der Installation mit dem vollwertigen Installationsmedium. Benötigen auf Gstreamer aufsetzenden Anwendungen wie Totem nach der Konfiguration von RPM Fusion ein Plugin, das Fedora fehlt und von RPM Fusion angeboten wird, dann spielt PackgeKit diese auf Nachfrage ein.

Wie beim Fedora-Projekt üblich bringt auch Fedora 12 eine Unmenge von Neuerungen und ist für Fedora-Anwender bei der Neuinstallation daher erste Wahl. Durch einige der Änderungen – etwa die erweiterte KMS-Unterstützung und die Verbesserungen zur Virtualisierung – ist auch diese neue Fedora-Version an einigen Stellen einen kleinen Schritt moderner oder mutiger als andere aktuelle Mainstream-Distributionen. In verschiedenen Tests arbeitete Constantine dennoch ebenso robust und zuverlässig wie sein Vorgänger – die nächsten Tage und Monate müssen zeigen, ob das auch für den Alltagseinsatz gilt. (thl) (thl)