Die Neuerungen von Linux 2.6.21

Seite 2: Die Neuerungen von Linux 2.6.21

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Dem Kernel lässt sich dank zahlreicher Änderungen der "Dynamic kernel command-line"-Serie nun eine längere Parameter-Zeichenfolge beim Start übergeben – bisher durfte sie nicht länger als 256 Byte sein. Für das in 2.6.19 aufgenommene eCryptfs kam das bisher ausgesparte Public-Key-Framework hinzu. Nachdem sich Linux-Software-RAIDs des Levels 5 seit einiger Zeit im laufenden Betrieb vergrößern lassen, gelingt das mit 2.6.21 nun auch bei RAID 6.

Sysfs beherrscht nun Shadow-Directory-Support, was für Virtualisierungslösungen mit Containern/Jails Vorteile bieten soll. Erstmals enthalten ist das Device Resource Management (devres); es soll die Treiber-Programmierung zum Zugriff auf Hardware-Ressourcen vereinfachen und vereinheitlichen. Gleichzeitig verspricht es zuverlässiger zu sein als die bisher meist Treiber-spezifischen Implementierungen. Der für DMA mit ISA-Geräten wichtige Speicherbereich ZONE_DMA ist nun optional – das soll Optimierungen auf auf Architekturen, die diesen Speicherbereich nicht benötigen, möglich machen. IPv4 lässt sich über IPv6 genauso tunneln wie anders herum.

Andere Neuerungen von 2.6.21 verbessern die mit 2.6.20 hinzugestoßene Unterstützung für die Cell-CPU und die USB-Controller der Playstation 3 – ferner kam der Framebuffer-Treiber für die PS3 hinzu, einige andere PS3-spezifische Treiber fehlen jedoch weiterhin. Erstmals kennt 2.6.21 die Celleb-Architektur der Cell-Blades von Toshiba.

Zahlreiche Netzwerk-Treiber wie e1000, sky2 wurden aktualisiert; neu dabei sind unter anderem das Modul atl1 für verschiedene, unter anderem auf einigen neueren Mainboards gelegentlich zu findende Netzwerk-Chips von Attansic. Rausfliegen aus dem Kernel soll hingegen bald der durch sky2 und skge ersetzter Treiber sk98lin.

Auswahl wichtiger Änderungen bei Netzwerk-Treibern

Treiber

Zuständig für

Kurze Beschreibung wichtiger Änderungen

atl1

Attansic 1000M Ethernet Network Driver

Erstmals enthalten

cxgb3

Chelsio Communications T3 10Gb Ethernet

Erstmals enthalten

dm9601

Davicom DM9601 USB Ethernet

Erstmals enthalten

e1000

Intel(R) PRO/1000 Network Driver

Version 7.3.20-k2

qla3xxx

QLogic ISP3XXX Network Driver

Unterstützung des Qlogic 4032

gigaset

Driver for Gigaset 307x

Unterstützung von M101

sc92031

Silan SC92031 PCI Fast Ethernet Adapter driver

Erstmals enthalten

sk98lin

Marvell Yukon Gigabit Ethernet driver

Rausschmiss geplant

skge

SysKonnect Gigabit Ethernet driver

Version 1.10

sky2

Marvell Yukon 2 Gigabit Ethernet driver

Version 1.14

Im libata-Subsystem arbeiteten die Entwickler an der ACPI-Unterstützung – das soll den Suspend-/Resume-Support generell wie auch beim Einsatz von Festplatten-Passwörtern verbessern. Aufgrund von größeren Problemen wurde die Unterstützung jedoch teilweise wieder deaktiviert und soll erst mit 2.6.22 richtig zum Einsatz kommen. Zahlreiche ATA-Treiber erfuhren Überarbeitungen und Verbesserungen, darunter Unterstützung für die 966-Southbridges von SiS sowie ein neuer Treiber für den it8213 von ITE. Das Audio-Framework wurden auf die Alsa-Version 1.0.14-rc3 aktualisiert und bringt neben zahlreichen Workarounds für Notebook-Audio-Chips und Unterstützung für die HDA-Codec-Chips von Connexant das für Embedded-Umgebungen interessante ALSA System on Chip (ASoC) mit. Im V4L/DVB-Subsystem wurde das SN9C102-Modul stark überarbeitet und der BTTV-Treiber beherrscht nun cropping; hinzu kamen Treiber für Sigmateks DVB-110 DVB-T oder MSI Mega Sky 580 DVB-T sowie zahlreiche andere DVB-Peripherie. Blackberry-Geräte lassen sich nun über USB automatisch aufladen. Ferner gab es einen neuen Cpufreq-Treiber für VIAs Prozessoren mit der Takt- und Spannungsanpassungstechnik Longhaul.

In den nächsten zwei Wochen nehmen die Entwickler die größten Neuerungen für 2.6.22 auf, um nach der dann anstehenden Veröffentlichung von 2.6.22-rc1 in die rund sechs- bis achtwöchige Stabilisierungsphase überzugehen. An Neuerungen steht für 2.6.22 schon wieder einiges in Wartestellung und dürfte sich zu großen Teilen bereits im von Andrew Morton gepflegten mm-Entwicklerkernel finden.

Darunter befindet sich der von Devicescape in mac80211 umbenannte neue WLAN-Stack, der Huckepack eine Reihe neuer und aktualisierter WLAN-Treiber mitbringt. Das dürfte die Unterstützung für WLAN-Hardware unter Linux deutlich verbessern – ein Grund, warum die in den nächsten Wochen erwarteten neuen Distributionen Ubuntu 7.04 und Fedora den neuen Stack bereits mitbringen wollen. Ob der neue WLAN-Stack es aber schon in 2.6.22, schafft ist noch nicht absehbar.

Die um die Integration buhlenden Virtualisierungstechniken Xen und lguest schafften die Aufnahme in 2.6.21 nicht, haben aber beide wohl gute Chancen, den Sprung in 2.6.22 zu schaffen. Wie es mit dem im mm-Kernel schon lange enthaltenen Reiser4 weitergeht, bleibt ungewiss – ein Reiser4-Fanboy versuchte auf der LKML die Entwickler zur Aufnahme des Dateisystems zu bewegen, stieß mit seiner Art jedoch wie schon einige seiner Vorgänger auf wenig Gegenliebe.

Diskutiert wurde in den vergangenen Wochen auf der Linux Kernel Mailing List (LKML) viel über den Umstieg auf einen neuen Prozess-Scheduler. Zwischendurch sah es sogar so aus, als solle schon die nächste Kernel-Version auf den im wesentlichen von Con Kolivas vorangetriebenen und mittlerweile in "Staircase deadline scheduler" umbenannten RSDL-Scheduler setzen – er soll einfacher gehalten sein und Systemzeit fairer an die laufenden Prozesse verteilen. Bei Tests wurden jedoch einige Settings gefunden, wo der RSDL deutlich schlechter als der aktuelle Scheduler arbeiten soll.

Wenig später stellte dann Ingo Molnar, Entwickler des derzeitigen O(1)-Schedulers, mit dem Modular Scheduler Core and Completely Fair Scheduler (CFS) einen genau wie RSDL von Grund auf neu entwickelten Scheduler vor, der unter anderem Ideen von RSDL übernimmt. CFS und RSDL sind derzeit wohl die prominentesten und am meisten diskutierten Scheduler – es gibt aber noch andere, die in den vergangenen Monaten von verschiedenen Programmierern entwickelt wurden. Den derzeitigen Scheduler dürfte aber nur einer beerben, da sich Torvalds und einige andere Entwickler gegen die Aufnahme mehrere Prozess-Scheduler ausgesprochen haben. Welcher letztendlich das Rennen macht, dürfte sich in den nächsten Wochen während der Entwicklung der Kernel-Revisionen 2.6.22 und 2.6.23 zeigen.


Linux 2.6.21 steht ab sofort über kernel.org zum Download bereit; etwa bzip2 komprimiert als Patch gegen die Vorgänger oder als komplettes Archiv. Bald dürften dann auch die deutschen Spiegelserver nachziehen und den Patch oder das komplette Archiv bereithalten.

Sämtliche Änderungen listet das detaillierte Changelog auf – die wichtigen fasst zudem das Kernelnewbies-Wiki ausführlich zusammen. Es bietet auch einige weiterführende Links zu den jeweils relevanten Änderungen in Quellcode-Verwaltungssystem des Kernels sowie teilweise auch zu detaillierten Beschreibungen der betroffenen Techniken. (thl/c't) (thl)