Die Neuerungen von Linux 2.6.22

Seite 2: Die Neuerungen von Linux 2.6.22

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Erstmals wird 2.6.22 den ivtv-Treiber für den Conexant cx23415/6 MPEG-Encoder/Decoder mitbringen, den etwa Hauppauge auf den WinTV-PVR-Modellen 150, 250, 350 und 500 einsetzt. Satte vier Jahre habe das laut Patch-Beschreibung gekostet. Neben dem ebenfalls neuen Video-4-Linux-2-Treiber zr364xx für Webcams mit Zoran 364xx-Chips erfuhren zahlreiche andere V4L-Treiber kleinere und größere Veränderungen.

Weitere wichtiger Änderungen bei Treibern
Art
TreiberZuständig fürWichtige Änderungen
Storage
ahciAHCI-ATA-KontrollerZusätzliche PCI-ID für VIA VT8251
pata_hpt3x2n
Highpoint-Chips
Unterstützung für HPT371N
pata_via
VIA-PATA-ControllerZusätzliche PCI-IDs für verschiedene Geräte
sata_mv
Marvell-SATA-Chips Unterstützung für 7042
sata_via VIA-SATA-Controller
Zusätzliche PCI-IDs für verschiedene Geräte
sun_esp Sun ESP SCSI-Adapter Komplette Überarbeitung (Version 2.0)
Netzwerk
bnx2 Verschiedene Broadcom NetXtreme-II-Modelle Unterstützung von 5709 Serdes PHY, Verbesserungen am Suspend-Handling
zd1211rw
WLAN-Hardware mit ZyDas-Chips
Unterstützung von AL7230B RF, Sitecom WL-117, ZyXEL AG-220 und ZyXEL AG-225H v2
Hardware-
Monitoring
hwmon-vid
 VIA-Chipsätze
Unterstützung für VIA Esther
i2c-nforce2
I2C-Interface von nForce-Chipsätzen
Unterstützung für MCP61 und MCP65
ibm-acpi
IBM-Notebooks
Unbenannt in thinkpad-acpi, verschoben und sysfs-Anpassungen
sony-laptopSony-NotebooksVerschiedene wie Bluetooth-Aktivierung, Lüfterregelung und Motion-Eye-Unterstützung
sony-piSony-NotebooksVerweis auf sony-laptop
Grafik und Video
radeonfb
ATI-Radeon-
Framebuffertreiber
Unterstützung für Radeon Xpress 200m
SN9C1xx
V4L2 driver für SN9C1xx PC Camera Controllers
Umfangreichere Änderungen

Das Libata-Framework kann nun korrekt mit Festplatten umgehen, die einen geschützten Bereich (HPA; Host Protected Area) enthalten. Zahlreiche Korrekturen gab es an den noch recht jungen libata-PATA-Treibern; etwa solche die die Master-/Slave-Erkennung oder die ATA-Kabel-Erkennung verbessern sollen. Ferner wurde die Fehlerbehandlung verbessert. Entfernt wurde ein Mechanismus, der die Treiber-Zuständigkeiten für Intel-ATA-Controller regelte – in Zukunft kümmert sich schlicht der zuerst geladene Treiber um das jeweilige Gerät.

Die Alsa-Treiber aktualisierten die Entwickler auf die Version 1.0.14 und integrierten dabei zahlreiche Mainboard- und Notebook-spezifische Workarounds ebenso wie Unterstützung für einige neue HDA-Codecs wie dem ALC662. Bald rausfliegen sollen hingegen einige ältere OSS-Treiber wie i810_audio oder via82cxxx_audio – daran dürfte auch der auf der LKML geäußerte Wunsch eines Entwicklers nichts ändern, nach der vor einigen Wochen erfolgten Freigabe des Open Sound System (OSS) unter der GPLv2 nun doch Alsa wieder aus dem Kernel zu werfen.

Hinzugestoßen sind ferner ein Hardware-Monitor-Treiber für die Temperatursensoren von Intels Core-Prozessoren sowie der Treiber applesmc für den Apple System Management Controller in Macs mit Intel-CPUs. Neu dabei ist ein WLAN-Treiber für die im OLPC-Laptops eingesetzten Libertas-WLAN-Chips von Marvell. ATA-Treiber für ATIs SB700-Southbridge und Nvidia-Chipsätze MCP73 und MCP77 kamen hinzu sowie DRM- und AGPGart-Treiber für Intels Chipsätze G33, Q33, Q35, 945GME und 965GME/GLE. Erstmals enthalten ist auch ein Treiber für ConnectX-InfiniBand-Adapter. Ferner gab es mit arkfb, vmlfb und vt8623fb drei neue Frambuffertreiber für Hardware von ARK Logic, Intel und VIA.

Nach der Veröffentlichung von 2.6.22 startet nun die zirka zwei Wochen lange Phase, in der die Entwickler die größten Änderungen für die nächste Kernel-Version integrieren. Zahlreiche Programmierer haben dafür bereits Patches ausgearbeitet, die Andrew Morton zu Testzwecken zumeist bereits in den von ihm gepflegten mm-Entwicklerkernel integriert hat.

Zu den in den vergangenen Wochen im mm-Kernel getesteten Techniken gehören zwei neue Prozess-Scheduler. Beide versprechen, die zu Verfügung stehenden Prozessorzeit auf faire Weise an die Programme zu verteilen. Zwei mit der selben Priorität um den Prozessor konkurrierende Prozesse sollten daher jeweils 50 Prozent der zur Verfügung stehenden CPU-Zeit bekommen; mit dem bisherigen CPU-Scheduler konnte es passieren, das einer der Prozesse weniger Zeit bekommt.

So wie es derzeit aussieht, wird der Completely Fair Scheduler (CFS) den bisherigen Scheduler ersetzen; beide hat Ingo Molnar entwickelt. Da die Linux-Entwickler zum Ausdruck brachten, nur einen Prozess-Scheduler im Kernel haben zu wollen, zieht der von Con Kolivas entwickelte Staircase CPU Scheduler dann wohl den Kürzeren; dabei setzte er bereits vor CFS auf den fairen Ansatz zur Verteilung der Rechenzeit und inspirierte Molnar zu CFS. Kolivas scheint über diese Entwicklung enttäuscht zu sein; da er wohl auch unzufrieden ist, dass es auch einige andere seiner Ideen es nicht in den offiziellen Kernel geschafft haben, will er sich von der Mitarbeit am Linux-Kernel wohl zurückziehen.

Für die mit 2.6.21 integrierten High Resolution Timer und den darauf aufsetzenden Dynamic Ticks liegen für 2.6.23 zahlreiche Patch bereit, die neben einigen Korrekturen und Verbesserungen auch Unterstützung für x86_64 nachrüsten. Auch bei der Virtualisierungstechniken liegen einige größere Patches für 2.6.23 bereit; so soll es bei KVM wieder einmal einige einige Änderungen geben. Von Xen wollen die Entwickler wohl eine abgespeckte Variante aufnehmen; und auch die Lguest-Programmierer dürfen auf eine Integration ihrer Entwicklung in den nächsten Kernel hoffen.

Ferner wurden Verbesserungen am noch experimentellen ext4-Dateisystem für 2.6.23 vorbereitet; mit LogFS steht zudem ein neues Dateisystem für Flash-Speichermedien bereit. Ob diese beiden und andere Neuerungen wie etwa Utrace den Sprung in 2.6.23 schaffen, muss sich aber erst zeigen. Die Entwickler der SATA-Treiber arbeiten derweil an besserer Unterstützung des Power-Management speziell im AHCI-Treiber; das soll auf einigen Notebooks den Stromverbrauch um ein Watt reduzieren können. Bis diese Verbesserungen in den Standard-Kernel einziehen dürften aber noch einige Monate vergehen. Diskutiert wird auch die Integration des von Novell forcierten Sicherheitsframeworks AppArmor – Andrew Morton spart dabei aber nicht mit Kritik in Richtung des Linux-Distributors und ist noch unsicher, wie er weiter verfahren will.

Einige Entwickler arbeiten an einem neuen Grafiksubsystem für den Kernel. Es soll den Zugriff auf die Grafikkarte einheitlich regeln, bei dem sich bisher Framebuffer-Treiber, Direct Rendering Manager und X-Server beim Zugriff ins Gehege kommen konnten. Auch die Einstellung der Bildschirmauflösung soll das noch in der Anfangsphase befindliche Subsystem übernehmen. Dadurch wäre der Kernel prinzipiell in der Lage, bei einem fatalen Fehler einen "blue penguin of death" mit Fehlerinformationen anzuzeigen. Bislang gilt: Während der X-Server die Kontrolle über die Grafikhardware hat, kann der Kernel bei einem schwerwiegenden Problem allenfalls die LEDs der Tastatur in Panik blinken lassen.

Um die Kernel-Lizenz wurde in den vergangenen Wochen wieder viel diskutiert; über tausend Mails kamen alleine unter dem Subjekt "Dual-Licensing Linux Kernel with GPL V2 and GPL V3" in den vergangenen Wochen über die Linux Kernel Mailing List. So wie es derzeit aussieht, bleibt aber fürs erste alles, wie es ist: Der Linux-Kernel steht unter der GPL-Version 2 und wird nicht auf die Ende Juni erschienene Version 3 der Lizenz umschwenken. So umstritten wie das Thema war, dürften die Kernel-Entwickler und so mancher IANAL aber noch das ein oder andere Mal über das Thema heiß diskutieren. (thl/c't)


Linux 2.6.22 steht ab sofort über kernel.org zum Download bereit; etwa bzip2 komprimiert als Patch gegen 2.6.21 oder als komplettes Archiv. Bald dürften dann auch die deutschen Spiegelserver nachziehen und den Patch sowie das komplette Archiv bereithalten.

Sämtliche Änderungen der neuen Linux-Version listet das detaillierte Changelog auf. Einen gestrafften, aber ausführlichen Überblick über die wichtigen Anpassungen bietet das Kernelnewbies-Wiki. (thl)