"Jagged Alliance 3" angespielt: Spannende Rundentaktik mit Retro-Flair

Eckig, kantig, gut. Das Rundentaktikspiel "Jagged Alliance 3" ist nicht so ausgereift wie "XCOM", kann aber spielerisch locker mit dem Platzhirsch mithalten.

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(Bild: THQ Nordic)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Über 20 Jahre nach dem zweiten Teil und einige Jahre nach ein paar Fan-Upgrades kehrt mit "Jagged Alliance 3" ein Genreklassiker zurück. Vergessen ist das durchwachsene Quasi-Remake "Back in Action", im dritten Teil dominiert wieder die klassische Iso-Perspektive und ein herausfordernder Mix aus Rundentaktik und Rollenspiel, der sich bei Figuren und Szenario an Söldnerfilmen der 70er- und 80er-Jahre bedient.

In Grand Chien ist der Teufel los. Der kleine Staat irgendwo in Süd- oder Mittelamerika steht an der Grenze zur Revolution. Als der Präsident entführt wird, engagiert seine Familie eine Söldnertruppe, um ihn zu befreien. Überall wimmeln zwielichtige Gestalten, fanatische Revoluzzern und Diamanten, die einen neuen Besitzer suchen. Als Söldner müssen wir nicht nur waghalsige Missionen überstehen und weitreichende Entscheidungen treffen, sondern auch einen Blick auf unsere Finanzen werfen. Ohne die nötige Kohle sind die Treue-Versprechen unserer Söldner nämlich keinen Pfifferling wert.

"Jagged Alliance 3" angespielt (5 Bilder)

Sperriger Einstieg, großer Spielspaß: Mit "Jagged Alliance 3" wird für Genre-Fans ein Traum wahr.
(Bild: heise online)

In den Anspielstunden war die Story überladen mit Klischees, die irgendwo zwischen Satire und brutalem Ernst schwanken. Da gibt es den wortkargen Arnold-Schwarzenegger-Verschnitt neben dem idealistischen Freiheitskämpfer. Oder den fehlgeleiteten Sohn, der von unseren Söldnern erst wieder bekehrt werden muss.

Aber die Stärken liegen ohnehin nicht in der Story, sondern im ausgefeilten Spielprinzip. Wie in den ersten beiden Teilen engagieren wir Söldner, rüsten sie aus und ziehen mit ihnen von einem Landkartenabschnitt zum Nächsten. In den Haupt- und Nebenmissionen müssen wir die Revolutionäre immer weiter zurückdrängen. Meistens läuft es darauf hinaus, alle Gegner in einer Mission zu besiegen, um dann weiterzuziehen. Während wir anfangs nur über eine kleine Insel streifen, wird die Spielwelt später immer größer: Häfen verbinden Inseln, Diamantminen sorgen für den nötigen Geldnachschub und Milizen müssen ausgebildet werden, um den Angriff der Revolutionäre zurückzuschlagen.

Die Kämpfe können manchmal automatisch ausgehandelt werden oder laufen im typischen Rundentaktikstil ab: Wir positionieren unsere Söldner, nehmen die Gegner in die Zange und versuchen sie mit unseren Spezialfähigkeiten auszuschalten. Der Präzisionsschütze versucht es aus der Ferne, der Sprengstoffexperte entschärft ein paar Minen. Die Söldner können außerdem schleichen und den Feind mit einem geschickten Messerwurf erledigen.

Die Gegner erweisen sich als hartnäckig. Aufmerksam und aggressiv lassen sie kaum Schleichangriffe zu und sind treffsicher. Sind trotz aller Hindernisse die Gegner ausgelöscht, gibt es nicht nur ein wenig Beute, sondern auch Erfahrungspunkte, mit denen wir beim Stufenaufstieg die Attribute der einzelnen Söldner und Söldnerinnen verbessern können.

Ein Sieg hilft aber wenig, wenn am Ende des Tages die Kassen leer sind. Die Söldner können nur für ein paar Tage gebucht werden. Läuft der Vertrag aus, muss neu verhandelt werden. Wenn dann regelmäßige Einnahmen fehlen, ist das Spiel schnell vorbei. Nebenbei müssen wir ständig kostenpflichtige "Operationen" durchführen: Verbündete heilen, Milizen ausbilden, Waffen reparieren oder Sprengstoff herstellen. Schon nach wenigen Spielminuten sorgen diese Verwaltungsarbeiten für Stress im anstrengenden Söldnerleben.

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Im Gegensatz zu "XCOM" nimmt uns das Spiel nicht an die Hand. Es geht gleich zur Sache. Die Kämpfe sind knackig und die Finanzen ständig knapp. Hilfestellungen gibt es nur über ein paar Texteinblendungen. Dazu kommt ein sperriges User-Interface, das zwar funktionell, aber nicht so elegant wie in "XCOM" ist. Vieles müssen sich Spieler ohne Hilfe erarbeiten, bis sie ihre Söldnertruppe sicher von einem Gefecht zum nächsten führen. Im Menü können die Spieler ihren Schwierigkeitsgrad anpassen und einen "Einfachen Modus" aktivieren, bei dem sich die Söldner schneller regenerieren.

Neben der Story-Kampagne bietet das Spiel einen Koop-Modus, den wir aber nicht getestet haben. Auch ein großes Thema: Mod-Support. Nach dem Launch sollen die Spieler die gleichen Tools bekommen wie die Entwickler. Besonders die Modding-Möglichkeiten machten den Vorgänger zu einem Kult-Klassiker. Ist dann endlich aber alles fertig, dürfte "Jagged Alliance 3" zu einem echten Rundentaktikbrocken werden, der besonders Genre-Kenner und Fans des Originals begeistern wird.

Haemimont Games liefert die Blaupause für den Neustart eines Spielklassikers. "Jagged Alliance 3" ist ein spannender und würdiger Nachfolger, der mit seinem Mix aus Rundentaktik und Rollenspiel auch heute noch begeistert. Im Vergleich zu "XCOM" ist die Einstiegshürde selbst auf dem "normalen" Schwierigkeitsgrad höher, aber dafür ist ein hart erarbeiteter Sieg umso befriedigender. Die anspruchsvollen Missionen und die große Spielwelt bieten Spielspaß für Wochen. Da macht es wenig aus, dass die Spieler erstmal mühsam die Einstiegshürden überwinden müssen. "Jagged Alliance 3" ist ein Genre-Höhepunkt, den sich die Fans nicht entgehen lassen sollten.

"Jagged Alliance 3" erscheint am 14. Juli für Windows. USK ab 16. Es kostet ca. 40 €.

(dahe)