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Objektive für Spiegelreflex im Test: So gut sind günstige Linsen wirklich 135 Kommentare

Thomas Hoffmann

Weg von Canon, Nikon & Co., hin zu Samyang, Irix und Laowa? Objektive für Spiegelreflex- und Systemkameras von Fremdherstellern sind günstig und besser als ihr Ruf.

Kleine Preise, große Leistung: Das versprechen weniger bekannte Objektivhersteller wie Samyang, Irix oder Laowa. Sie wollen eine Alternative zu den meist teureren Linsen von Kameraherstellern wie Canon, Nikon oder auch Sony bieten. Außerdem gehen sie in direkte Konkurrenz zu etablierten Objektivbauern wie Zeiss, Sigma und Tamron.

Wie gut sie mittlerweile ihr Handwerk beherrschen, haben wir an der Spiegelreflexkamera Canon EOS 5D Mark IV getestet. Mit ihrem Vollformatsensor und ihrer Auflösung von 30 Megapixeln stellt sie hohe Ansprüche an das ihr vorgeschraubte Glas. Die von uns getesteten Objektive sind allesamt Festbrennweiten und kommen von Irix, Laowa, Samyang und Walimex:

Alle Objektive bewegen sich in einem Preisrahmen von etwa 270 bis 750 Euro und decken Brennweiten vom extremen Weitwinkel bis hin zum moderaten Tele ab. Ihre konkreten Preise hängen dabei auch vom Kameraanschluss ab, denn die Objektive sind für die verschiedensten Bajonette zu haben. In der Tabelle auf Seite 5 finden Sie weitere Informationen dazu.

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Eines haben alle unsere Testkandidaten gemeinsam – und das ist wohl ihr größter Nachteil: automatisch fokussieren. Fotografen müssen selbst scharfstellen. Und auch die Blendeneinstellung sollten Sie stets genau im Blick behalten. Viele Günstig-Objektive geben hierzu keine Infos an die Kamera weiter. Eine elektronische Verbindung fehlt etlichen Modellen. Mithilfe eines Blendenrings am Objektiv bestimmen Fotografen daher selbst, wie weit es sich öffnet. Auch in den Exif-Daten der Raw- oder JPEG-Files finden sich daher keine Informationen über die gewählte Blende.

Für Landschafts- und Architekturfotografen kann sich ein Blick auf die neuen Irix-Objektive 11 mm f/4.0 [2] und 15 mm f/2.4 lohnen. Wer sich eher auf Reportage- beziehungsweise Streetphotography versteht, wirft dazu am besten noch einen Blick auf das Walimex pro 35 mm f/1.4.

Unter dem Namen Irix bietet das Schweizer Unternehmen TH Swiss außer Objektiven auch die passenden Filter an. Der selbstgesteckte Qualitätsanspruch ist hoch. Entsprechend gibt es die Objektive auch in zwei Varianten: Als Blackstone-Version sitzen sie im Metallgehäuse, als Firefly stecken sie im Plastiktubus und sind dann rund 100 Euro günstiger. Während wir das Irix 11 mm f/4.0 in der Blackstone-Variante getestet haben, orderten wir das Irix 15 mm f/2.4 als Firefly. Tatsächlich gefiel uns die Verarbeitung beider Varianten, beim Handling nehmen sie sich nichts. Ob Metall oder Plastik ist damit letztendlich eine Geschmacks- und Geldfrage.

Der Hersteller schützt Einstellringe und das Bajonett der Objektive mit einer Dichtung gegen Staub und Spritzwasser. Fokusring und der -Lock sind gerändelt. Das 11-Millimeter-Objektiv besitzt eine fest eingebaute Streulichtblende, das 15-Millimeter-Objektiv nicht. Dafür bietet Letzteres eine verschließbare Öffnung, über die ein adaptierter Filter verstellt werden kann. Bei beiden Objektiven können Fotografen einen Einschub am Bajonett außerdem mit den hauseigenen ND-Filtern bestücken.

Bildbeispiele: Irix 11 mm f/4.0, Irix 15 mm f/2.4, Walimex pro 35 mm f/1.4 (9 Bilder) [3]

[4]
Zentrale Auflösungsleistung des Irix 11 mm f/4.0

oben: f/4.0

unten: f/8.0

Walimex lässt seine Objektive unter anderem vom Samyang fertigen. In unserem Test tritt das Walimex pro 35 mm f/1.4 an. Es muss sich in Sachen Verarbeitung nicht hinter den beiden Irix-Modellen verstecken. Es überzeugte uns mit einer soliden Verarbeitung und seinem Metallbajonett. Ein weiterer Pluspunkt: Wie die Irix-Modelle teilt es Blendeneinstellungen mit der Kamera, sodass man sie auch von dort aus verändern kann. Damit kommen diese Objektive dem gewohnten Handling am nächsten. Wetterfest ist das Walimex pro nicht.

Die drei weitwinkeligsten Objektive im Test sind auch die drei besten. Gerade die beiden Irix-Objektive zeigen zentral bereits bei Offenblende eine vergleichsweise hohe Abbildungsleistung – wobei das 15-Millimeter-Objektiv bedingt durch seine größere Blendenöffnung von f/2.4 etwas schlechter abschneidet. In den Randbereichen hapert es allerdings, abblenden hilft zumindest etwas. In den Testbildern zeigt sich die Eckenschwäche deutlich in unscharf wirkenden Details, aber auch in Farbsäumen und der Randabschattung. Wer sein Foto komponiert, sollte sich mit den Irix-Objektiven also auf die Bildmitte konzentrieren.

Das Walimex pro startet bei Offenblende insgesamt etwas schwächer mit einem weichen Bildlook. Ab etwa f/4.0 legt das 35er dann aber deutlich zu und zeigt ein knackscharfes Ergebnis über den gesamten Bildbereich. Das 35er hingegen bietet schon ab f/4.0 ein durchgängig scharfes Bild in dem auch Bildfehler praktisch kaum eine Rolle spielen.

Der koreanische Hersteller Samyang, der auch für andere Marken fertigt, lieferte für unseren Test zwei Brennweiten, die wohl in keinem Fotokoffer fehlen dürfen: das universelle 50 mm f/1.4 sowie das klassische Porträtobjektiv 85 mm f/1.4. Vom chinesischen Hersteller Laowa hingegen kommt mit dem 105 mm f/2 ein echter Porträtspezialist. Es bringt für besonders weiche Unschärfeübergänge ein zweites Blendenelement im Strahlengang unter, das Fotografen mithilfe eines zweiten Blendenrings steuern.

Laowa steckt es in einen Metalltubus, verarbeitet es überzeugend. Besonders gut hat uns der weite Drehwinkel des Fokusrings gefallen, mit dem Fotografen Schärfepunkte besonders präzise setzen können. Die Samyang-Objektive können in den Details nicht ganz mithalten. Auch sie sind grundsätzlich gut verarbeitet – das Bajonett besteht aus Metall, das Gehäuse aus Plastik. Die Fokusringe sind angenehm griffig. Weniger überzeugend gestaltet der Hersteller den Blendenring, der nur sehr flach ist und zudem nah am Kameraanschluss sitzt. Bei unseren Testgeräten reagierte so lax, dass er schnell einmal mehrere Blendenstufen übersprang.

Bildbeispiele: Samyang 50 mm f/1.4, Samyang 85 mm f/1.4, Laowa 105 mm f/2 (10 Bilder) [5]

[6]
Zentrale Auflösungsleistung des Samyang 50 mm f/1.4

oben: f/1.4

unten: f/2.8

Bei ihrer Abbildungsleistung sind sich die drei Objektive ähnlich: Sie zeigen bei ihrer hohen Offenblende ein weiches, eher flaches Bild. Abblenden bringt insgesamt mehr Schärfe und Kontrast – auch in den Randbereichen. Das 50er zeigt seine beste Leistung bei f/5.6. Beim 85er kam es mit unserer Testkamera immer wieder zu Problemen mit der Belichtungsmessung, sodass eine gleichmäßige Belichtung über die verschiedenen Blendenstufen kaum zu erreichen war. Das 105er Laowa legt bei f/4.0 auch in den Ecken zu. Feine Details, wie an den Nähgarnen in unserer Testszene, bildet es dann sehr exakt und plastisch ab. Der Effekt der zweiten Blende ist stark von Motiv und Fokuseinstellung abhängig.

Auch bei Makro-Objektiven kann ein Blick auf die Fremdhersteller lohnen, allerdings müssen Fotografen Kompromisse eingehen. In unserem Test tritt hier das Laowa 60 mm f/2.8 an. Es bietet einen Abbildungsmaßstab von 2:1 an der Naheinstellgrenze und vergrößert leicht. Das Walimex pro 100 mm f/2.8 hingegen bringt „nur“ einen Abbildungsmaßstab von 1:2 mit. Es fühlt sich deshalb auch unter Menschen als Porträtobjektiv besonders wohl. Beide Objektive bleiben stumm und teilen keine Blendeninformationen mit der Kamera.

Bildbeispiele: Laowa 60 mm f/2.8 Ultra-Macro 2:1, Walimex pro 100 mm f/2.8 (6 Bilder) [7]

[8]
Zentrale Auflösungsleistung des Laowa 60 mm f/2.8 Ultra-Macro 2:1

oben: f/2.8

unten: f/5.6

Die Verarbeitung des Laowas hat uns gut gefallen. Tubus und Bajonett fertigt der Hersteller aus Metall, Blenden- und Fokusring laufen mit einem angenehmen Widerstand. Um Staub im Objektiv auszuschließen, liefert der Hersteller einen Schutzfilter mit. Das erscheint uns auch sinnvoll, denn beim Fokussieren Richtung Unendlich wird eine Menge Luft bewegt. Das Walimex-Objektiv kann in Sachen Verarbeitung nicht mithalten. Sein Fokusring lief im Test etwas zu leichtgängig und auch der Blendenring wirkte im Gesamtbild etwas klapperig. Im Nahbereich ist das kein Problem, da bei Makros ein Einstellschlitten zum Einsatz kommt, bei Porträts kann das Fokussieren schwierig werden.

Grundsätzlich liefern Testkandidaten eine vergleichsweise gute Bildqualität. Jedoch wirken unsere Aufnahmen bei Offenblende weicher. Beim Laowa fällt zudem eine heftige Verzeichnung negativ auf, das 100er kämpft mit einer deutlichen Eckenschwäche. Abblenden bringt mehr Schärfe und Kontrast ins Bild. Das 60er zeigt sich als Makro-Spezialist, entsprechend fühlt es sich jenseits der Naheinstellgrenze unwohler: Richtung unendlich verschiebt sich die Linsenkonstruktion im Objektivtubus deutlich in Richtung Kamera und bietet dann nur noch an APS-C mit kleinerem Bildkreis ein Ergebnis ohne Randabschattung.

Wer sein fotografisches Metier im entschleunigten Komponieren von Landschafts- oder Architekturfotos, von Stillleben oder Porträts gefunden hat, sollte in jedem Fall einen Blick auf die weniger präsenten Fremdhersteller werfen. Nicht nur, dass man bares Geld sparen kann, auch Brennweiten-Blenden-Kombinationen die der bekannte Kamerahersteller nicht im Programm hat, können hier erhältlich sein. Allerdings raten wir vor dem Kauf zu einem ausgiebigen Test an der eigenen Kamera, denn Fotografen müssen auf Komfort verzichten: Der fehlende Autofokus bei allen getesteten Modellen sorgt für ein deutlich entschleunigtes Arbeiten. Auch die Wahl der Blende über den Blendenring am Objektiv ist für viele erst einmal ungewohnt, wenn auch verschmerzbar. Hier erleichtern die beiden Weitwinkel-Objektive von Irix und das 35-er von Walimex die Arbeit, als einzige im Testfeld bieten sie eine elektronische Blendensteuerung. Vergeblich suchen Fotografen bei allen Kandidaten einen Bildstabilisator.

Alle Objektive auf einen Blick: Mit ihren großen Frontlinsen stechen die Weitwinkelspezialisten von Irix (ganz links und ganz rechts) deutlich aus dem Testfeld hervor.

Alle Objektive auf einen Blick: Mit seiner großen Frontlinsen sticht der Weitwinkelspezialist von Irix 11 mm f/4.0(ganz links) aus dem Testfeld hervor.

Was uns in unserem Test besonders negativ aufgefallen ist, ist die inkonsistente Belichtung der Fotos. Mit der von uns verwendeten Canon EOS 5D Mark IV gab es je nach Blendenwahl unterschiedlich belichtete Bilder. Das reichte von einer leichten Unterbelichtung bei Offenblende bis zu deutlich überbelichteten Bildern im abgeblendeten Zustand. Hier muss man wirklich jedes Bild kontrollieren und gegebenenfalls die Kameraeinstellungen korrigieren. Zudem sollte man konsequent im RAW-Format fotografieren, um in der Bildbearbeitung mehr Spielraum für Korrekturen zu haben. Nichts zu meckern gab es bei der Verarbeitung, alle Kandidaten gefallen mit gleichmäßigen Spaltmaßen und gut integrierten Bedienelementen.

Beim Blick auf die Preise entpuppt sich nicht unbedingt jedes Objektiv als Schnäppchen. So erhält man beispielsweise das Canon EF 50 mm f/1.4 [9] für etwa 300 Euro – Autofokus und Blendensteuerung durch die Kamera inklusive. Das Pendant von Samyang kostet etwa 90 Euro mehr. Umgekehrt lässt sich mit dem Samyang 85 mm f/1.4, dem Walimex pro 35 mm f/1.4 oder dem Irix 11 mm f/4.0 richtig Geld sparen. Denn wenn es überhaupt vergleichbare Objektive von Canon gibt, kosten diese teils weit über 1000 Euro. Wir haben hier nur mit dem Angebot von Canon verglichen. Da es die Fremdobjektive aber mit Anschluss für weitere zahlreiche Systeme gibt, kann die Ersparnis von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich hoch ausfallen.

Objektive für Spiegelreflex im Test: So gut sind günstige Linsen wirklich

Bleibt noch der Blick auf die Bildqualität. Hier konnten uns einige der Objektive richtig überraschen. So zum Beispiel das Laowa 105 mm f/2.0, das nicht nur mit hoher Auflösung und guter Fehlerkorrektur überzeugen konnte, sondern den kreativen Spielraum mit seiner zweiten Blende noch erweitert.

Auch das Walimex pro 35 mm f/1.4 ist aufgrund seiner hohen Schärfe über das komplette Bildfeld einen Blick wert. Wer die Optik allerdings für Street- und Reportagefotografie einsetzen möchte, muss sich im manuellen Fokussieren üben.

In unserer Tabelle sehen Sie noch einmal die wichtigsten Objektivdaten im Überblick.

In unserer Tabelle sehen Sie noch einmal die wichtigsten Objektivdaten im Überblick.

(ssi [10])


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