"Palworld" angespielt: Routiniert wie seelenlos
In "Palworld" trifft "Pokémon" auf Survival-Action im Stil von "Ark". Eine erfolgreiche Mischung, die sich an Ideen anderer bereichert.​
Kurz nach dem Start in den Early Access purzelten die Steam-Rekorde: Fast aus dem Nichts katapultierte sich das Survivalabenteuer "Palworld" des japanischen Entwicklungsstudios Pocketpair an die Spitze des Steamcharts. Mittlerweile spielten es 1,8 Millionen Steam-Spieler gleichzeitig, der zweithöchste Wert aller Zeiten. Aktuelle Verkaufszahlen liegen nach Angaben des Studios bei 7 Millionen – gerade mal eine Woche nach Release.
In "Palworld" erwachen die Spieler in einer riesigen Fantasy-Welt, die von sogenannten Pals bevölkert ist. Diese kleinen und großen Monster ähneln nicht von ungefähr den Pokémon aus Nintendos erfolgreicher Rollenspielsaga. Die Spieler müssen eine Basis bauen, die Pals zähmen und mit ihnen in den Kampf gegen andere Pals ziehen. Das Sammeln von Ressourcen übernehmen später die Pals und wenn die Basis angegriffen wird, verteidigen sie sich mit Feuerbällen und Blitzen.
Ein Spielziel gibt es nicht. Stattdessen bekommen die Spieler Missionen, in denen sie bestimmte Meilensteine beim Basenbau erreichen müssen. Anfangs ist es nur ein Bett für die Pals, später sind es Öfen, die Erz in Metall umwandeln. Die Bauzeit dauert immer ein paar Sekunden, die mit Hilfe der Pals aber etwas verkürzt werden. Mit jeder Aktion und jedem Kampf gewinnen die Pals an Erfahrung und lernen neuen Angriffstechniken oder erhalten mehr Lebenspunkte.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Pal-Sammelwut
Der große Reiz des Spiels liegt im Sammeln neuer Pals. Es gibt brave Schafe, bissige Katzenwesen und mächtige Flugdrachen. Insgesamt gibt es 113 verschiedene Typen. Zuerst müssen sie im Kampf geschwächt und dann mit einer sogenannten Pal-Sphäre gefangen werden – "Pokémon"-Spieler kennen das Prinzip. Die gezähmten Pals können dann in der Basis als willenlose Arbeiter eingesetzt werden oder in den Kampf ziehen. Fies: Die Pals lassen sich nicht nur jagen, sondern auch schlachten, die entsprechende Animation ist im Spiel aber verpixelt.
Idealerweise stellen die Spieler ein Team mit bis zu fünf Pals zusammen und gehen auf Erkundungstour. Im Kampf kann nur eines von ihnen kämpfen. Besonders bei größeren Dungeons oder Bosskämpfen müssen die Spieler eine erfolgreiche Mischung finden. Manche Angriffstechniken sind gegen bestimmte Gegner effektiver als gegen andere. Ein Game Over gibt es nicht: Stirbt die Figur, bleibt seine komplette Ausrüstung am Tatort liegen. Nach dem Respawn muss das Inventar nur aufgesammelt werden, um einen Neuanfang zu wagen.
Ungeschliffen, aber umfangreich
In den Kämpfen wird die der frühe Entwicklungsstatus am deutlichsten. Pals oder Gegner bleiben in Wänden hängen oder stellen einfach den Angriff ein. Manchmal konnten wir in unseren Anspielstunden einfach direkt neben ihnen gefahrlos vorbeirennen, später wurden wir angegriffen. Dazu kommen die üblichen EA-Mängel: fehlende Animationen und ein notdürftiges User-Interface, das den Spielfluss hemmt. Ruckler oder Abstürze hatten wir weder auf der Xbox- noch auf der PC-Version (Game Pass). Den Multiplayer-Modus haben wir nicht getestet.
"Palworld" angespielt (5 Bilder)
Abgesehen von den technischen Problemen bietet "Palworld" schon jetzt mehr Umfang und Abwechslung als Konkurrenten wie "Lego Fortnite". Die Anzahl der Pals ist schon jetzt groß, wird vermutlich noch wachsen und die Spielwelt ist riesig. Wir sind über Wälder und Wiesen gelaufen und durch Sümpfe bis zu Lava- und Eislandschaften gewandert. Die Bosskämpfe sind knackig und schnell packte uns die Pal-Sammelwut. Die Probleme liegen woanders.
Nichts an "Palworld" ist in irgendeiner Form originell. Das Sammeln und Zähmen der Pals kennen die Spieler vom großen "Nintendo"-Original oder aus "Ark". Sogar ihr Aussehen erinnert an Pokémon. Die Survival-Spielelemente sind der Genre-Standard, den man aus Spielen wie "Minecraft", "Valheim" und vielen anderen Genre-Vertretern schon zur Genüge kennt. Wenn dann noch beim Klettern die Luft ausgeht, kommt sogar ein Hauch "Zelda: Breath of the Wild" hinzu. Pocketpair nennt dazu noch Spiele wie "Fortnite", "Elden Ring" oder "GTA" als Vorbilder.
Ob "Palworld" jemals die Early-Access-Phase verlassen wird, ist auch nicht sicher. Pocketpair hat in dieser Hinsicht einen schlechten Ruf. Ihr Spiel "Craftopia" dĂĽmpelt seit 2020 im Early-Access herum. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.
Zwischenfazit
Wenn künstliche Intelligenzen Videospiele entwickeln würden, könnten sie wie "Palworld" aussehen: Ein Mix erfolgreicher Ideen, routiniert wie seelenlos umgesetzt. Pocketpair hakt alle Häkchen der erfolgreichen Originale ab und lässt sich nichts Neues dazu einfallen. Zumindest hat das Entwicklungsstudio bei der EA-Version nicht am Spielumfang gespart. Abwechslungsreiche Landschaften und die große Anzahl der Pals wecken die Entdecker- und Sammlerwut in den Spielern. Am Ende bleibt aber mehr als nur ein fader Beigeschmack – "Palworld" wird als erfolgreicher, aber uninspirierter Ideenklau in Erinnerung bleiben.
"Palworld" ist fĂĽr Windows und Xbox erschienen. Es ist im Game Pass-Ultimate enthalten. Das Spiel kostet ca. 30 Euro. USK nicht geprĂĽft. FĂĽr unser Angespielt haben wir die Xbox- und PC-Version im Game Pass gespielt.
(dahe)