Panasonic G110 im Kurztest: Kompakte Systemkamera mit Smartphone-Charme

Seite 2: Handhabung, WLAN und Fazit

Inhaltsverzeichnis

Auch beim Handling knüpft die G110 an Smartphones an, denn sie ist äußerst umfassend über ihren frei schwenkbaren Touchscreen steuerbar. Allein fünf Funktionstasten können Fotografen über das Display ansteuern und so mit Tipp- und Wisch-Gesten beispielsweise das Histogramm aufrufen oder Filtereffekte wählen und aktivieren. Im Menü lassen sich die Funktionen dieser Softbottons anpassen. Und natürlich können Sie mit einem Tipp auch fokussieren und auslösen. Ob der ganzen Einblendungen wirkt das Display zuweilen überladen. Wem es zu wuselig wird, der kann die Anzahl der angezeigten Elemente reduzieren oder auf die Live-View-Ansicht verzichten.

Das Gehäuse der Spiegellosen kommt dagegen sehr aufgeräumt daher, denn physikalische Bedienelemente verteilt Panasonic sparsam. Dennoch schafft es der Hersteller zwei Einstellrädchen unterzubringen – eines davon integriert in den Steuerschalter auf der Rückseite. Damit können die wichtigsten Parameter sehr schnell und komfortabel direkt verstellt werden: Belichtungskorrektur, ISO-Empfindlichkeit, Blende, Verschlusszeit und so weiter. Die Knöpfe auf der Oberseite sowie den "Papierkorb" legt Panasonic dabei als Funktionstasten an, sodass man ihnen über das Menü andere Aufgaben zuweisen kann. Neu ist dieses Bedienkonzept nicht, das Touch- und Tastensteuerung miteinander verbindet. Wer bereits mit den Lumix-G-Kameras vertraut ist, wird sich schnell zurechtfinden.

Die Panasonic G110 gründet nicht auf eine bereits bestehende Kamera-Serie. Dennoch dürften sich Panasonic-Fotografen schnell auf der kleinen Spiegellosen zurecht finden.

(Bild: Panasonic)

Das kleine Gehäuse liegt leicht und dank des Griffwulsts auf seiner Vorderseite sowie einer vergleichsweise großen Daumenmulde auf der Rückseite sicher in der Hand. Die Haptik ist der Preisklasse angemessen.

Über dem Klassendurchschnitt liegt der elektronische Sucher, bei dem wir dennoch hin- und hergerissen sind: Ja, seine Auflösung ist mit 1600 × 768 Bildpunkten vergleichsweise hoch und auch die 0,73-fache Vergrößerung passt. Allerdings fällt ein Grünstich ins Auge und er ist etwas dunkel und kontrastarm. Auch seine Reaktionszeit ist eher träge, sodass sehr schnell und deutlich Rolling-Shutter-Effekte zutage treten.

Gar nicht träge ist der Autofokus nach Kontrastmethode beziehungsweise Panasonics weiterentwickelter DFD-Technik (Depth from Defocus). Im Labor konnten wir eine Auslöseverzögerung von 0,3 Sekunden messen, womit sich die G110 bei den spiegellosen Systermkameras ins solide Mittelfeld einreiht. In der Einsteiger-Klasse kann es auch deutlich schneller gehen, wie Sonys A6100 hier mit einem Wert von 0,23 Sekunden beweist. Es kann allerdings noch viel gemächlicher laufen: Fujifilms X-A7 beispielsweise gönnte sich in unserem Labor 0,5 Sekunden.

Während unseres Tests zeigt der Autofokus außerdem eine ordentliche Treffsicherheit. Wenige Schwächen sind uns dennoch aufgefallen. Selbst, wenn er ein Motiv eigentlich sicher verfolgt, versichert er sich immer wieder einmal merkbar rück und misst nach. Das zeigt sich daran, dass er dann leicht hin- und her pumpt. Das fällt beispielsweise in Videoaufnahmen auf, wenn das Hauptmotiv kurz unscharf und dann wieder scharf wird.

Wie es sich für ein modernes Schweizer Taschenmesser gehört, besitzt die G100 WLAN und Bluetooth, um sich drahtlos mit dem Smartphone auszutauschen. Die dazugehörige App heißt "Lumix Sync". Sie ist für Android und iOS verfügbar.

Bluetooth nutzt die Spiegellose dazu, um sich mit dem Telefon zu koppeln und automatisch eine WLAN-Verbindung herzustellen. Durch den ersten Pairing-Vorgang führt die App. Das ist relativ selbsterklärend. Alternativ kann man auch eine Verbindung allein via WLAN herstellen.

Mit der App "Lumix Sync" wird das Smartphone zur Fernbedienung für die G110.

Dank der "Lumix Sync" können Fotografen ihre Aufnahmen direkt auf das Telefon übertragen und von dort aus weiterverteilen – beispielsweise in Soziale Netzwerke. Das geht sogar automatisch. Diese Funktion aktiviert man im Bluetooth-Menü der Kamera, übertragen werden die Daten dann allerdings via WLAN. Mit unserem Test-Smartphone, einem Samsung Galaxy S10 und Android 10, klappte das alles reibungslos.

Und dann funktioniert die App außerdem als Fernauslöser beispielsweise bei Nachtaufnahmen. Für diesen konkreten Fall müssen Fotografen die Kamera in den Manuellen Modus versetzen und die Verschlusszeit auf "T" einstellen. Dann öffnet sich der Verschluss, indem man den Fernauslöser drückt und schließt sich erst wieder, wenn man ihn erneut drückt (das klappt natürlich auch ohne App, direkt an der Kamera). Unendlich lange funktioniert das allerdings nicht. Die maximale Aufnahmedauer liegt bei 60 Sekunden.

Über die Fernbedinungsfunktion der App steuern Fotografen nicht nur den Verschluss, sondern passen alle wichtigen Belichtungsparameter an. Je nach voreingestelltem Modus sind das ISO, Blende, Belichtungszeit und Belichtungskorrektur.

Der Funktionsumfang der Panasonic Lumix G110 ist riesig – sowohl im Hinblick auf Foto als auch auf Video. Dabei ist sie vollgestopft mit Szenenprogrammen, Assistenten und Automatiken für wirklich jede erdenkliche Situation. Selbst das Szenario "Weiches Bild einer Blume" hat Panasonic nicht vergessen. Dabei beherrscht die Kamera auch Kunststücke für anspruchsvollere Aufgaben wie Reihen- und Serienaufnahmen in vielen Variationen. Wahrlich: Die G110 ist ein kleines Schweizer Taschenmesser.

Panasonic hat bei seiner G110 tatsächlich an jede erdenkliche Automatik gedacht. Sogar eine für "Weiches Bild einer Blume" gibt es.

Auffällig ist dabei, dass sie sich sowohl beim Handling als auch beim Bildstil durchaus an Smartphones orientiert. Das passt zur Zielgruppe Blogger und Vlogger. Alle, die in den Sozialen Netzwerken aktiv sind – auf Insta, TikTok oder Snapchat –, sollen zugreifen. Die Frage ist nur, ob sich das für sie tatsächlich lohnt.

Die G110 kostet derzeit samt Kit-Objektiv um die 700 Euro -- und anders als ein Smartphone kann sie dafür tatsächlich nur Inhalte aufnehmen. Bei Videoaufnahmen setzt sie sich nicht maßgeblich von Smartphones ab -- sowohl im Hinblick auf Bildraten als auch auf Sound-Optionen. Und Bildqualität dürfte im Netz nicht das ausschlaggebende Kriterium sein. Um Beiträge online zu stellen, müssen die G110-Aufnahmen dann außerdem eh noch den Weg über das Smartphone (oder den Laptop) nehmen.

Wer sich in diesem Bereich professionalisieren will, dem fehlen vielleicht entscheidende Feature, sodass er sich besser bei den großen Schwestern umschaut. So kann man an die G110 zwar ein externes Mikrofon anschließen, allerdings nur über Klinkenstecker. Um einen professionelleren XLR-Adapter wie die GH-Serie kann sie nicht erweitert werden.

Allein ist die G110 mit diesem Problem allerdings nicht. Auch Sony versucht mit der Kompaktkamera ZV-1 eine Social-Media-affine Zielgruppe mit einem vereinfachten Video-Handling anzusprechen. Damit gehört sie zur direkten Konkurrentin. Für sie spricht dabei das äußerst kompakte, Hosentaschen-taugliche Design, zudem besitzt sie noch mehr Hilfsmodi für Video. Gegen sie könnte der kleinere Sensor sprechen sowie die Tatsache, dass sie nicht um andere Objektive erweitert werden kann.

Übrigens: Im September will Panasonic die "Lumix Webcam"-Software veröffentlichen. Sie soll dann die spiegellosen Vollformatkameras der Lumix S1-Familie sowie die Micro-Four-Thirds-Spiegellosen GH5(S) und G9 Webcam-tauglich machen. Auch die G110 soll dieses Update bekommen, wann genau steht für sie allerdings nicht fest.

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