Prozessor-Test: AMD Ryzen Threadripper 3970X vs. Intel Core i9-10980XE

AMD definiert High-End-Desktop neu: Der 32- und 24-Kerner des Herstellers ziehen Intels neuen Core-X-Prozessoren davon.

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Prozessor-Test: AMD Ryzen Threadripper 3970X/3960X vs. Intel Core i9-10980XE

(Bild: Mark Mantel / heise online)

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Inhaltsverzeichnis

AMD und Intel stellen heute beide neue Prozessoren für High-End-Desktop-PCs (HEDT) vor: AMD die CPU-Serie Ryzen Threadripper 3000, Intel die 10000er-Core-X. Die Modelle richten sich an professionelle Anwender, die 18 Rechenkerne und mehr auslasten können. Aber auch 3D-Titel meistern die CPUs spielend.

Mit den TRX40-Mainboards legt AMD eine neue Plattform auf. Zunächst gibt es den Ryzen Threadripper 3970X mit 32 Rechenkernen und den Ryzen Threadripper 3960X mit 24 Rechenkernen; Anfang 2020 folgt dann noch ein 64-Kerner in Form des Ryzen Threadripper 3990X. Intel legt vier Core-X-Prozessoren mit 10, 12, 14 beziehungsweise 18 Rechenkernen auf, angeführt vom Core i9-10980XE, den wir als Testmuster erhalten haben.

Ryzen Threadripper 3000 stellt gegenüber den Vorgängern Ryzen Threadripper 2000 und 1000 eine wichtige Weiterentwicklung dar: Die Unterteilung in einen zentralen I/O-Die mit integriertem Speicher-Controller und bis zu acht CPU-Chiplets vereinheitlicht den Speicherzugriff für alle Rechenkerne. Beim Ryzen Threadripper 2990WX/2970WX setzte AMD vier vollwertige Prozessoren zusammen, allerdings waren nur in zweien die Speicher-Interfaces aktiv – die anderen zwei mussten über die Nachbar-Chips auf den Arbeitsspeicher zugreifen. Das verkomplizierte die Aufteilung der Rechenlast, weil Betriebssysteme die Ryzen Threadripper 2000WX in mehrere NUMA-Nodes unterteilen. Vor allem Windows 10 hatte Probleme mit dem sogenannten Scheduling. Bei Ryzen Threadripper 3000 performt jeder Kern genauso wie bei den Ryzen-3000-Prozessoren – bloß, dass es jetzt mehr davon gibt.

Äußerlich ist die CPU-Fassung TRX4 zum Vorgänger TR4 identisch, die CPUs sind aber nicht zueinander kompatibel.

(Bild: Mark Mantel / heise online)

Anders als bei AM4 können die bisherigen X399-Mainboards nicht mit den neuen CPUs umgehen. Andersherum passen Ryzen Threadripper 2000 und 1000 nicht auf TRX40-Platinen. AMD begründet den harten Schnitt aus zwei Gründen: Die neu verdrahtete CPU-Fassung TRX4 und die Spannungswandler auf den TRX40-Mainboards erlauben künftig den Einsatz von 64-Kernern. Zudem kann AMD den Chipsatz so erstmals mit acht statt vier PCI-Express-Lanes anbinden – das vervierfacht die Übertragungsrate zwischen TRX40-Chipsatz und CPU, was zum Beispiel beim Einsatz mehrerer NVMe-SSDs Vorteile bringt.

Die Prozessoren der Serie Ryzen Threadripper 3000 bieten 48 PCIe-4.0-Lanes für Grafikkarten (zum Beispiel 3 × 16). Acht weitere können Mainboard-Hersteller beispielsweise für zwei x4-NVMe-SSDs oder acht SATA-6G-Anschlüsse verwenden. Beim TRX40-Chipsatz drittverwertet AMD wie beim X570 das I/O-Die der Ryzen-3000-CPUs. Für NVMe-SSDs, SATA-6G-Datenträger und zusätzliche Controller bietet der TRX40-Chipsatz 16 High-Speed-I/O-Lanes, welche Mainboard-Hersteller alle als PCIe 4.0 einsetzen können – das ergibt zusammen mit einem Ryzen-Threadripper-3000-Prozessor insgesamt 72 nutzbare PCIe-4.0-Lanes auf der TRX40-Plattform. Bis zu 8 × USB 3.2 Gen 2 (10 Gbps) und 4 × SATA 6G gibt es zusätzlich, vier weitere USB-3.2-Gen-2-Anschlüsse bieten die CPUs.

Spezifikationen AMD Ryzen Threadripper 3000 vs. 2000WX
Prozessor Kerne / Threads Basistakt / Boost L3-Cache TDP Preis
Ryzen Threadripper 3970X 32 / 64 3,7 / 4,5 GHz 128 MByte 280 W $2000
Ryzen Threadripper 2990WX 32 / 64 3,0 / 4,2 GHz 64 MByte 250 W $1800
Ryzen Threadripper 3960X 24 / 48 3,8 / 4,5 GHz 128 MByte 280 W $1400
Ryzen Threadripper 2970WX 24 / 48 3,0 / 4,2 GHz 64 MByte 250 W $1300

Die Core X-10000 mit Codenamen Cascade Lake-X sind eine Neuauflage der Core X-9000, die bereits einen Refresh der Core X-7000 alias Skylake-X darstellten (eine 8000er-Serie gab es nicht). Dieses Mal produziert Intel leicht modifizierte Siliziumchips mit VNNI-Instruktionen für KI-Anwendungen und teilweisen Schutzmechanismen gegen die Sichterheitslücken Meltdown und Spectre. Zudem erlaubt die verbesserte Fertigung mit Strukturbreiten von 14 Nanometern höhere Taktfrequenzen. An der zugrundeliegenden Architektur ändert sich jedoch nichts.

Bei seiner LGA2066-Plattform betreibt Intel Modellpflege: Bisherige X299-Mainboards sind zu Cascade Lake-X kompatibel und benötigen lediglich ein BIOS-Update. Intel schaltet lediglich vier weitere PCI-Express-3.0-Lanes in den CPUs für nunmehr 48 PCIe-3.0-Lanes frei. Diese waren schon bei den Vorgängern physisch vorhanden, allerdings bei den Desktop-Modellen deaktiviert. Bei den Xeon-Server-Versionen waren diese für Lewisburg-Chipsätze mit QuickAssist-Funktion gedacht, für die Intel eine höhere Übertragungsrate vorsah.

Mainboard-Hersteller bringen neue X299-Modelle heraus, welche die vier zusätzlichen PCIe-3.0-Lanes nutzen, zum Beispiel mit drei vollwertigen x16-PEG-Steckplätzen für Grafikkarten. ASRock kennzeichnet seine neuen Mainboards mit einem "CLX"-Zusatz, Asus mit einem "II" und Gigabyte nennt sie "X299X". Lediglich bei MSI sind die Neuauflagen nicht direkt am Namen zu erkennen.

Spezifikationen Intel Core X-10000 vs. Core X-9000
Modell Kerne/Threads Basistakt / max. Turbo L3-Cache TDP Preis
Core i9-10980XE 18/36 3,0 / 4,8 GHz 24,75 MByte 165 W $979
Core i9-9980XE 18/36 3,0 / 4,5 GHz 24,75 MByte 165 W $1979
Core i9-9960X 16/32 3,1 / 4,5 GHz 22,00 MByte 165 W $1684
Core i9-10940X 14/28 3,3 / 4,8 GHz 19,25 MByte 165 W $748
Core i9-9940X 14/28 3,3 / 4,5 GHz 19,25 MByte 165 W $1387
Core i9-10920X 12/24 3,5 / 4,8 GHz 19,25 MByte 165 W $689
Core i9-9920X 12/24 3,5 / 4,5 GHz 19,25 MByte 165 W $1189
Core i9-10900X 10/20 3,7 / 4,7 GHz 19,25 MByte 165 W $590
Core i9-9900X 10/20 3,5 / 4,5 GHz 19,25 MByte 165 W $989
Core i9-9820X 10/20 3,3 / 4,2 GHz 16,50 MByte 165 W $889
Core i7-9800X 8/16 3,8 / 4,5 GHz 16,50 MByte 165 W $589

In Profi-Anwendungen wie Rendering-Programmen liegen die Ryzen Threadripper 3000 quasi immer an der Leistungsspitze. Selbst im Singlethreading-Test von Cinebench R20 setzen sich die AMD-Prozessoren um gut 5 Prozent vom Core i9-10980XE ab. Dieser Benchmark ist eigentlich eine Intel-Domäne, jedoch gilt das nicht mehr für die Core-X-Modelle: Bei diesen setzt Intel auf einen Mesh-Interconnect zwischen allen Rechenkernen anstelle von einen oder mehreren Ringbussen – dieser verbessert die Kommunikation zwischen vielen Kernen, kostet aber Leistung pro Takt (Instructions per Cycle, IPC). Hinzu kommt der niedrigere Turbo-Takt gegenüber der Core-i-9000-Serie. Der Core i9-10980XE verringert lediglich den Abstand zum Threadripper mit einem Sprung von 4,5 auf 4,8 GHz (Turbo 3.0) verglichen mit dem Core i9-9980XE.

Im Multithreading-Test von Cinebench R20 deklassieren der Ryzen Threadripper 3970X und 3960X den Core i9-10980XE mit ihrer schieren Anzahl an Rechenkernen. Ebenso können die AMD-CPUs die Classroom-Szene des Render-Benchmarks Blender 2.80 deutlich schneller berechnen – der Ryzen Threadripper 3970X brauchte in unserem Test nicht einmal halb so lange wie der Core i9-10980XE.

Ausreißer stellten die Grafik-Benchmarks von 3DMark dar, in denen der Ryzen Threadripper 3970X durchgehend schlechter abschnitt als der Ryzen Threadripper 3960X und auch der Ryzen 9 3950X. Wir vermuten an dieser Stelle ein Scheduling-Problem, das auch schon der Vorgänger Ryzen Threadripper 2990WX hatte. In 3D-Spielen zeigt sich das Problem aber nicht: In Assassin's Creed Odyssey und Shadow of the Tomb Raider schaffen beide Threadripper-3000-CPUs die gleiche Bildrate wie der Ryzen 9 3950X (von Messungenauigkeiten einmal abgesehen).

Prozessor Shadow of the Tomb Raider Assassin's Creed Oddyssey Cinebench R20 Blender 2.80 3DMark Fire Strike 3DMark Time Spy
FHD, Ultra, DX12 [fps] FHD, Ultra [fps] 1T* MT* Classroom [s] Physik-Score CPU-Score
RT 3970X @ 280 W 140 85 519 17.255 139 24.709 11.109
RT 3960X @ 280 W 135 85 521 13.801 176 28.312 12.516
RT 2990WX @ 250 W 101 77 430 11.592 207 18.566 7378
RT 2970WX @ 250 W 96 64 424 9702 250 21.735 7390
R9 9 3950X @ 142 W 140 83 531 9147 267 32.974 13.285
i9-10980XE @ 165 W 134 80 493 8113 305 28.337 10.692
i9-9980XE @ 165 W 131 81 460 7875 310 27.437 10.513
i9-9900KS @ 127 W 141 89 515 4713 521 25.947 10.853
*1T = Singlethreading, MT = Multithreading

Einzig bei speziellen Inferencing-KI-Berechnungen sind Intels neue Core-X-Prozessoren am schnellsten: Intel spendiert den Cascade-Lake-Prozessoren sogenannte Vector Neural Network Instructions (VNNI): Zwei AVX-512-Einheiten pro Kern können dank VNNI zusammen bis zu 128 8-Bit-Integer-Werten parallel in einer Fused-Multiplay-Operation verarbeiten. Im 8-Bit-Inferencing-Test des AI-Benchmarks AIXPRT mit dem OpenVINO-Toolkit schafft der Core i9-10980XE 1007 Bilder pro Sekunde und ist damit fast doppelt so schnell wie der Core i9-9980XE ohne VNNI. Das sind bisher jedoch sehr spezielle Anwendungen. KI-Aufgaben, die statt Int8 andere Datentypen verwenden, profitieren nicht von den neuen Befehlserweiterungen.

AMD hat für Ryzen Threadripper 3000 eine neue Verpackung entworfen. Intels Core i9-10980XE erreicht uns als Tray-Version.

(Bild: Mark Mantel / heise online)

AMD hebt die Thermal Design Power (TDP) der Ryzen-Threadripper-3000-CPUs auf 280 Watt an. Die 2000WX-Modelle lagen noch bei 250 Watt, die 2000X-CPUs mit bis zu 16 Kernen bei 180 Watt. Bei Vollauslastung mit Prime95 macht sich der Unterschied bei Komplettsystemen mit High-End-Mainboards, 64 GByte RAM und GeForce GT 1030 (nur für die Bildausgabe) nicht bemerkbar: Die Testsysteme mit Ryzen Threadripper 3970X/3960X nehmen mit dem Stabilitäts-Tool Prime95 knapp 400 Watt auf, jene mit Ryzen Threadripper 2990WX/2970WX gut 400 Watt. In Anwendungen haben wir bei den alten Modellen eine 20 bis 50 Watt niedrigere Leistungsaufnahme im Bereich von 350 bis 380 Watt beobachtet. Das klingt erst einmal nach viel, muss man aber auch in Relation zur Performance setzen – und die stimmt bei AMD.

Intel belässt die TDP bei 165 Watt. Ist das Mainboard-BIOS richtig eingestellt, nimmt der Core i9-10980XE knapp 240 Watt beim Einsatz des Stabilitäts-Tools Prime95 auf. Damit ist der Energiebedarf wie versprochen in etwa so hoch wie beim Core i9-9980XE: Das Resultat: eine minimal höhere Effizienz dank besserer 14-nm-Fertigung.

Prozessor Leistungsaufnahme* [Watt]
CPU-Volllast unter Prime95
Ryzen Threadripper 3970X @ 280 W, Asus ROG Zenith II Extreme 388,3
Ryzen Threadripper 3960X @ 280 W, Asus ROG Zenith II Extreme 399,4
Ryzen Threadripper 2990WX @ 250 W, Asus ROG Zenith Extreme 422,7
Ryzen Threadripper 2970WX @ 250 W, Asus ROG Zenith Extreme 412,6
Core i9-10980XE @ 165 W, Gigabyte X299 Aorus Gaming 3 238,1
Core i9-9980XE @ 165 W, Gigabyte X299 Aorus Gaming 3 234,1
Ryzen 9 3950X @ 142 Watt, Gigabyte X570 Aorus Master 191
Core i9-9900KS @ 127 Watt, MSI Z390 Gaming Plus 185
*an der Steckdose; gemessen zusammen mit einer GeForce GT 1030

AMDs Ryzen Threadripper 3970X und 3960X bilden eine Leistungsklasse für sich. Selbst gegen den 24-Kerner sieht Intels Core i9-10800XE kein Land. Kommendes Jahr dürfte AMD Intel mit dem 64-Kerner Ryzen Threadripper 3990X schließlich den Gnadenstoß verpassen, bis Intel 10- oder 7-nm-Produkte liefern kann. In Konsequenz hat Intel die Preise seiner Core-X-Prozessoren in etwa halbiert, sodass es den 18-Kerner für rund 1000 Euro gibt.

AMD hingegen hat die Preise auf 2000 US-Dollar für den Ryzen Threadripper 3970X beziehungsweise 1400 US-Dollar für das 3960X-Modell erhöht. Darunter verkauft AMD weiterhin die 2000er-Serie für Nutzer, die lediglich viele PCIe-Lanes benötigen. Rein auf die CPU-Leistung bezogen sind die alten Prozessoren aber nicht mehr empfehlenswert. Ansonsten stellt der 16-Kerner Ryzen 9 3950X für die AM4-Plattform eine günstige Alternative dar – dieser misst sich bereits mit Intels Core i9-10980XE und beherrscht PCIe 4.0, stellt aber weniger Lanes zur Verfügung.

(mma)