Test: Bridgekamera HX400V mit 1200 mm Brennweite

Zwei Trends beherrschen derzeit den Bridgekameramarkt: extreme Brennweite gegen hohe Qualität mit großen Sensoren sowie lichtstarken Objektiven. Mit der HX400V geht Sony den ersten Weg. Das Brennweitenspektrum der Kamera reicht von 24 bis 1200 Millimeter. Stimmt auch die Bildqualität?

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Inhaltsverzeichnis

50-facher Zoom, Brennweite von 24 bis 1200 Millimeter: Die HX400V folgt dem Trend "Superlative" bei den sogenannten Bridgekameras mit Winzsensor im DSLR-Gehäuse. Mit einer Anfangsblende von f/2.8 versucht sie aber zumindest auch den Eindruck zu erwecken, dass sie eine vernünftige Bildqualität leisten kann. Der Preis von mehr als 400 Euro will das ebenfalls unterstreichen.

Sony HX400V: Beispielbilder (10 Bilder)

Sony HX400V bei 24 mm, f/2.8, ISO 80, 1/80 s

Dabei kann Sony auch billiger: Seine Rekordkamera H400 liefert eine Brennweite von 24 bis 1550 Millimeter und kostet nur etwa 250 Euro. Das krasse Gegenteil gibt es ebenfalls vom selben Hersteller: Die RX10 bietet edlere 24 bis 200 Millimeter bei durchgehender Lichtstärke f/2.8 – kostet dafür aber auch knapp 1000 Euro. Die HX400 platziert sich dazwischen als goldene Mitte. Wir haben getestet, was sie leisten kann.

Der optische Zoom der HV400 reicht von 24 mm bis 1200 mm.

(Bild: Sony)

Die HX400 arbeitet mit einem für Kompaktkameras typischen 1/2,3-Zoll-Sensor mit den Maßen 6,2 mm × 4,6 mm. Darauf packt Sony eine Auflösung von üppigen 20 Megapixeln, die Sensorempfindlichkeit reicht von ISO 80 bis ISO 12.800.

Das Objektiv hat ein Zeiss-Branding und kommt wie bereits beschrieben auf eine Kleinbild-äquivalente Brennweite von 24 bis 1200 Millimetern. In Weitwinkelstellung können Fotografen mit einer Anfangsblende von f/2.8 arbeiten, in Telestellung nur noch mit f/6.3. Dank optischer Bildstabilisation (Steady Shot) sollen auch verwacklungsfreie Fotos bei hohen Brennweiten gelingen.

Das Display der Sony-Kamera ist neigbar und erschließt schnell und bequem neue fotografische Perspektiven. Der Sucher fällt allerdings deutlich zu mickrig aus.

(Bild: Sony)

Zur Komposition steht neben einem neigbaren 4:3-Display mit einer Auflösung von 921.600 Bildpunkten (640 × 480 Pixel) auch ein elektronischer Sucher bereit. Er hat winzige Gucklochmaße und eine Auflösung von 201.000 Bildpunkten. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ihn Sony Deutschland auf seiner Webseite in den offiziellen technischen Daten lieber verschweigt (Stand: 10.07.14). Sein Bild flimmert merklich und störend und zeigt außerdem noch eine schräge Farbwiedergabe. Lange wollten wir da nicht durchschauen.

Mit kamerafernen Features geizt Sony dafür nicht: Neben dem fast schon obligatorischen WLAN, beherrscht die HX400V auch NFC und GPS.

Die ausführlichen technischen Daten finden Sie in unserer Kameradatenbank.

Die Bedienung der Sony HX400V fordert nicht sehr heraus. Die Tasten- und Rädchenanzahl ist überschaubar, alle Bedienelemente sind eindeutig beschriftet und mit einer Hand gut erreichbar. Neben dem Moduswahlrad befindet sich das zentrale Bedienelement – die FN-Taste sein. Sie listet übersichtlich in einem Fenster alle wichtigen Kameraeinstellungen auf und ermöglicht gleichzeitig den direkten Zugriff darauf. Welche Einstellungen das sind, legt der Fotograf sogar selbst fest. Dafür muss er ins Menü der Kamera abtauchen, was dank sinnvoller Reiterlogik wenig problematisch sein sollte.

Die Tasten und Rädchen der HX400V sind gut mit einer Hand erreichbar und übersichtlich beschriftet.

(Bild: Sony)

Eine "?"-Taste auf der Rückseite der Kamera führt außerdem zu einem Kamerahandbuch. Das erläutert beispielsweise, welche Einstellungen bei Dämmerung von Vorteil sind, wie man mit dem Sucher arbeitet oder mit schwankender Helligkeit umgeht. Dazu stellt das Display auch die passenden Bedienelemente an der Kamera dar – gerade für Einsteiger ein nützlicher Service.

Zoomen können Fotografen direkt über den Einstellring am Objektiv oder über eine Zoomwippe am Auslöser. Eine feine Wahl der Stufen ist in beiden Fällen allerdings kaum möglich, dafür erweist sich die Elektromechanik einfach als zu grobschlächtig.

Im Manuell-Fokus-Modus stellt der Einstellring am Objektiv scharf. Dann springt ab Werk auch automatisch eine Fokuslupe im Sucher oder auf dem Display an, die einen gewünschten Bildausschnitt vergrößert. Gerade bei langen Brennweiten fällt es zwar schwer, sich im Motiv zu orientieren, das LiveView-Bild der HX400V bleibt aber auch bei Freihand-Aufnahmen erstaunlich ruhig.

Im Labor liefert die HX400V eine befriedigende Leistung ab und verhält sich typisch für eine Bridgekamera ihrer Preis- und Sensorklasse.

Bei geringster ISO-Stufe erreicht die Sony ein Signal-Rauschverhältnis von etwas über 30, der Visual Noise, also das subjektiv wahrnehmbare Rauschen, liegt bei 2,1. Bei den JPEGs der Kamera – sie fotografiert nicht im Raw – setzt Sony auf eine erkennbare, im Vergleich zu anderen Herstellern allerdings gelungenere Rauschunterdrückung. Schon bei geringer Empfindlichkeit verschwinden erste Texturen und Strukturen, beispielsweise in den Stiften unserer Testszene. Andere Elemente wie der Jutestoff oder das Sieb in der Mitte der Szene erscheinen wiederum stärker nachgeschärft. Dank einer knalligeren Farbgebung wirken die Fotos auf den ersten Blick durchaus kontrastreich und knackig.

Sony HX400V: ISO-Reihe (7 Bilder)

c't Testszene

Sony HX400V bei 77 mm, f/5.6, ISO 100, 1/15 s

Auch, wenn sich die Werte mit jeder Empfindlichkeitsstufe weiter verschlechtern. Sonys Ansatz der selektiven Rauschunterdrückung wirkt sich vergleichsweise günstig bei steigenden ISO-Zahlen aus wie auch ein Vergleich zur Fujifilm-Konkurrentin HS50 EXR zeigt. Dass man überhaupt noch so etwas wie Strukturen bei ISO 800 erraten kann, ist in dieser Kameraklasse nicht selbstverständlich.

Direkter Vergleich zweier Konkurrenten bei ISO 800: links: Sony HX400V; rechts: Fujifilm HS50 EXR

Wie viele Linienpaare pro Bildhöhe (Lp/Bh) die Kamera auflöst, hängt stark von der eingestellten Brennweite ab, aber natürlich auch von der Blende. Am wohlsten fühlt sich die Optik ganz offenbar in Weitwinkelstellung und bei Offenblende f/2.8. Hier reizt sie die mögliche Sensorauflösung von 1944 Lp/Bh zu 88 Prozent aus. Die Ecken bleiben allerdings um etwa 20 Prozent zurück. Ab f/5.6 nimmt die Auflösungsleistung der Kamera deutlich ab. Die schwächsten Ergebnisse haben wir aber bei Telebrennweiten gemessen. Bei f/8.0 und einer Brennweite von etwa 330 Millimetern löste die HX400 beispielsweise nicht einmal mehr 1000 Lp/Bh auf.

Mit Verzeichnung und Randabschattung kämpft das Objektiv der Sony weniger. Allerdings konnten wir bei 24 Millimeter eine vergleichsweise hohe Chromatische Aberration von 0,85 Pixeln ermittelm.

In Weitwinkelstellung gehört die HX400V außerdem zu den flotteren Kollegen. Die Autofokus-Verzögerung lag hier nur bei etwa 0,2 Sekunden. Allerdings gilt: Je mehr Brennweite, desto langsamer wird die Kamera.

Mit einer einzigen Kamera eine Brennweite von 24 bis 1200 Millimeter abzudecken, dürfte für viele Fotografen reizvoll sein. Doch die Bridgekameras mit Superzoom enttäuschen gerade da, wo sie eigentlich ihre Stärken ausspielen sollten: bei hohen Brennweiten. Da bildet auch die HX400 keine Ausnahme. Für sie sprechen allerdings eine vergleichsweise gelungene Rauschunterdrückung, die nicht alle Details in einem Bild gnadenlos niedermäht, sowie eine üppige Ausstattung, die mit WLAN, Apps und GPS kaum wünsche übrig lassen dürfte.

Wer eine Bridgekamera mit ausgezeichneter Bildqualität will, der muss im Moment noch deutlich tiefer in die Tasche greifen und auf Telebrennweite verzichten. Sony selbst bietet als Edelalternative die RX10 an. Die zoomt zwar nur zwischen 24 und 200 Millimetern, arbeitet dafür aber mit einem relativ großen Sensor (13,2 mm × 8,8 mm) und einer durchgängigen Lichtstärke von f/2.8. Eine Alternative dazu hat Panasonic erst kürzlich mit der FZ1000 vorgestellt. Erste Beispielbilder dieser Kamera finden Sie in unserem Testbereich auf heise Foto.

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(ssi)