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Test Peugeot 3008 Hybrid4: Sparen oder sprinten?

Martin Franz
Peugeot 3008 Hybrid4

(Bild: Florian Pillau)

Mit einem Plug-in-Hybrid den CO2-Fußabdruck verkleinern? Im Falle des Peugeot 3008 PHEV steht anderes im Vordergrund.

Wie man den Flottengrenzwert [1] auch dreht und wendet, zumindest einen Vorteil gibt es: Der Verbrauch muss da runter, wo Stückzahlen gemacht werden. Ein Spritsparmodell, das keiner kauft, nützt den Herstellern gar nichts mehr. Ein probates Mittel ist die Teilelektrifizierung durch Mild- und Plug-in-Hybride. Massenhaft wird das nun ins Sortiment gehoben, auch bei PSA. Der Test eines Peugeot 3008 Hybrid4 – ein Plug-in-Hybrid – sollte klären, was das in der Bilanz bringt.

Peugeot betreibt einen höheren Aufwand als viele Konkurrenten. Neben dem 1,6-Liter-Benziner mit 147 kW (200 PS) sitzt im Getriebe ein E-Motor mit 81 kW. Zusätzlich verbaut PSA an der Hinterachse einen weiteren E-Motor mit 83 kW – eine elektrische Sekundärachse also, in Fachkreisen wird diese Anordnung auch P4 genannt [2]. Im E-Modus wird, wann immer möglich, nur der hintere Motor genutzt, der so weder das Räderwerk des Getriebes antreiben noch das Öl erwärmen muss, was beides der Effizienz zugutekommt. Den 3008 gibt es auch in einer weniger teuren Plug-in-Hybrid-Variante, bei der der E-Motor hinten entfällt.

Die Batterie hat eine Bruttokapazität von 13,2 kWh. Nutzen lassen sich davon laut PSA 11 kWh. Für eine Aufladung inklusive Ladeverlusten mussten wir im Test bei Temperaturen um den Gefrierpunkt an einer 230-Volt-Steckdose rund 12 kWh und knapp 8 Stunden Zeit investieren. Der serienmäßige Ladeziegel ist mit 8 Ampere abgesichert, mehr als 1,8 kW Ladeleistung sind auf diesem Weg also nicht möglich. Der aufpreisfreie Onboard-Lader ist auf 3,7 kW ausgelegt, die sich allerdings nur an einer Wallbox vollständig ausschöpfen lassen. Dann ist eine leere Batterie in 3 Stunden und 30 Minuten wieder gefüllt.

Gegen Zuzahlung bietet Peugeot auch einen 7,4-kW-Onboard-Lader [3] an, mit dem das Tempo allerdings nur mäßig zulegt, denn auch er ist einphasig. In Deutschland dürfen offiziell über eine Phase aber nur maximal 4,6 kW abgerufen werden. Es ist daher, bezogen auf die hiesigen Verhältnisse, schon etwas verwirrend, wenn Peugeot eine Ladezeit an einem dreiphasigen 22-kW-Wechselstrom-Anschluss angibt. Denn die angegebene Ladezeit von 2 Stunden 45 Minuten offenbart, was hier maximal genutzt wird: Eine Phase mit 4,6 kW. Andere Länder, andere Gesetzgebungen: Außerhalb Deutschlands kann der 3008 zumindest den optionalen, einphasigen Onboard-Lader mit 7,4 kW voll ausnutzen, was die Ladezeit auf unter zwei Stunden drücken dürfte.

Test Peugeot 3008 Hybrid4 (0 Bilder) [4]

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Im WLTP verspricht Peugeot eine elektrische Reichweite von 58 bis 59 km. In unserem Test waren es im Februar laut Anzeige beim Start maximal 38 km, weiter als 36 km sind wir mit einer Ladung nicht gekommen, was auch immer wir versucht haben: Heizung runter auf 18 Grad, stärkere Rekuperation, Schleichmodus – nichts brachte uns weiter. In der Regel sprang der Verbrenner nach rund 30 km an. Selbstverständlich ist es möglich, die Batterie sehr viel schneller zu leeren, dass nur der Vollständigkeit halber. Ebenso sei erwähnt, dass die Reichweite bei 18 bis 25 Grad mutmaßlich kräftig steigen wird.

Einen Wert muss ich schuldig bleiben, nämlich die Strommmenge inklusive Vorheizung. Diese Funktion hat PSA nicht im Menü “zeitversetztes Laden” integriert, sondern in die Bedienung der Klimaautomatik. Eine Nachlässigkeit von mir, ich habe sie dort schlicht nicht gesucht. Ein Blick ins Bordbuch hätte geholfen, doch das lag dem Testwagen leider nicht bei.

Unterwegs fällt zunächst einmal die sehr gute Dämmung auf. Der 3008 Hybrid4 ist ein sehr leises Auto, auch im Hybridmodus. Wie der Mercedes B 250e (Test) [6] erhebt auch er seine Stimme, wenn er gefordert wird, verliert dabei aber nicht die Contenance. Der Antriebsstrang wirkt auch beim kräftigen Beschleunigen nie gequält, wobei die Systemleistung von 225 kW (300 PS) mit dem rund zwei Tonnen schweren Kompakt-SUV leichtes Spiel hat. Der 3008 Hybrid4 kann bei Bedarf heftig an Tempo zulegen, macht darum aber nicht viel Aufhebens. Schon deshalb ist es zumindest anfangs sehr ratsam, den Tacho gut im Blick zu behalten.

Ganz allgemein muss die Sinnhaftigkeit einer Industriepolitik, die solche Autos auch noch steuerlich begünstigt, infrage gestellt werden. Denn das ein mindestens 1916 Kilogramm schweres SUV mit einem Plug-in-Hybrid kein Umweltengel wird, muss klar sein. Beide Plug-in-Hybride im 3008 glänzen mit Leistung, nicht mit fantastischen Verbrauchswerten. Die Benziner leisten 133 kW (181 PS) und 147 kW (200 PS), was Menschen, die Fahrspaß über viel Leistung definieren, erfreuen wird. Mir hätte eine Kombination aus E-Motor und dem durchaus nicht schwächlichen 1,2-Liter-Dreizylinder gut gefallen, den wir vor drei Jahren im 3008 in der Redaktion hatten [7].

Denn der ganze Aufwand der Hybridisierung führt im Falle des kräftigen PHEVs im 3008 zu rasanten Fahrleistungen, nicht jedoch zwangsläufig zu geringen Verbrauchswerten. Hochgerechnet liegt schon der Stromverbrauch inklusive Ladeverlusten bei mehr als 30 kWh/100 km, zumindest im Winter. Der nette Überführer übergab uns das Auto mit schockierenden 11,7 L/100 km im Bordcomputer. Das haben wir nicht überbieten können, doch um 8 Liter sind es bei nicht bewusster Fahrweise schnell. Der Minimalrekord ohne Aufladung lag bei 6,2 Litern.

Wurde die Batterie aufgeladen, sinkt der Benzinverbrauch natürlich drastisch, je nach Streckenprofil können es dann im Hybridmodus auch weniger als 4 Liter sein – zuzüglich Strom, versteht sich. Damit wird auch hier klar: Ein Plug-in-Hybrid wird nicht plötzlich ein Saubermann, nur weil er ein paar Kilometer ohne Verbrenner fahren kann. Dass der deutsche Steuerzahler diese Form subventioniert, ist einer tief verwurzelten Lobby zu verdanken und hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Das kann man dem 3008 Hybrid4 nur schwerlich anlasten, er ist schlicht ein Resultat der politischen Rahmenbedingungen.

Der 3008 ist seit dem Herbst 2016 im Handel. Das SUV ist ausgereift, die Verarbeitung ist bis auf nebensächliche Kleinigkeiten sehr gut. Auch bei der Materialauswahl beweisen die Franzosen ein feines Gespür. Das Platzangebot bietet das, was man von einem SUV auf dieser Verkehrsfläche erwarten kann. Nur der Kofferraum ist im Hybrid mit 395 Litern deutlich kleiner als in den Modellen mit Verbrennungsmotor, bei denen Peugeot 520 Liter nennt. Gemessen haben wir 87 cm in der Tiefe, 112 cm zwischen den Radhäusern und 53 cm zwischen Ladeboden und Abdeckung.

Sehr gut mit meinem Rücken haben die Sitze harmoniert. In der Ausstattungslinie “GT” sind die “Ergonomischen Komfortsitze mit AGR-Gütesiegel” für beide Seiten serienmäßig. Sie bieten auch eine angenehme Massage. Der Knopf am Sitzgestell ruft nur ein Bildschirmmenü auf, in dem dann das Massageprogramm und deren Intensität gewählt werden kann. Man sitzt bequem in einer akustisch gut gedämmten Umgebung – zwei wichtige Zutaten für ein komfortables Fahren erfüllt der 3008 also wirklich sehr überzeugend.

Leider ist die Fahrwerksabstimmung etwas straff geraten, dabei ist eine 55er-Flankenhöhe auf einer 19-Zoll-Felge dem Komfort durchaus nicht abträglich. Vermutlich könnte den ein oder anderen Fahrer, der vornehmlich auf die üppige Systemleistung scharf ist, ein agiles Kurvenverhalten oder zumindest der Anschein dessen [8] trösten. Doch die unnachgiebige Federung führt nicht dazu, dass der 3008 agil um die Kurve flitzt. Dazu passt dann schlechterdings auch die gefühls- und rückmeldungsarme Lenkung.

Ein paar Worte hat sich der Spurassistent verdient, wobei ich hier auf die Erfahrung zurückgreife, die mein Kollege Florian auf der Autobahn eingesammelt hat: “Nach 180 km Autobahn muss ich sagen, dass der Spurassistent nicht funktioniert. Er arbeitet hart – zwingt den Fahrer aber immer wieder zum Gegenlenken. Überlässt man das Steuer der Technik, wird sie über kurz oder lang fast unweigerlich die linke Fahrstreifenbegrenzung ansteuern und dann entweder auf der Markierung fahren oder langsam sogar noch weiter nach links driften, bis man die Markierungen nicht mehr hört. Und nein, Seitenwind herrschte keiner. Wenn ich durch das schlechte Infotainment abgelenkt war, fuhr der Wagen sogar recht schnell aus der Spur – eine Zuspitzung durch zwei sogenannte Systeme, eines für Assistenz, eines zur Bedienung. Mir ist unbegreiflich, wie unser KBA so etwas zulassen kann und warum man in D für so ein Auto eine Versicherung bekommt. Die einzige Erklärung wäre: Das Teil ist einfach defekt. Aber auch so etwas sollte man absichern. Das ist ja kein Desktop-Computer, der ruhig mal abstürzen darf.” Das deckt sich mit meinen Eindrücken auf der Landstraße.

Test Peugeot 3008 Hybrid4 (0 Bilder) [9]

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Kritik bekommt der 3008 auch von mir für sein Infotainmentsystem. Sicher, der Mensch kann sich an vieles gewöhnen und die Vielfalt der Möglichkeiten macht eine sinnvolle Menüführung nicht ganz einfach. Doch auch nach mehr als einer Woche im 3008 frage ich mich, warum Optionen so weit im System verstreut wurden. Irgendwann sieht man sicher auch hier durch, andere Hersteller bekommen aber einen einfacheren Zugang hin. Und dass, obwohl PSA für die großen Menüpunkte eigene Tasten einbaut. Doch sie sind alle gleich geformt, die Reihenfolge muss man sich also einprägen. Gut fallen haben mir der Drehregler für die Lautstärke und das angenehm tönende Soundsystem von Focal.

Man kann über Schwächen wie die Dreckmagneten Rückfahrkamera und Außenspiegel oder die schlecht zugänglichen ISOfix-Bügel zur Kindersitzbefestigung hinwegsehen. Manch einer wird ein Head-up-Display oder Matrixlicht nicht vermissen, beides gibt es auch optional nicht. Bei allem möglichen Wohlwollen sei allerdings angemerkt, dass der 3008 Hybrid4 zwar sehr gut ausgestattet ist, insgesamt dann aber doch eine stattliche Stange Geld kostet. Angeboten wird der 300-PS-Hybridantrieb in diesem SUV ab 49.450 Euro, der GT kommt auf 50.800 Euro. Allzu viele Optionen bleiben dann freilich nicht mehr, der Testwagen kam auf gut 54.000 Euro. Zur Vollausstattung fehlte ihm nur noch die Anhängerkupplung und das große Glasschiebedach. Doch wie auch immer man es dreht: Das Vergnügen, dieses 300-PS-SUV ein paar Kilometer auch elektrisch fahren zu können, ist ein ziemlich kostspieliges.

Der Hersteller hat die Kosten für die Überführung übernommen und den Testwagen gestellt. Energiekosten trug der Autor.

Datenblatt
Hersteller Peugeot
Modell 3008 Hybrid4
Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid Benziner
Benziner
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1598
Leistung in kW (PS) 147 (200)
E-Motor vorn
Leistung in kW (PS) 81 (110)
E-Motor hinten
Leistung in kW (PS) 83 (113)
Systemleistung in kW (PS) 220 (300)
Systemdrehmoment in Nm 520
Antrieb Allradantrieb (elektrische Sekundärachse)
Gänge 8
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1579 bis 1601
Spurweite hinten in mm 1587 bis 1610
Wendekreis 10,7
Reifengröße 205/55 R19
Maße und Gewichte
Länge in mm 4447
Breite in mm 1906
Breite inklusive Außenspiegel 2098
Höhe in mm 1624
Radstand in mm 2675
Kofferraumvolumen in Litern 395
max. Kofferraumvolumen in Litern 1357
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1915
Zuladung in kg 415
Dachlast in kg 80
Anhängelast in kg 1250
Tankinhalt in Litern 43
Batteriekapazität in kWh brutto/netto 13,2/11
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 5,9
Höchstgeschwindigkeit in km/h 240
Verbrauch
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 1,3
Testverbrauch Minimum in Litern 6,2
Testverbrauch Durchschnitt Litern 7,4
CO2-Emission WLTP in g/km 29
Testverbrauch Minimum Strom in kWh/100 km 28,7
Abgasnorm Euro 6d
Daten Stand März 2020
Preisliste
Modell Peugeot 3008 Hybrid4
Ausstattungslinie GT
Preis für diese Ausstattungslinie 50.800
Infotainment
DAB+ 200
USB-Anschluss Serie
Soundsystem 760
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display -
Assistenz
Abstandstempomat Serie
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Einparkassistent 630
Rückfahrkamera Serie
Totwinkelwarner Serie
Müdigkeitserkennung Serie
Spurhalteassistent Serie
Matrix-Licht -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe 450
Alarmanlage 400
schlüsselloser Zugang Serie
Komfort
Sitzheizung Serie
Ledersitze 1800
beheizbares Lenkrad -
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Schiebedach 1250
Sonstiges
Metalliclack 590
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand März 2020

(mfz [11])


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[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Technik-im-Hybridantrieb-Die-elektrische-Sekundaerachse-P4-4208303.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Warum-wieder-nur-7-4-kW-4430579.html
[4] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4684709.html?back=4684604;back=4684604
[5] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4684709.html?back=4684604;back=4684604
[6] https://www.heise.de/tests/Test-Mercedes-B-250e-Konsumgut-4664037.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Peugeot-3008-Puretech-130-3614901.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Klartext-Hart-ist-schnell-3083170.html
[9] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4684709.html?back=4684604;back=4684604;back=4684604
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