Debian vs. Ubuntu - was ist besser?

Debian und Ubuntu gehören zu den bekanntesten Linuxen - und sind auch noch verwandt! Aber welches nehmen?

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Cornelia Möhring
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Ubuntu ist quasi das Standard-Linux für private Desktops. Erfahrene Nutzer empfehlen aber auch gerne Debian. Zwar sind beide miteinander verwandt, aber die Unterschiede sind doch groß. Hier erfahren Sie, warum die Wahl gar nicht so schwer ist.

Um die Unterschiede zu verstehen, muss dann doch ein ganz kurzer Blick in die Geschichte her. Wenn von Linux die Rede ist, ist eigentlich eine GNU/Linux-Distribution gemeint. So ein Betriebssystem besteht grundsätzlich aus zwei Basisbausteinen: Dem Linux-Kernel, der von Linus Torvalds ins Leben gerufen wurde und auch heute noch maßgeblich von ihm gepflegt wird. Der Name sagt auch etwas über die Herkunft: Der erste Teil ist klar, der hintere kommt von Unix, dem kommerziellen Standardsystem der damaligen Zeit. Hinzu kommen einige Werkzeuge, die aus dem GNU-Projekt: GNU steht für GNU is not Unix. GNU/Linux wurde dann als bessere und vor allem freie Alternative zu Unix in die Welt gesetzt.

Eine Distribution fügt dieser Basis dann noch Anwendersoftware wie die Desktop-Umgebung, Office-Tools, Systemverwaltung und so weiter hinzu. Sie könnten auch den Linux-Kernel, die GNU-Tools und Ihre Lieblingssoftware zusammenwerfen und schon hätten Sie Ihre eigene Distribution. Oder eben Ihr eigenes Linux - im Alltag meint "ein Linux" in der Regel "eine GNU/Linux-Distribution".

Debian gibt es seit 1996 und ist eine der ältesten Distributionen am Markt. Für Debian gibt es rund 50.000 fertige Pakete, also vorkompilierte Programme, die einfach installiert werden können. Ubuntu wiederum gibt es "erst" seit 2004 und ist ein so genanntes Derivat von Debian. Das heißt, Ubuntu übernimmt Architektur und Infrastruktur von Debian, baut darauf aber ein sehr eigenständiges Betriebssystem auf. Natürlich wird miteinander kooperiert, aber sowohl Entwickler- als auch Nutzer-Communities sind jeweils eigene Welten. Ubuntu gibt es übrigens als Ubuntu Desktop und Ubuntu Server. Wenn es um Endnutzer geht, so auch hier, ist mit Ubuntu jedoch immer die Desktop-Variante gemeint.

Debian, hier mit schlichtem LXDE-Desktop, ist Ursprung etlicher Linux-Distributionen.

Debian adressiert eher erfahrene und/oder professionelle Anwender, Ubuntu Desktop eher Otto Normalverbraucher. Das kann man ganz schnell an zwei Aspekten sehen: Wenn Sie mit Linux noch nicht viel am Hut hatten und Ubuntu herunterladen wollen, werden Sie mit zwei, drei Klicks ans Ziel kommen. Wenn Sie dasselbe mit Debian versuchen, werden Sie fast garantiert scheitern. Warum? Nun, bei Debian gibt man sich kaum Mühe, ahnungslose Anwender auf den richtigen Dowload zu führen. Es gibt Debian für unterschiedliche Architekturen, es gibt unterschiedliche Installationsmedien und alle Downloads werden letztlich als schlichte Dateilisten aufgeführt - und wer nicht weiß, was eine MD5-Datei ist oder wofür man sie braucht, wird sich über die vielen Links ärgern.

Deutlicher wird es aber bei der Auswahl der standardmäßig installierten Software. Debian setzt komplett auf freie Software, grundsätzlich ist hier alles Open Source. Bei Debian geht es eben auch um einen philosophischen Grundsatz. Ubuntu hingegen will vor allem ein kostenloses Betriebssystem sein, das normale Nutzer schnell und einfach einsetzen und erlernen können. Für Otto Normalverbraucher ist es im Zweifelsfall wesentlich besser, wenn ein zwar kostenloser, aber nicht freier Treiber seine Hardware problemlos betreibt. Für ein Unternehmen könnte es hingegen unter Umständen problematisch sein, Software einzusetzen, von der es nicht nachvollziehen kann, wie genau sie funktioniert - und das geht eben nur bei quelloffenen Produkten.

Neben Unternehmen gibt es auch viele Linux- und Open-Source-Enthusiasten, die einfach aus Prinzip keine proprietäre Software einsetzen wollen.

Ubuntu samt Standard-Desktop ist vollständig auf normale Desktop-Nutzer ausgelegt.

Im Alltag sind es aber andere Aspekte, die den großen Unterschied machen, vor allem die Pakete. Die Paketverwaltung übernimmt bei beiden Systemen im Hintergrund "dpkg", was für Debian Package steht. Als Benutzer werden Sie Pakete in der Regel über "apt" verwalten. Auf der Kommandozeile sind es Befehle wie "apt install gimp", die die Installation von Software enorm einfach machen. Als grafisches Tool hat sich "Synaptic" über die Jahre als Standard etabliert. Bei Ubuntu gibt es obendrauf noch das Ubuntu Software Center, das nun endgültig nur und ausschließlich auf normale Nicht-Techie-Nutzer gemünzt ist. Soweit so ähnlich.

Bei Debian steht aber nun die Stabilität im Vordergrund - Stabilität ist im Grunde das, was Debian auszeichnet. Und diese Stabilität hat ihren Preis: Bei Debian werden Sie etliche Pakete finden, die ziemlich alt sind. Ubuntu hingegen spendiert seinen Nutzern deutlich neuere Versionen und somit auch mehr und/oder neuere Funktionen. Beispielsweise finden Sie in Debian 9 stretch das Drucksystem "cups" (Common Unix Printig System) in Version 2.2.1. In Ubuntu 18.04 LTS hingegen in Version 2.2.7. Drastisch wird das Problemchen, wenn es um größere Pakete geht: Auf Debian läuft standardmäßig Gimp 2.8.18 aus 2016. Aktuell ist aber Version 2.10.8 - und die hat jede Menge großer, toller Neuerungen an Bord! Auf der Seite Distrowatch können Sie Paketversionen von Distributionen direkt vergleichen. Natürlich können Sie aktuellere Versionen nachinstallieren, aber häufig ist das recht umständlich. Teils müssen dann auch Abhängigkeiten wie Bibliotheken manuell aktualisiert werden, teils laufen dann wiederum andere Programme nicht, weil sie die alten Versionen von Bibliotheken benötigen. Und dann muss gefrickelt werden. Wer häufig neue Software installiert und ausprobiert, wird mit Debian sicherlich nicht glücklich.

Wenn man unter Linuxen Software installiert oder die Systemkonfiguration ändert, benötigt man meist Admin-Rechte, wie es auch unter Windows der Fall ist. Bei Windows erledigt das eine immer gleiche Abfrage über ein Fenster. Bei Debian und Ubuntu werden Sie aber auch im Terminal arbeiten und dort erledigen das beide grundlegend anders.

Unter Debian ist es üblich, für derlei Arbeiten den Nutzer zu wechseln, indem man im Terminal einfach per "su" zum root-Nutzer (Admin) wird und dann das root-Passwort eingibt. Bei Ubuntu hingegen gibt es standardmäßig überhaupt keinen root-Nutzer. Admin-Rechte werden hier den normalen Nutzern über den Befehl "sudo" gewährt. Statt also mit "su" zum root-Nutzer zu werden und dann etwa mit "apt install gimp" ein Programm zu installieren, wird das unter Ubuntu mit "sudo apt install gimp", gefolgt von der Passwortabfrage, erledigt. Ubuntu hat mit dieser Praxis im großen Stil angefangen und die sudo-Variante hat zumindest einen Vorteil: Laien kommen nicht auf die Idee, sich aus Bequemlichkeitsgründen als root einzuloggen - was natürlich ein Sicherheitsproblem ist. Wer hingegen viel, oft und lange als root arbeitet, wird es hassen.

Klar, man kann Debian sudo beibringen und Ubuntu echte root-Nutzer oder Umwege via sudo nutzen. Aber es geht ja um die Standards. Zumindest für Einsteiger ist Ubuntu auch hier wieder besser: Es ist sicherer und die meisten Anleitungen im Netz erklären einfach mit sudo-Befehlen.

Das Öffnen der Datei "fstab" per sudo und per su - hier im Ubuntu-Derivat Linux Mint.

Ganz kurz noch zu den Projekthintergründen: Debian ist ein Community-Projekt, hinter Ubuntu steht vor allem die Firma Canonical. Und wo ein Unternehmen führt, da gibt es auch unpopuläre Entscheidungen. Beispielsweise hat Ubuntu irgendwann angefangen, Amazon-Links mit in die interne Suche einzubauen - für viele Linux-Fans ein absolutes No-Go. Selbst für Pragmatiker, die kein Problem mit proprietären Treibern und Ähnlichem haben. Irgendwann wurde auch der extrem grauenhafte Unity-Desktop eingebaut, der Ubuntu viele Nutzer gekostet haben dürfte - und mittlerweile auch wieder Geschichte ist.

Insofern: Einerseits kann ein finanzstarker, betrieblicher Hintergrund durchaus helfen - vor allem, wenn es um Eye Candy und andere Dinge geht, die eher Otto Normalverbraucher interessieren. Andererseits ist es dann doch wieder etwas "microsoftiger"... Debian wird sich als Community-Projekt keine solchen Salti erlauben, sich im Zweifelsfall allerdings eher für Techie- denn Otto-Belange einsetzen.

Kurz und knapp: Wenn Sie als normaler Endanwender ein normales Betriebssystem für Ihren Desktop suchen und zwischen diesen beiden Linuxen entscheiden wollen, dann sollten Sie definitiv Ubuntu nehmen. Wenn Sie hingegen ein System aufsetzen wollen, auf dem nur und ausschließlich und langfristig Dinge wie Office, Mail und Browser laufen, können Sie durchaus über Debian nachdenken. Aber je weniger Ahnung Sie von Linux haben, desto mehr sollten Sie zu Ubuntu tendieren.

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(como)