Klimarisiken: Versicherungslücken gefährden Existenzen
Eschweiler während der Flut 2021. Foto: Haitani, shutterstock
Während Klimakatastrophen häufiger und schwerer werden, schwindet die Versicherungsdeckung. Was kann man dagegen tun?
Von der Ahr-Flut über die Brände in Los Angeles bis zu den Überschwemmungen in Valencia und Mayotte: Die erschütternden Bilder von Menschen, die durch Naturkatastrophen alles verlieren, verdeutlichen, dass Klimarisiken zunehmen. Und viele Betroffene sind nicht ausreichend versichert – mit zunehmender Tendenz.
Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise werden Möglichkeiten und Grenzen von Versicherungsunternehmen sichtbar. Denn in den letzten 30 Jahren sind die Schäden durch Naturkatastrophen ganz erheblich gestiegen: Die globalen wirtschaftlichen Verluste durch Extremwetterereignisse erreichten laut Munich Re 2024 rund 320 Milliarden US-Dollar, wovon allerdings lediglich 140 Mrd. versichert waren.
Die Zunahme der Schäden ist sowohl auf die zunehmende Häufigkeit und Schwere klimabedingter Katastrophen als auch auf den wachsenden Wert exponierter Vermögenswerte zurückzuführen.
Steigende Schäden durch Klimakatastrophen
Doch trotz zunehmender Schäden bleibt die Deckungslücke enorm. In Europa sind laut Europäischer Zentralbank nur etwa 25 Prozent der wirtschaftlichen Verluste durch Extremwetterereignisse versichert; in einigen EU-Mitgliedstaaten sogar nur fünf Prozent. Nur in Nordamerika und Ozeanien ist die Situation mit einer Deckungslücke von rund 43 Deckung laut Swiss Re etwas besser.
Lateinamerika und Asien liegen bei etwa 80 Prozent ungesichertem Vermögen, während es für den afrikanischen Kontinent gar keine Zahlen gibt. Solcher Mangel belastet die öffentlichen Kassen – sofern Katastrophenhilfsfonds überhaupt vorhanden sind – und wirft Fragen nach der finanziellen Nachhaltigkeit und Leistungsfähigkeit der Versicherungswirtschaft angesichts des Klimawandels auf.
Marktversagen und die Rolle des Staates
Die zentrale Herausforderung besteht darin, dass Versicherungspolicen zugänglich und wirksam bleiben müssen. Wer auf eine rein risikobasierte Preisgestaltung setzt, geht das Risiko ein, dass die Policen in Hochrisikogebieten unbezahlbar werden. Das könnte zwar den positiven Nebeneffekt haben, dass in solchen Regionen künftig nicht mehr gebaut wird, hilft aber all jenen nicht weiter, die bereits dort wohnen.
Es steht also zu befürchten, dass rein marktgetriebene Elementarschadensversicherungen die Unterversorgung noch verschärfen. Deshalb wurde als mögliche Lösung wiederholt ein solidarischer Ansatz mit Pflichtversicherungen und eventuell auch Quersubventionierung vorgeschlagen, der Risiken gleichmäßiger verteilten hilft.
Die Befürworter solcher gesamtgesellschaftlich organisierten Lösungen verweisen gerne auf das CatNat-System Frankreichs. Schon seit 1982 stellt dort eine staatlich gestützte Rückversicherung, die Caisse Centrale de Réassurance (CCR), sicher, dass Versicherer auch in Hochrisikogebieten engagiert und die Prämien für alle bezahlbar bleiben.
Landesweite Pflichtversicherung in Frankreich
Alle Versicherungsnehmer zahlen eine einheitliche Zusatzprämie, unabhängig von ihrem individuellen Risiko. Dies garantiert eine breitflächige Absicherung und senkt die Kosten für Einzelpersonen erheblich. Private Versicherer bieten die Basisdeckung an. Jede Sachversicherung in Frankreich (z. B. Gebäude- oder Hausratversicherung) muss automatisch auch den Schutz gegen Elementarschäden enthalten.
Allerdings schreibt Cat-Nat seit 2015 rote Zahlen, vor allem weil häufiger werdende Extremwetterereignisse steigende Kosten aufgrund des Klimawandels verursachen. Aktuell beträgt die Zusatzprämie 12 Prozent der Sachversicherungsprämie und wird dieses Jahr auf 20 Prozent erhöht, um die Defizite zu decken.
Seit 1982 musste Paris nur einmal direkt mit 263 Millionen Euro bezuschussen. Zum Vergleich: Berlin musste allein 2021 etwa 30 Milliarden Euro für die Ahr-Katastrophe bereitstellen. Allerdings gibt es in Frankreich keinen vertraglichen Anspruch auf Entschädigung. Ob gezahlt wird, hängt von der Anerkennung des Schadensereignisses durch den Staat ab.
Was kann Prävention leisten?
Einig sind sich die Fachleute auch, dass mehr in die Prävention investiert werden muss. Kommunale Risikobewertungen zum Beispiel helfen kleinen Gemeinden bei der Minderung lokaler Klimarisiken, indem sie deren Ergebnisse etwa in Bebauungspläne einfließen lassen. Versicherer können kleine und mittlere Unternehmen bei der Risikobewertung und der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen unterstützen.
Die Versicherer können ihre Kunden auch durch niedrigere Prämien dazu anregen, risikomindernde Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings setzen viele Unternehmen und Privatpersonen Präventionszusagen erfahrungsgemäß nicht um, selbst wenn finanzielle Anreize geboten werden. Eine Herausforderung besteht also darin, zu kontrollieren und sicherzustellen, dass Prävention tatsächlich stattfindet.
Es bleibt zu hoffen, dass eine kommende Bundesregierung die Kraft für eine dringend nötige Reform der Versicherung von Elementarschäden aufbringt. Sonst könnten die Deutschen bei künftigen Klimakatastrophen noch viel mehr unangenehme Überraschungen erleben.