Datenschützer stellt Google Ultimatum

Der Internetdienstleister hat bis zum 26. Mai Zeit, dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Details zu den aus Funknetzen abgefangenen Daten mitzuteilen.

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Der hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat Google ein Ultimatum gestellt, innerhalb einer Woche Details zu den Daten mitzuteilen, die das Unternehmen während der Fahrten seiner Street-View-Autos aus Funknetzen abgefangen hat. Der Internetdienstleister solle der Aufforderung bis spätestens Mittwoch kommender Woche (26. Mai) nachkommen, berichtete dpa. Ansonsten drohe ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro. Caspar hatte vor zwei Wochen mit einem Frage-Katalog den Suchkonzern dazu gebracht, die WLAN-Schnüffelei einzugestehen.

Google hat seit dem Jahr 2007 bei seinen Kamera-Fahrten für das umstrittene Internet-Programm Street View auch Funknetze katalogisiert. Dabei wurden nach Angaben von Google "unabsichtlich" neben den WLAN-Namen und MAC-Adressen auch Nutzdaten miterfasst und abgespeichert, die über ungesicherte Netze gesendet wurden. Bei einer ersten Kritik an der Funknetz-Scan-Aktion durch deutsche Datenschutzbeauftragte hatte Google noch behauptet, keine Nutzdaten zu speichern. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat bereits Ermittlungen eingeleitet

Google-Mitgründer Sergey Brin hat laut Medienberichten am Rande der derzeit laufenden Entwicklerkonferenz Google I/O in San Francisco unumwunden eingeräumt, dass sein Unternehmen "Mist gebaut" habe. Es gebe dafür keine Entschuldigung. Google-CEO Eric Schmidt hat laut einem Bericht der Financial Times angekündigt, dass sein Unternehmen die Einführung neuer Dienste wie Gesichtserkennung einer ausführlichen Diskussion unterziehen werde. Dabei würden auch die Arbeitsabläufe des Managements überprüft.

Zwei Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses, der Republikaner Joe Barton und der Demokrat Edward Markey, haben unterdessen die Regulierungsbehörde Federal Trade Commission (FTC) in einem offenen Brief (PDF-Datei) zur Klärung der Sachlage aufgefordert. Die britische Datenschutzbehörde Information Commissioner's Office" (ICO) verpflichtete Google, die WLAN-Daten zu löschen, die in Großbritannien 2008 mit Street-View-Autos aufgezeichnet wurden. Von weiteren rechtlichen Schritten wollte das ICO aber absehen.

Zur Frage, warum Google die Speicherung der WLAN-Nutzdaten drei Jahre lang nicht gemerkt hat, erläuterte der IT-Experte Kristian Köhntopp in seinem Weblog, die Software, die zur Erfassung der WLAN-Daten geschrieben und betrieben worden ist, folge der Struktur, die die Technik und der WLAN-Standard der IEEE vorgeben. Googles Vorgehen bei der Erfassung der Daten sei logisch, vernünftig und in Deutschland wahrscheinlich illegal.

Google habe so lange nichts gemerkt, "weil der Prozess weitgehend automatisiert ist und niemand die Rohdaten angesehen hat, sondern alle Menschen mit den Daten beschäftigt waren, die aus der Verarbeitungs-Pipeline herausfallen, nachdem die Daten aus den Street-View-Cars aufbereitet worden sind", erläuterte Köhntopp. Erst die Nachfrage des Hamburger Datenschutzbeauftragten habe bewirkt, dass sich jemand einmal die gesamte Pipeline komplett angesehen und katalogisiert habe, welche Daten anfallen. Googles interne Kontrollen müssten verbessert werden, allerdings verstehe Köhntopp die "Hysterie und das Fingerzeigen in der Berichterstattung" nicht.

Jens Seipenbusch, Bundesvorsitzender der Piratenpartei, begrüßte laut einer Mitteilung "die professionelle Haltung, die Google bei der Offenlegung und Behandlung dieses eingestandenen Fehlverhaltens an den Tag legt. So etwas hätten wir uns auch von der Telekom und der Bahn AG im letzten Jahr gewünscht". Google müsse die Daten löschen. Mit empfindlichen Strafen müsse der Druck auf solche Unternehmen erhöht werden, bereits vorab solche Verstöße zu vermeiden. Seipenbusch ist heute Abend um 22.15 Uhr einer der Gäste einer Fernsehdiskussionsrunde zu dem Thema. (anw)