Telekom will Kundendaten von Internetnutzern einsammeln

Der Altmonopolist will seine Telefonauskunft mit E-Mail- und Domain-Adressen anreichern und setzt dazu auf kostenlose Datenzulieferungen von Internet-Anbietern. Das hat Empörung bei Providern und Konkurrenten ausgelöst.

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Die Deutsche Telekom will ihre Telefonauskunft mit E-Mail- und Domain-Adressen anreichern und so das leicht schwächelnde Geschäft für derartige Dienste wieder ankurbeln. Die Art und Weise, wie das Unternehmen die dafür benötigten Kundendaten zu beschaffen sucht, hat allerdings Empörung bei Providern und Konkurrenten ausgelöst. Ursache ist ein heise online vorliegendes Schreiben an Internet-Anbieter. Darin werden die Netzprovider ohne große Umstände angehalten, "Kundenadressen (mit und ohne geschäftlichen Bezug) für die elektronische Datenübermittlung (z.B. E-Mail-Adresse und/oder Domain-Namen) zur Veröffentlichung in den Voiceauskünften der Deutschen Telekom AG, T-Com" zu übergeben.

Außer Einzelheiten, in welchen Formaten die Daten gewünscht werden, fehlen weitere Erklärungen über den Grund der "Anfrage". Der "Datenbeschaffer" der Telekom-Festnetzsparte T-Com, Michael Staats, verweist nur darauf, dass die Veröffentlichung der Datensätze mit den elektronischen Adressen für die Provider "kostenfrei" sei.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco warnt jedoch vor einem "unseriösen Angebot" und spricht von "Bauernfängerei". "Ohne die Zustimmung der Kunden dürfen Provider die gewünschten Daten auf keinen Fall herausgeben", stellt die Verbandsjustiziarin, Hannah Seiffert, die Grundregeln des Datenschutzes klar. Es handle sich schließlich um Geschäftsgeheimnisse. Besonders pikant sei an dem Ansinnen der Telekom, dass davon vermutlich auch die Konzerntochter T-Online profitieren und die Daten für eigene Marketingzwecke missbrauchen könnte. Nicht zuletzt, betont Seiffert, könnte der Vorstoß des Altmonopolisten auch zu einer Vergrößerung der Spamflut führen. Besonders, wenn E-Mail-Adressen auch in die mit der Voice-Auskunft direkte gekoppelte Online-Auskunft wandern würden.

Für Volker Köllmann, Regulierungsexperte beim Münchner Auskunftsdienst-Konkurrenten telegate, schrammt der rosa Riese mit dem Anschreiben gar nur knapp an einem "offenen Aufruf zum Rechtsbruch" vorbei. Wohlweislich konstatiere der Bonner Konzern noch beiläufig, dass die abgelieferten Teilnehmerdatensätze als "zur Veröffentlichung freigegeben" betrachtet werden. Um das Placet der Kunden habe sich freilich jeder "Partner" selbst zu kümmern. Von einer Abmahnung der Telekom werde seine Firma angesichts der bereits wiederholt zum Einsatz kommenden Irrläufer aus der Telekom-Marketingabteilung vorerst absehen, da diese "sicher ins Leere gehen". Andernfalls, so Köllmann, "wird uns die Telekom die Daten aber sicher einen Monat später teuer verkaufen wollen".

Telegate würde die personenbezogenen Internet-Adressen nach Angaben Köllmanns prinzipiell auch selbst gern mit der Auskunft herausgeben. "Aber nur, wenn die Kunden das wollen", betont der Regulierungsexperte. Es könne nicht angehen, sich über eine Hintertür in den Besitz der Daten bringen zu wollen. Der Wettbewerb im deutschen Markt für Auskunftsdienste hat sich in den vergangenen Jahren verschärft, seit die Zahl der Anrufe im Jahr 2000 auf unter 400 Millionen gefallen ist. Telegate geht von etwa 300 Millionen Auskunftsersuchen im vergangenen Jahr für den Gesamtmarkt aus. Angesichts eines geschätzten Durchschnittspreises von 1,1 Euro pro Anruf sehen Analysten den Markt damit bei noch über 320 Millionen Euro Umsatz. (Stefan Krempl) / (anw)