Apple hält die Konkurrenz auf Trab

Mit dem iPhone 4 hat der Computer- und Unterhaltungselektronikkonzern seine bereits vierte Smartphone-Generation in vier Jahren vorgestellt. Derzeit sieht alles danach aus, dass nur noch der Internet-Riese Google den Durchmarsch stoppen kann.

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Mit dem iPhone 4 hat der Computer- und Unterhaltungselektronikkonzern seine bereits vierte Smartphone-Generation in vier Jahren vorgestellt. Derzeit sieht alles danach aus, dass nur noch der Internet-Riese Google den Durchmarsch stoppen kann.

Steve Jobs geht's wieder richtig gut. Gleich zwei große Auftritte absolvierte der lange mit seiner Gesundheit kämpfende Apple-Boss innerhalb weniger Tage. Zuerst gab er letzte Woche zwei "Wall Street Journal"-Journalisten ein anderthalbstündiges Interview mit anschließender Publikumsfragerunde und präsentierte sich gewohnt angriffslustig. Dann stellte der 55-jährige am Montag in San Francisco die nächste Generation des iPhone vor – die mittlerweile vierte Variante in nur vier Jahren. Dass Apple inzwischen an der Börse mehr wert ist, als der ewige Rivale Microsoft, entlockt Jobs dabei nur ein stilles Lächeln.

Im Smartphone-Geschäft, das für den Computer- und Unterhaltungselektronikkonzern längst zu den wichtigsten Sparten gehört, kann Apple mit dem "iPhone 4" als weiterhin dominant gelten. Der neue Aufguss liefert vieles nach, was der Plattform bislang fehlte: zwei Kameras mit Videochat-Funktion, HD-Filmaufnahme, gesteigerte Bildschirmauflösung. Daneben schickt sich die neue Version des iPhone-Betriebssystems, von Jobs nun "iOS" getauft, in der neuen Version 4 an, verbliebene Unzulänglichkeiten zu beheben – darunter das lange als iPhone-Treppenwitz geltende fehlende Multitasking.

Im branchenweiten Überblick steht Apple mit der neuen iPhone-Generation weiterhin gut da, baut seinen Innovationsvorsprung aus. Zwar nimmt das Unternehmen im weltweiten Smartphone-Ranking noch immer nur Platz 3 ein, doch hat es sich sehr schnell vorgekämpft. Marktführer Nokia ist technisch unterlegen, versucht weiterhin, seine angestaubte Symbian-Plattform nach vorne zu bringen. Platz 2, E-Mail-Handy-Pionier RIM, profitiert zwar vom geschäftlichen Markt, hat aber in Sachen App-Boom und Touchscreen-Bedienung Apple nach wie vor wenig entgegenzusetzen – trotz entsprechender Versuche.

Die Hoffnungen der restlichen Mobilfunk-Branche ruhen deshalb vor allem auf Google – auch weil Microsofts Windows Phone 7 noch Monate bis zur Fertigstellung brauchen wird und Palms WebOS mittlerweile von HP übernommen wurde. Der Internet-Riese, der sein Handy-Betriebssystem Android kostenlos an jeden interessierten Hardware-Hersteller abgibt, inszenierte sich auf seiner Entwicklerkonferenz "I/O" im Mai denn auch als weißer Ritter: Android soll als offene Plattform Nutzer und Industrie vor der abgeschlossenen Apple-Welt retten. Tatsächlich wirkt die neue Version 2.2, Codename "Froyo", auf Tester sehr sympathisch und rundet die Plattform, die in Vorversionen durchaus einige Ecken und Kanten hatte, gut ab.

Das Problem: Mittlerweile gibt es zwar fast drei Dutzend Android-Geräte von so unterschiedlichen Herstellern wie HTC, Samsung, LG, Motorola oder Sony, doch führt diese Fragmentation auch dazu, dass die Plattform nicht geschlossen gegen Apple antreten kann. Das beginnt schon bei der Software: So gibt es diverse Handys jüngeren Datums (einige sogar von 2009), die nicht auf Android 2.2 aktualisiert werden können. Dabei ist die kontinuierliche Verbesserung der Software eines der Pfunde, mit denen die iPhone-Plattform seit Jahren wuchert: Apple ergänzt mindestens alle 12 Monate sein System um neue Funktionen, lässt dabei aber auch mindestens die letzten zwei Generationen teilhaben, solange es die Hardware zulässt. Updates erfolgen zentral gesteuert und relativ schnell.

Google ist dagegen auf die Verteilung seines neuen Betriebssystems durch die vielen, vielen Hardware-Hersteller angewiesen, die dies auch deshalb nicht besonders gerne tun, weil sie den Nutzern am liebsten gleich die nächste Geräte-Generation verkaufen wollen. Der Frust um diese Langsamkeit mündete letztlich in Googles kürzlich getroffene Entscheidung, Android weniger häufig zu ergänzen.

Die Strategie des Internet-Riesen, sich als offene Plattform gegenüber Apple darzustellen, gilt vielen Marktbeobachtern als einzig erfolgsversprechend. Jobs, der im Anwendungsladen (App Store) für das iPhone eine "kuratierte Plattform" sieht, auf der nicht einmal nackte Busen erlaubt sind, stößt besonders bei Medienanbietern auf Widerstand. Dass sich der IT-Pionier bei seinem "Wall Street Journal"-Auftritt als lernfähig darstellte und als jemand, der nur das Wohl seiner Kunden im Sinn hat, hilft da wenig – Apple wird Außenstehenden zunehmend unheimlich. Und genau das dürfte Google für sich nutzen. (bsc)