Open Source in der Schweiz: "Rechtliche Risiken sind beherrschbar"

Auf einer Tagung des Schweizer Informatikstrategieorgans Bund haben Interessierte verschiedene Aspekte der Nutzung von Open Source in der Verwaltung abgeklopft. Das Gutachten einer Rechtsanwältin beschäftigt sich unter anderem mit den rechtlichen Risiken.

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"Die hitzigen Diskussionen, wie sie noch vor einem Jahr vorherrschten, sind einer nüchternen Betrachtung gewichen." Das ist eine der Schlussfolgerungen aus der Tagung "Software nur noch frei und offen?" für Beschäftigte der Schweizer Bundesverwaltung, der Kantone und der Gemeinden, die etwa 200 Interessierte anzog. Die Tagung wurde veranstaltet vom Informatikstrategieorgan Bund (ISB) und der Privaten Hochschule für Wirtschaft in Zürich. Diskutiert wurden Themen wie Wirtschaftlichkeit, die parallele Verwendung von OSS und CSS in Verwaltungen und Rechtsaspekte.

Die Berner Anwältin Ursula Widmer meint, es gebe keine prinzipiellen rechtlichen Gründe gegen den Einsatz von OSS in der Verwaltung. Die Risiken, wie etwa eine Patentverletzung, seien beherrschbar. Das Open-Source-Konzept sei durch den Rechtsstreit zwischen SCO und IBM nicht grundsätzlich tangiert. In dem Gutachten (Präsentation als PDF), das sie im Auftrag der Bundesverwaltung erstellt hat, schreibt Widmer, es sei Vorsicht geboten bei der Weitergabe von selbst entwickelten Lösungen, da heute die Rechtspraxis wegen der Haftung noch nicht gefestigt sei.

Zur Lage in München, wo das Migrationsprojekt der Stadtverwaltung zu Linux wegen der umstrittenen Softwarepatente im August vorübergehend auf Eis gelegt worden war, meint Widmer, die Rechtslage sei unklar, zudem sei die Gültigkeit vieler Softwarepatente fraglich. Es seien aber Nutzer von Open-Source- und von Close-Source-Software in gleichem Maße von dem Problem betroffen. Um das Risiko zu minimieren, schlägt Widmer Vereinbarungen mit Anbietern von Open-Source-Software vor, also beispielsweise Verträge mit kommerziellen Distributoren.

Der Informatikrat Bund (IRB) hat im März die Open-Source-Strategie der Bundesverwaltung verabschiedet. Die Bundesverwaltung will OSS nicht aktiv fördern, aber über einen größeren Handlungsspielraum verfügen. Laut des Delegierten für die Informatikstrategie des Bundes Jürg Römer "gelten die Kriterien zur Beurteilung einer Software genau gleich, ob OSS oder CSS zur Auswahl steht".

Für die Open-Source-Strategie gibt es in der Schweiz demnach drei Stoßrichtungen: "das Sicherstellen der Gleichbehandlung von OSS und CSS, das Anstreben der Wiederverwendbarkeit von eigenentwickelter Software und das Schaffen der Voraussetzungen für den Einsatz von Open Source Software". Für die Bundesverwaltung soll erreicht werden, dass die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten verringert werden kann. "Zudem besteht dank der Gleichstellung von OSS und CSS eine größere Auswahl an Software", heißt es weiter in dem Bericht zur Tagung. (anw)