Justizministerium: Münchner Patentängste um Linux sind unberechtigt

Die Bundesregierung kann keinen Zusammenhang zwischen dem teilweisen LiMux-Stopp und der heiß diskutierten Softwarepatent-Richtlinie erkennen.

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Die Bundesregierung kann keinen Zusammenhang zwischen dem teilweise gestoppten Open-Source-Projekt der Stadt München (LiMux) und dem Entwurf einer EU-Richtlinie zur "Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen" erkennen. "Die vorgebrachten Sorgen sind nicht berechtigt", verlautbarte am heutigen Donnerstag aus dem Bundesjustizministerium. Es sei kein Fall in Deutschland bekannt, in dem freie Software in einem Patentverletzungsverfahren angegriffen wurde.

Mit der Erklärung aus dem Hause von Justizministerin Brigitte Zypries greifen nach Abgeordneten und zahlreichen Lobbyisten von Open-Source-Verbänden nun auch Vertreter der Exekutive in die hitzige Diskussion ein. Eine Gefahr für die weitere Entwicklung freier oder proprietärer Software sieht die Bundesregierung demnach nicht durch die Befürwortung des EU-Rats für eine breite Patentierbarkeit von Computerprogrammen. Sie stellt sich damit gegen die Haltung zahlreicher Experten auch aus führenden Wirtschaftsforschungsinstituten, die in jüngster Zeit eindringlich vor der Verabschiedung der umstrittenen Richtlinie in der Version des Ministerrates gewarnt hatten.

Die Bundesregierung will folglich den Open-Source-Sektor weiter stärken, gleichzeitig aber ihre positive Einschätzung der Ausweitung des Patentsystems nicht aufgeben: "Freie Software ist ein wichtiger Innovationsfaktor für den Standort Deutschland", heißt es in der Stellungnahme gegenüber heise online. "Sie trägt dazu bei, neue Arbeitsplätze in kleinen wie großen IT-Unternehmen zu schaffen und bietet gerade der jungen Generation die Möglichkeit, technisches Know-how und Kreativität in einem rasant wachsenden Zukunftssektor miteinander zu verbinden." Andererseits dürfe aber der Patentschutz für technische Erfindungen im Zusammenhang mit Software nicht in Frage gestellt werden. Davon würden tausende Arbeitsplätze in der Industrie abhängen, "die in Deutschland nur im Vertrauen auf einen effektiven Patentschutz investiert."

In Bezug auf die geplante Richtlinie hält die Bundesregierung an ihrer Haltung fest, dass diese nur die Rechtslage für alle Mitgliedstaaten harmonisieren wolle. Sie werde aber nicht dazu führen, dass ausländische Patente in Deutschland gelten, ist man sich sicher. Das Justizministerium betreibt selbst ein Pilotprojekt zum Einsatz freier Software. Die Regierung insgesamt sieht den Einsatz von freier Software in der öffentlichen Verwaltung als einen Weg, um "eine effiziente, bezahlbare und sichere Software-Landschaft" zu gewährleisten, und will den Einsatz von Open Source daher auch weiterhin fördern.

Mit den Kritikern der Richtlinie ist das Justizministerium in Form eines "Runden Tisches" im Gespräch. Dabei hat sich aber keine Auflösung der festgefahrenen Fronten abgezeichnet. So sehen Vertreter der Open-Source-Szene die Münchner Probleme gerade als das bislang handgreiflichste Beispiel dafür, welche verheerende Wirkung Softwarepatente bei einer weiteren Legalisierung entfalten könnten. "Wir haben den Ärger jetzt schon, bevor die Patente überhaupt richtig da sind", wettert Joachim Jakobs, Sprecher der Free Software Foundation Europe (FSFE). Der geplante Monopolschutz für Computerprogramme entfalte schon jetzt -- zumindest psychologisch -- seinen Einfluss, "da kann Frau Zypries auch mit ihren warmen Worten nicht drüber hinwegtäuschen". Die FSFE fürchtet weitere negative Auswirkungen durch Softwarepatente auf die allgemeine Konjunktur und die Schaffung von Arbeitsplätzen und sieht sämtliche Softwareschmieden aus dem Mittelstand von den Patentproblemen bedroht.

Zum Thema Softwarepatente siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)