Heftige Proteste gegen GEZ-Gebühr für Internet-PCs [Update]

Stimmen aus der Opposition fordern die Bundesregierung auf, gegen die "Internet-Steuer" Stellung zu beziehen; auch die Wirtschaft kritisiert die GEZ-Gebühr auf PCS. Eine "Mediengebühr" pro Haushalt kommt ebenfalls wieder ins Gespräch.

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Gegen die wieder aufgetauchten Pläne der Ministerpräsidenten, Internet-PCs mit Rundfunkgebühren zu belegen, formiert sich Widerstand in Berlin. Scharf schießen vor allem Internet-Politiker der Opposition gegen die Ausweitung der GEZ-Abgaben. "Es liegt auf der Hand, dass die Ausweitung der Rundfunkgebührenpflicht die Verbreitung des Internet in Deutschland nicht fördert, sondern erheblich behindert", erklärt Hans-Joachim Otto, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag. Für den Juristen kommt das Vorhaben der Landesfürsten der Einführung einer "Internet-Steuer" gleich, die den Wirtschaftsstandort Deutschland "in dramatischem Umfang zu schädigen droht".

Die absehbaren Wirkungen der "weltweit einmaligen Gebührenpflicht für Computer" stünden in "evidentem Widerspruch" zu den von der Bundesregierung proklamierten und auch den Oppositionsfraktionen mitgetragenen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen, betont Otto. Nach Schätzungen des Branchenverbands Bitkom gebe es bereits heute hierzulande 18 bis 20 Millionen Arbeitsplätze mit Computern, von denen rund 75 Prozent über einen Internetanschluss verfügen, führt Otto aus. Daraus ergäbe sich eine jährliche Zusatzbelastung für die deutsche Wirtschaft von rund drei Milliarden Euro, würde man geltendes Recht zu Grunde legen. Die FDP-Fraktion fordert deshalb die Bundesregierung auf, ihre Bedenken gegen die Ausweitung der Rundfunkgebührenpflicht bei den Ministerpräsidenten der Länder in gebotener Klarheit geltend zu machen.

Auch Martina Krogmann, Internet-Beauftrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach sich dafür aus, die Pläne schnellstmöglich wieder aufzugeben: "Für private Haushalte, die ja in der Regel einen Fernseher oder ein Radio haben, blieben die Auswirkungen der Forderungen der Rundfunkkommission der Bundesländer gering -- sie zahlen ja bereits heute Rundfunkgebühren. Negativ betroffen wären jedoch Unternehmen, die kein TV oder Radio, wohl aber internetfähige PCs haben und in Zukunft für diese Rundfunkgebühren zahlen müssten. Diese neue finanzielle Belastung ist nicht sachgerecht."

Der Plan der Ministerpräsidenten ist allerdings etwas differenzierter. Um den großen Protest aus der Wirtschaft zu vermeiden, haben sie sich ein nicht ganz einfach zu durchschauendes Konstrukt ausgedacht: Die neue Internet-Abgabe soll laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung "grundstücksbezogen" erhoben werden. Ein Großbetrieb mit mehreren Niederlassungen würde demnach mehrfach, nämlich für jedes Firmengebäude zur Kasse gebeten. Eine Firma mit nur einem Bürohaus müsste dagegen nur einmal zahlen. Gleichzeitig wollen die Länder die Zweitgerätefreiheit auf den gewerblichen Bereich ausdehnen. Fernseher gehören allerdings nicht zur Standardausstattung von Büros, während die Arbeit ohne vernetzten Computer kaum noch vorstellbar ist.

Über konkrete Mehreinnahmen für die öffentlich-rechtlichen Sender, die momentan über ein Gebührenaufkommen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro verfügen, rätseln Fachleute angesichts der diskutierten komplexen Regelung noch. Die Mainzer Staatskanzlei, die die Medienpolitiker der Länder koordiniert, versucht sich derweil in der Begrenzung des PR-Schadenfalls und verneint die Grundstücksklausel: "Die Deutsche Bank zum Beispiel müsste für tausend PC insgesamt 16,15 Euro bezahlen", rechnet die Behörde anhand der momentan gültigen GEZ-Gebühr vor. "Das ist für die Wirtschaft ein Betrag, der deutlich unter der Peanutsgrenze liegt."

Grietje Bettin, medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, wirft den Ministerpräsidenten ein Spiel mit verdeckten Karten vor. So würde die geplante moderate Erhöhung der Rundfunkgebühr auf 17,01 Euro darüber hinwegtäuschen, dass die Anzahl der betroffenen Geräte erheblich ausgebaut werden solle. Um nicht mit der Verbreitung von UMTS-Mobiltelefonen mit Radio- und TV-Empfangsmöglichkeiten erneut eine heikle Debatte um die Erweiterung der GEZ-Gebühr zu starten, würde sie die Einführung einer pauschalen "Mediengebühr" pro Haushalt bevorzugen. Dabei sollte es aber auch Sozialbefreiungen und Ausnahmen für Haushalte ohne digitale Mediengeräte geben.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) will angesichts des ebenfalls befürchteten Wegfalls von pauschalen GEZ-Abgaben für Hotels ebenfalls das gesamte Gebührensystem auf den Prüfstand gestellt wissen. Die ins Auge gefasste Gebührenpflicht von PCs, die Unternehmen wie Privathaushalte nach dem Willen der Länder ab 2007 entrichten sollen, sei "völlig abwegig". Der Verband schlägt als "einzig vernünftige Alternative" einen Systemwechsel hin zu einer Gebühr vor, "die als ein pauschales Entgelt für ein Nutzungsrecht zu verstehen" sei. Gegenwärtig orientiere sich die Gebührenpflicht am bloßen Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes. Dies könne im digitalen Zeitalter nicht mehr Maßstab für die Bemessung der Rundfunkgebühren sein.

Siehe zu dem Thema auch in Telepolis:

(Stefan Krempl) / (jk)