Vorstellung Ducati Panigale V4 R: Edelheiß
Die straßenzugelassene Panigale V4 R ist das Homologationsmodell für die Superbike-WM und mit 330 km/h schneller als alles, was die Italiener je gebaut haben.
(Bild: Ducati)
- Ingo Gach
Es gibt auch unter Motorradfahrern Menschen, die nach dem Oscar-Wilde-Zitat leben: "Ich habe einen einfachen Geschmack, ich bin immer mit dem Besten zufrieden." Für solche ist die Panigale V4 R gedacht, vorausgesetzt sie verfügen über ein gut gefülltes Bankkonto, denn der Traum der Rennstrecken-Fans kostet 43.990 Euro.
Ducati pflegt die Tradition seiner R-Modelle schon lange, es begann mit der 996 R im Jahr 2001, davor wurde das Top-Modell der 916 noch mit dem Zusatzkürzel SPS versehen. Sie dienten als Homologationsmodelle für die Superbike-WM, doch nicht nur Renn-Teams, sondern auch viele Hobby-Racer und Sammler rissen sich um die limitierten Sonderserien, die ihre Seriennummern auf der Gabelbrücke eingraviert hatten.
Laut FIM-Vorschrift muss eine Marke zum Zeitpunkt der Homologation mindestens 125 Stück des betreffenden Modells gebaut, bis Ende des Jahres 250 und nach zwei Jahren 500 Stück verkauft haben. Damit hat Ducati noch nie Probleme gehabt, die R-Modelle wurden ihnen aus den Händen gerissen. Die Marke aus Bologna dürfte die Auflage der FIM bedauern, der zufolge ein Homologationsmodell nicht teurer als 40.000 Euro plus die Mehrwertsteuer des jeweiligen Landes sein darf.
Bis zu 239 PS mit Sportauspuff und Hochleistungsöl
Die neuen Panigale V4 R des Modelljahrs 2026 unterscheidet sich von der 2025 erschienen Panigale V4 und V4 S (Test), insbesondere durch den kleineren Hubraum. Statt 1103 cm3 hat die V4 R nur 998 cm3, denn für den WM-Einsatz muss ein Superbike laut FIM-Reglement unter einem Liter Hubraum bleiben. Aber deshalb ist sie nicht etwa schlapper, im Gegenteil: Die R produziert 218 statt 216 PS.
Die höhere Leistung holt sie sich über Drehzahlen, während es die V4 bei 13.500/min belässt, erreicht die R bei 15.750/min ihre Maximalleistung, dreht jedoch bis 16.500/min. Doch das ist noch längst nicht alles, mit Racing-Auspuffanlage und "Ducati Corse Performance Oil" verspricht Ducati 239 PS für die Rennstrecke. Erreicht die straßenzugelassen V4 R schon 318 km/h, soll sie mit Racing-Auspuff für 330 km/h gut sein.
Ducati Panigale V4 R (5 Bilder)

Ducati
)Seitenkästen für Bodeneffekt in Kurven
Die Entwickler der Panigale-V4 R arbeiten eng mit der Rennabteilung Ducati Corse zusammen. So werden zum ersten Mal in einem Serienmotorrad "Corner Sidepods" verbaut, wie sie von Ducati 2021 in der MotoGP eingeführt wurden. Diese niedrig an der Verkleidung befestigten Spoiler entfalten ihre Wirkung erst in Schräglage und ziehen das Motorrad durch den aerodynamischen Bodeneffekt auf eine noch engere Linie in der Kurve. Auch die "Ducati Racing Gearbox" stammt direkt aus dem Rennsport. Zwar hatte schon die Vorgänger-Version der Panigale V4 R 218 PS, aber der überarbeitete Stradale-R-Motor hat nun zwischen 4000/min bis zur maximalen Leistung durchschnittlich vier PS mehr. Dabei erfüllt die Panigale V4 R die Abgasnorm Euro 5+.
Leerlauf mit Gangsperre
Außerdem ist die Drehmomentkurve mit einem Zuwachs von sieben Prozent bei 6000/min und drei Prozent beim Maximalwert von 114,5 Nm bei 12.000/min optimiert. Der Motor hat leichtere Kolben und eine neue Kurbelwelle mit erhöhter Trägheit. Die Ducati-Ingenieure haben die Ansaugseite neu gestaltet und Auslassnocken mit einem geänderten Profil entwickelt, zudem sind die Unterdrosselklappen-Einspritzdüsen neu positioniert.
Die neue Panigale V4 R verfügt über ein Getriebe im Racing-Stil, der Leerlauf liegt unterhalb des ersten Gangs, statt zwischen dem ersten und zweiten Gang. Damit wird das Risiko minimiert, ungewollt in den Leerlauf zu gelangen. Um unerwünschte Schaltvorgänge vom ersten Gang in den Leerlauf beim Herunterschalten zu verhindern, verfügt das Getriebe über den "Ducati Neutral Lock", der durch das Betätigen eines Hebels am rechten Lenkerstummel deaktiviert werden kann.
Zwei- statt Einarmschwinge
Die bei so viel Leistung sinnvollen Winglets haben die Entwickler neu geformt. Sie bringen jetzt bis zu 25 Prozent mehr Abtrieb und drücken die Front bei Tempo 300 mit sechs kg zu Boden. Neu ist auch der Frontlufteinlass, der über den Ram-Air-Effekt die Höchstleistung um 1,3 Prozent anheben soll. Die anders gestaltete Tank-Sitzbank-Fußrasten-Geometrie soll dem Fahrer die Kontrolle erleichtern und Kondition sparen.
Die Panigale V4 R verfügt über einen neu geformten Frontrahmen mit 40 Prozent weniger Seitensteifigkeit. Am auffälligsten dürfte die "Hollow Symmetrical"-Schwinge sein, die Zweiarmschwinge löst, wie bereits bei der Panigale V4, die bisherige Einarmschwinge ab. Laut Ducati Corse ermöglichen es der veränderte Rahmen und die Schwinge besser, die Linie zu halten, zudem werde die Traktion aus Kurven heraus verbessert.
Ducati Panigale V4 R Details (4 Bilder)

Ducati
)Feder-Dämpferelemente von Öhlins
Beim Fahrwerk der Panigale V4 R griff Ducati zu edelsten Komponenten: vorn eine Öhlins-NPX25/30-Gabel mit 43-mm-Standrohren, hinten ein Öhlins-TTX36-Federbein, beides natürlich voll einstellbar. Überdies bekommt die V4 R als erstes Serienmotorrad überhaupt den neuen Öhlins-SD20-Lenkungsdämpfer, der über eine verbesserte Dämpfung und einen größeren Einstellbereich verfügt. Die Höhe des Schwingenlagers kann in vier Stufen eingestellt und die Sitzhöhe über die einstellbare Federbein-Umlenkung in einem Bereich von 32,4 mm justiert werden.
Die Panigale V4 R verfügt über Fünf-Speichen-Schmiederäder aus Aluminium, die mit Pirelli-Diablo-Supercorsa-SP-V4-Reifen (120/70 ZR17 vorn und 200/60 ZR17 hinten) ausgestattet sind. Für die Verzögerung des Vorderrads wird es mit der neuen Generation Hypure-Bremssättel von Brembo mit 330-mm-Bremsscheiben kombiniert. Durch viele kleine Maßnahmen drückt Ducati das Gewicht der Panigale V4 R auf trocken 186,5 kg.
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Elektronik für Nochspäterbremser
Auch die Elektronik hat Ducati weiterentwickelt und hebt besonders das Kurven-ABS mit "Race Brake Control" und den Einsatz des "Ducati Vehicle Observer" für die Motorbremssteuerung hervor. Race Brake Control ermöglicht dem Fahrer eine stärkere Nutzung der Hinterradbremse, dank einer noch präziseren Berechnungsmethode, die einen höheren Druck bei unterschiedlichen Rollwinkeln ermöglicht. Dadurch kann der Fahrer später und bis zum Blockieren des Hinterrads bremsen.
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Massenhaft teures Zubehör
Wer trotz des üppigen Kaufpreises noch Geld übrig hat, kann es in das reichhaltige Zubehörangebot investieren. So bietet Ducati unter anderem noch etliche Kohlefaserteile, vom Fersenschutz für 184 Euro bis zu Felgen für 5883 Euro an. Außerdem gibt es GP4-Sport-Bremssättel von Brembo für 4522 Euro, vergrößerte Bremsscheiben mit Kühlrippen für 4284 Euro, ebenfalls von Brembo. Die bereits erwähnte Racing-Auspuffanlage aus Titan kostet 9163 Euro.
Lustigerweise bietet Ducati auch einen Tankrucksack (257 Euro) und sogar Beifahrerfußrasten (147 Euro) sowie einen Soziussitz für nur 59 Euro an. Dafür muss aber die Biposto-Heckverkleidung für 119 Euro bestellt werden. Wer eine Panigale V4 R der neuesten Generation sein Eigen nennen will, sollte sich sputen, denn aufgrund der limitierten Stückzahl ist die schnellste Serien-Ducati erfahrungsgemäß rasch vergriffen – trotz ihres Preises.