BKA fordert strengere Providerregeln in Kinderporno-Schwerpunktländern

Das Bundeskriminalamt macht sich für Maßnahmen wie eine Zugriffsprotokollierung oder Nutzeridentifizierung in Staaten stark, in denen viele kinderpornographische Inhalte zum Online-Abruf bereitgehalten werden.

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Das Bundeskriminalamt (BKA) sieht "Optimierungspotenzial" bei der Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet und beim Durchsetzen des von Schwarz-Gelb beschlossenen Ansatzes "Löschen statt Sperren". Die Polizeibehörde könne im Ausland wegen der Hoheitsbefugnisse anderer Staaten nur in engen Grenzen einwirken, heißt es in einem Schreiben des BKA an mehrere Netzpolitiker der FDP-Bundestagsfraktion, das heise online vorliegt. Mit dem Aufruf "an alle Beteiligten" fordert das Amt dennoch, die technischen und finanziellen Infrastrukturen von Ländern, in denen die meisten kinderpornographischen Inhalte zum Online-Abruf bereitgehalten werden, besser gegen kriminellen Missbrauch abzusichern.

Im Interesse einer Gefahrenabwehr müssten im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten jene sicher und eindeutig identifizierbar werden, die für den Upload der inkriminierten Inhalte verantwortlich sind, heißt es in dem Brief an die Abgeordneten. Dafür sei eine gesetzliche Verpflichtung "zur Verifizierung von Kundendaten oder der Protokollierung von Zugriffen" für einen gewissen Mindestzeitraum durch die Zugangsanbieter nützlich. Dadurch könnten "Täter und deren Nutznießer" abgeschreckt werden.

Die Provider könnten auch dazu verpflichtet werden, die gehosteten Inhalte automatisch zu überprüfen. Das könne nach Ansicht des BKA dazu beitragen, "den Missbrauch der bereitgestellten technischen Infrastruktur schneller zu erkennen und wirksam zu unterbinden". Hierzulande und in der EU schließen Gesetze eine allgemeine Überwachungspflicht von Inhalten für die Anbieter momentan aus. Provider, die fremde Inhalte auf eigenen Rechnern bereithalten, müssen nur "nach Kenntnis" offenkundig rechtswidriger Inhalte haften. Das BKA meint auch, dass durch strengere Zertifizierung und Überprüfung der Unternehmen, die Dienstleistungen im Internet abrechnen, die über die Vermarktung von Kinderpornographie generierten Geldflüsse eingedämmt und die Gewinnerwartung der Täter reduziert werden könnten.

Als "Schwerpunktstaaten" bezeichnet das BKA vor allem die USA und Russland. Den "hiesigen Ermittlungen" in den Monaten Januar bis Juni 2010 zufolge lägen zwischen 84 und 90 Prozent der Darstellungen sexuellen Missbrauchs auf Servern in wenigen Staaten, zu denen "insbesondere und andauernd" die beiden genannten Länder zählten. Das BKA hat in Gesprächen dort mit Vertretern nationaler Strafverfolgungsbehörden für rasches Entfernen des inkriminierten Materials geworben sowie dafür, die Ursachen "für das bevorzugte Hosting" von Kinderpornos zu hinterfragen. Zudem sei vereinbart worden, die Kommunikationswege zu kürzen.

Das BKA überprüft Hinweise auf Kinderpornos werktäglich und übermittelt bei im Ausland gespeicherten einschlägigen Inhalten meist über Interpol eine Bitte an die zuständige staatliche Stelle, Löschungen zu veranlassen. Mit der Internetwirtschaft sei zudem abgesprochen worden, nicht-staatliche Stellen direkter in die Bekämpfung von kinderpornographischen Angeboten im Ausland einzubinden. Seit Juni unterrichte das BKA bereits zusätzlich zu Interpol die Ländereinrichtung jugendschutz.net, um so die Informationen auch an die Partner des internationalen Hotline-Netzwerks INHOPE weiterzuleiten. Die Betreiber der deutschen Beschwerdestellen, die ebenfalls INHOPE angehörten, würden aber bereits seit Längeren so schnell wie möglich informiert.

Das BKA hat sich immer wieder darüber beklagt, dass kinderpornographische Inhalte "zu lange" abrufbar blieben. Es setzt sich für Websperren ein. Gegenüber den Abgeordneten führte es nun aus, dass grundsätzlich nur zu einem geringen Teil der weitergeleiteten Hinweise Rückmeldungen wie Eingangs- oder Löschbestätigungen der Strafverfolgungsbehörden aus dem Ausland eingingen. Eine sichere Aussage zu "Reaktionszeiten" sei nicht möglich. Regelmäßig werde eine Woche nach erster Mitteilung ins Ausland geprüft, ob das gemeldete Angebot noch verfügbar sei. Sei dies der Fall, erfolge eine erneute Löschbitte. Mitunter werde nochmals geprüft, ob die gemeldeten Inhalte noch verfügbar sind. Die Selbstkontrollbemühungen der Wirtschaft weisen unterdessen deutlich höhere Erfolgsquoten bei der Herunternahme von Kinderpornos nach direkten Hinweisen an Provider über Beschwerdestellen auf. (anw)