Schleswig-Holstein: Fast 80 Prozent der Microsoft-Lizenzen gekündigt

Im Interview zieht Minister Dirk Schrödter eine Zwischenbilanz des Umstiegs auf Open Source und gibt einen Ausblick auf den Wechsel zu Linux und "Digital Only".

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Schleswig-Holsteins Digitalminister Dirk Schrödter (CDU) treibt den Umstieg der Landesverwaltung mit rund 30.000 Arbeitsplätzen auf Open-Source-Software voran. Sein nächstes Etappenziel: Linux statt Windows.

(Bild: Staatskanzlei Schleswig-Holstein)

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c’t: Herr Minister, Sie haben den Wechsel von Microsoft Exchange auf Open-Xchange abgeschlossen und einen Großteil der Arbeitsplätze in der Verwaltung auf LibreOffice umgestellt. Gewerkschaften und Personalräte haben sich allerdings über mangelnde Einbindung in diesen Prozess beschwert. Daher die Frage: Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?

Dirk Schrödter: Wir haben bis zum 2. Oktober rund 44.000 Postfächer mit rund 110 Millionen Kalendereinträgen und E-Mails auf Open-Xchange erfolgreich automatisiert umgezogen. Das ist eine Riesenleistung und ein Meilenstein bei der Umsetzung unserer Open-Source-Strategie. Und, wir haben von Anfang an gesagt, dass wir mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften eine Vereinbarung nach dem Mitbestimmungsgesetz schließen möchten. Wir stehen nun kurz davor, dies zu erreichen. Da hätten wir schneller sein müssen. Ich glaube, es lag an beiden Seiten, dass das, auch wegen der Ferienzeit im Sommer und unserer in der Migration gebundenen Personalressourcen, nicht so schnell vorangekommen ist.

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Was wir aber nicht tun werden, ist, den Einsatz unserer Software unter einen Zustimmungsvorbehalt der Arbeitnehmerseite in einzelnen Dienststellen zu stellen. Software ist ein Arbeitsmittel.

Werden die Gewerkschaften zumindest über Zeitpläne der Software-Migrationen mitbestimmen dürfen?

Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir Zeitachsen unter Zustimmungsvorbehalt stellen. Das richtet sich nach den technischen Notwendigkeiten, die wir in unserem Land sehen. Unsere IT-Planungen richten wir danach aus und berücksichtigen die Belange der Mitarbeitenden natürlich im Change-Prozess. Das ist das übliche und geübte Vorgehen und nicht neu.

In den Vereinbarungen wird es vor allem darum gehen, welche Unterstützungsangebote es für die Beschäftigten gibt. Das machen wir gemeinsam und das haben wir auch in der Vergangenheit schon gemeinsam gemacht, wenn auch nicht schriftlich fixiert.

Während des Umstiegs gab es auch technische Probleme, vor allem beim Abruf von Mails im Bereich der Justiz. Sind diese Probleme inzwischen gelöst?

Die Herausforderungen hatten wir vor allem zwei Wochen Anfang, Mitte September. Das lag ausdrücklich nicht an den eingesetzten Open-Source-Lösungen. Da ging viel in der Berichterstattung durcheinander. Fakt ist, im Rechenzentrum war ein Load-Balancer fehlerhaft konfiguriert und deshalb der Zugang zur Web-Oberfläche eingeschränkt. Mit zunehmender Migration der Postfächer und damit Last im System nahmen die zeitweisen Einschränkungen für die Nutzenden zu. Das haben wir Mitte September gemeinsam mit Herstellern und Betreiber identifiziert und behoben. Seitdem läuft alles vollkommen stabil. Hier zeigt sich die Kraft eines Open-Source-Ökosystems, in dem Hersteller, Betreiber und Verwaltung gemeinsam schnell Herausforderungen bewältigen. Das ist einzigartig.

Sie hatten sich vorgenommen, im Oktober mindestens 70 Prozent der Microsoft-Office-Lizenzen auslaufen zu lassen. Welchen Prozentwert haben Sie erreicht?

Wir sind, ohne Steuerverwaltung, bei nahezu 80, deutlich über 75 Prozent. Für die Steuerverwaltung gilt, dass sich die Finanzministerinnen und -minister im Länderverbund einen klaren Zeitplan für den Umstieg gegeben haben.

Aus Ihren Behörden hörte man Sätze wie "Der Minister kämpft persönlich um jede Lizenz".

Das ist richtig, ja.

Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen?

Ich habe im Januar 2025 mit allen Ministerinnen und Ministern sowie Staatssekretärinnen und Staatssekretären an meinem Tisch Gespräche geführt und habe mir die Übergangspfade zeigen lassen, für solche Fachverfahren, die noch nicht die Voraussetzungen für offene Schnittstellen haben. Ausnahmegenehmigungen für Microsoft-Lizenzen habe ich erteilt, wenn gleichzeitig ein Weg für deren Ablösung in den kommenden Jahren definiert wurde. Verblieben sind nur wenige Lizenzen, die wir noch brauchen, die aber auch Abhängigkeiten zeigen, die wir haben und aus denen wir uns befreien müssen.