Gegner der Vorratsdatenspeicherung machen mobil

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hält eine verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren für überflüssig und unverhältnismäßig. Der AK Vorrat führt mehrere Fallbeispiele an, bei denen sich eine Erfassung von Verbindungsdaten sogar als kontraproduktiv erweisen könnte.

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Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) halten eine verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren für überflüssig und unverhältnismäßig. Sie reagieren damit auf einen an die Presse durchgesickerten internen Bericht des Bundeskriminalamts (BKA), der ein "erhebliches Ermittlungsdefizit" aufgrund fehlender Verbindungs- und Standortdaten ausmachte. Das BKA fordere "nicht weniger, als die Kommunikationsdaten von 82 Millionen Menschen dauerhaft zu speichern, damit es eine geringe Anzahl von Ermittlungsanfragen an die Provider stellen kann", hält Oliver Süme aus dem eco-Vorstand dem Begehren der Polizeibehörde entgegen. Das sei letztlich "absurd", zumal es "jetzt schon verfassungsgemäße und wirkungsvolle Methoden gibt, um die Identität von Telefon- und Internet-Tätern zu ermitteln".

Laut Süme stehen die Verbindungsdaten von Telefonanschlüssen üblicherweise drei Monate nach dem Gespräch noch zur Verfügung. Auf diesem Wege hätten etwa schon 2004 die Attentäter von Madrid oder 2006 die Sauerland-Terroristen überführt werden können, bevor eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt worden sei. Auch bei Internetanschlüssen sicherten die Provider auf Anfrage der Polizei bei einem konkreten Verdacht bereits die Verbindungsdaten und würden sie für Ermittlungen zur Verfügung stellen. Anhand des BKA-Berichts sei dagegen hochgerechnet auf zwölf Monate von maximal 3000 Anfragen der Ermittler pro Jahr zu rechnen. Dem stünden sechs Millionen Straftaten gegenüber, die in Deutschland jedes Jahr polizeilich erfasst würden. Hilfreich wären die Daten also nur "bei einem halben Promill der Ermittlungsverfahren". 99,95 Prozent aller Ermittlungen kämen ohne eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung aus.

Der AK Vorrat schlägt in dieselbe Kerbe und führt in einem 16-seitigen Bericht (PDF-Datei) unter anderem mehrere Fallbeispiele an, bei denen sich eine verdachtsunabhängige Erfassung von Verbindungsdaten sogar als kontraproduktiv erweisen könnte. Die vom Bundeskriminalamt als Beleg für eine Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung präsentierten Fallberichte seien zudem nicht immer schlüssig, argumentiert der AK Vorrat. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, erklärte unterdessen, auch er halte die Vorratsdatenspeicherung für nicht erforderlich. Er warf Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor, in einer Kampagne zusammen mit dem BKA für die umstrittene Überwachung zu werben und dabei an das Angstgefühl der Menschen zu appellieren. (pmz)