Innenminister: Besitz von Gewaltpornos soll teilweise strafbar werden

Wer gewaltpornografische Inhalte besitzt, die erkennbar ohne oder gegen den Willen des Opfers entstanden sind, handelt laut Innenministerkonferenz kriminell.

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Die Innenminister Joachim Herrmann (Bayern, CSU), Andy Grote (Hamburg, SPD), Alexander Dobrindt (Bund, CSU) und Ulrich Mäurer (Bremen, SPD) zum Abschluss der IMK am Freitag in Bremen.

(Bild: Land Bremen/Senator fĂĽr Inneres und Sport)

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Die Innenministerkonferenz (IMK) hat auf ihrem Herbsttreffen in Bremen weitreichende Beschlüsse gefasst, die insbesondere den Kampf gegen gewaltpornografische Inhalte im Internet und die Drohnenabwehr in den Fokus nehmen. Das Anschauen gewaltpornografischer Inhalte soll nach dem Willen der Innenminister in bestimmten Fällen künftig nicht mehr folgenlos bleiben.

Diese Forderung, maßgeblich vorangetrieben von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), zielt darauf ab, das „menschenverachtende System“ hinter der Produktion solcher Inhalte zu bekämpfen, indem die Politik die Nachfrageseite ins Visier nehmen will. Nötig sei ein ganzheitlicher Ansatz, erläuterte Grote: „Deshalb muss auch schon der Besitz von gewaltpornografischen Inhalten, die offensichtlich ohne oder gegen den Willen des erwachsenen Opfers entstanden sind, unter Strafe gestellt werden.“

Der Sozialdemokrat begründet seine Intiative vor allem mit dem „Fall Pelicot“. Der aufsehenerregende Prozess um die Massenvergewaltigungen von Gisèle Pelicot in Südfrankreich umfasst etwa 200 Vergewaltigungstaten. Die Frau wurde über einen Zeitraum von Jahren von ihrem Ehemann, Dominique Pelicot, heimlich mit Medikamenten betäubt und so in einen wehrlosen Zustand versetzt. Ohne ihr Wissen wurde sie daraufhin von ihm sowie von über 80 weiteren Männern, die er online akquiriert hatte, vergewaltigt und dabei gefilmt. Der Fall wurde 2020 öffentlich, als Videomitschnitte der Taten entdeckt wurden.

Der Besitz von Aufnahmen einer Vergewaltigung oder anderer Formen sexualisierter Gewalt an einer erwachsenen Person bleibt bislang straffrei, solange der Konsument die Inhalte nicht selbst verbreitet. Diese Lücke wollen die Innenminister schließen, wozu eine Änderung des Strafgesetzbuchs (StGB) nötig wäre. Paragraf 184a StGB kriminalisiert derzeit nur das Verbreiten, Zugänglichmachen, Herstellen und Beziehen von gewalt- oder tierpornografischen Inhalten. Im Gegensatz dazu ist der Besitz von Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauchs bereits eine in der Regel scharf geahndete Straftat.

Ferner soll die Verfolgung illegaler gewaltpornografischer Inhalte laut Grote durch leistungsfähige, KI-basierte Analyse- und Filtersysteme effizienter gestaltet werden. Ziel ist es, solchen Content schneller zu erkennen, zu löschen und die Täter strafrechtlich zu belangen.

Die größten technischen und rechtlichen Herausforderungen liegen dabei in der Unterscheidung zwischen verbotenen und legalen Inhalten sowie im Schutz der Privatsphäre. So müssen für eine solche Herangehensweise Verfahren zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung umgangen oder die Daten vor der Verschlüsselung erfasst werden. Zudem versuchen Täter, die Filter etwa durch geringfügige Bildbearbeitung zu umgehen, sodass ein permanentes Training der eingesetzten KI-Modelle nötig wäre.

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Die Forderung der IMK nach KI-Filterung folgt letztlich der technischen Logik der umstrittenen Chatkontrolle. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob der Staat private Plattformen verpflichten darf, private, verschlüsselte Kommunikationsinhalte maschinell auf illegale Inhalte zu scannen. Der IMK-Appell erweitert hier den Kreis der gesuchten illegalen Inhalte von Kindesmissbrauchsdarstellungen auf bestimmte Arten von Gewaltpornografie an Erwachsenen, was grundrechtliche Bedenken noch verstärken dürfte.

Bund und Länder zeigten sich auf der Innenministerkonferenz darüber hinaus einig, dass das geplante gemeinsam Drohnenabwehrzentrum noch in diesem Jahr in Berlin seine Arbeit aufnehmen soll. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einer "starken Schaltstelle, um feindliche Drohnen aufzuspüren, abzuwehren und notfalls abzuschießen". Grote verlangte, dass auch Betreiber kritischer Infrastrukturen (Kritis) in die Lage versetzt werden sollten, eigene Detektions- und Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Die Finanzierungsfrage sorgt aber für Unmut bei den Ländern. Der Bund will keine zusätzlichen Mittel bereitstellen. Die Länder müssen die Ausgaben so etwa aus ihrem Anteil am milliardenschweren Sondervermögen Infrastruktur finanzieren.

(nen)