Adieu Microsoft: Schleswig-Holstein setzt auf Open Source und spart Millionen

Mit der Migration von Microsoft zu freier Software zahlt Schleswig-Holstein gut 15 Millionen Euro Lizenzkosten weniger. Die UmrĂĽstung kommt deutlich gĂĽnstiger.

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(Bild: Imilian/Shutterstock.com)

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Die Landesverwaltung Schleswig-Holstein vollzieht eine bemerkenswerte Kehrtwende in ihrer IT-Strategie und setzt konsequent auf Open Source. Nachdem die Migration von proprietärer Microsoft-Software zu freien Lösungen anfangs von Problemen und Kritik begleitet war, kann Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (CDU) nun einen signifikanten Erfolg vermelden: Das Land wird nach Angaben seines Hauses allein nächstes Jahr über 15 Millionen Euro an Lizenzkosten für Windows, Microsoft Office & Co. einsparen. In den Folgejahren dürfte es ähnlich aussehen.

Demgegenüber stünden 2026 einmalige Investitionen in Höhe von neun Millionen Euro, erklärte das Digitalministerium gegenüber den Kieler Nachrichten. Diese müssten für die Umrüstung der Arbeitsplätze und die Weiterentwicklung der Lösungen mit freier Software in den nächsten 12 Monaten getätigt werden. Angesichts der jährlichen Einsparungen amortisiert sich diese Geldsumme in weniger als einem Jahr. In der Vergangenheit hatte das Land Millionenbeträge an den US-Konzern Microsoft vor allem für die Nutzung von Bürosoftware und weiteren Programmen überwiesen.

Die Abkehr von diesem „Vendor-Lock-In“ – der Gebundenheit an einen einzelnen großen Anbieter – versteht das Ressort als klares Signal für mehr Unabhängigkeit und nachhaltige Digitalisierung. Der finanzielle Aufhänger unterstreicht nun, dass digitale Souveränität nicht nur ein politisches Schlagwort, sondern auch ein wirtschaftlicher Gewinn sein kann.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Außerhalb der Steuerverwaltung sind bereits knapp 80 Prozent der Arbeitsplätze in der Landesverwaltung auf die quelloffene Büro-Software LibreOffice umgestellt. Schrödter bestätigt damit einen Kurs, der die technische sowie wirtschaftliche Abhängigkeit von einzelnen Herstellern reduziert. Die Konsequenz der Umstellung zeigte sich bereits vor Kurzem, wie Schrödter in einem Interview mit c't hervorhob. Er sagte zum Stand der Kündigungen von Microsoft-Lizenzen: "Wir sind, ohne Steuerverwaltung, bei nahezu 80." Für die Steuerfragen gelte, dass sich die Finanzminister der Länder "einen klaren Zeitplan für den Umstieg gegeben haben". Vor Kurzem unterstrich der Christdemokrat auch laut der Südtiroler Wirtschaftszeitung, dass das Land in einen Marathon eingestiegen sei, nicht nur in einen Sprint.

Die verbleibenden 20 Prozent der Arbeitsplätze sind derzeit noch auf Microsoft-Programme wie Word oder Excel angewiesen, da in bestimmten Fachverfahren eine technische Abhängigkeit von diesen Programmen besteht. Laut Schrödter ist indes die sukzessive Umstellung auch dieser restlichen Computer das erklärte Ziel.

Trotz der Einsparungen und der fast abgeschlossenen Migration in weiten Teilen der Verwaltung äußert die Opposition weiterhin Kritik an der Qualität der Umrüstung. Der SPD-Landtagsabgeordnete Kianusch Stender gab gegenüber den Kieler Nachrichten zu bedenken: "Es mag sein, dass auf dem Papier 80 Prozent der Arbeitsplätze umgestellt sind. Es sind aber weit weniger als 80 Prozent der Beschäftigten, die damit jetzt auch vernünftig arbeiten können." Fehler bei der Migration seien "weiterhin vorhanden". Die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Einführung der Open-Source-Programme haben offenbar in einigen Bereichen zu anhaltendem Ärger bei einigen Mitarbeitenden geführt.

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Dass eine derart umfassende Umstellung nicht ohne Reibungsverluste abläuft, räumte auch der grüne Landtagsabgeordnete Jan Kürschner im Gespräch mit heise online ein. Er unterstrich jedoch die Langfristigkeit des Projekts und die Notwendigkeit, Verwaltungsprozesse grundlegend zu überdenken: Mit dem Wechsel bestehe die Chance, „die Verwaltung wirklich neu zu denken und sich von Altlasten zu befreien. Das ist der große Mehrwert.“ Werde nur eins zu eins umgestellt, könnte es sicher „an der einen oder anderen Stelle holpern“. Doch wer die Verwaltungsprozesse wirklich optimiere, dürfte am Ende feststellen: „Open Source ist der bessere Weg.“

Die Herausforderung liegt nun darin, die anfänglichen Migrationsprobleme und Akzeptanzschwierigkeiten zu beheben und die Open-Source-Lösungen so weiterzuentwickeln, dass sie den Anforderungen einer modernen Landesverwaltung in vollem Umfang gerecht werden. Die erzielten Einsparungen geben Schleswig-Holstein dafür mehr finanziellen Spielraum.

(nie)