Siedler-Erfinder Wertich liefert mit „Pioneers of Pagonia“ ab

Der "Siedler"-Erfinder Volker Wertich präsentiert mit "Pioneers of Pagonia" eine detailverliebte Aufbaustrategie mit Wuselgarantie und Fantasy-Touch.

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Screenshot aus Pioneers of Pagonia

(Bild: Envision Entertainment)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Müller
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Nach zwei Jahren im Early-Access steht „Pioneers of Pagonia“ von Envision Entertainment in den Startlöchern. Laut Volker Wertich wurden allein in der EA-Phase mehr als 250 Änderungen und Verbesserungen vorgenommen. Auch die von uns kritisierte mangelnde Zugänglichkeit wurde gründlich überarbeitet. Herausgekommen ist eine abwechslungsreiche und detailverliebte Aufbaustrategie mit Fantasy-Touch, die mit ihren komplexen Produktionsketten und bösen Geistern nicht nur die Pagonier mächtig ins Schwitzen bringt.

2023 war das Original-"Siedler“, inzwischen bei Ubisoft angekommen, mit „Neue Allianzen“ grandios gescheitert. Nicht nur deshalb ging ein Raunen durch die Fans, als „Siedler“-Erfinder Volker Wertich mit seinem neuen Team von Envision Entertainment einen neuen Aufbaustrategie-Titel in einem Fantasy-Universum ankündigte: komplex, detailverliebt und wuselig.

"Pioneers of Pagonia" im Test (5 Bilder)

Spannend und abwechslungsreich: Mit „Pioneers of Pagonia“ gelingt „Siedler“-Erfinder Volker Wertich ein starkes Genre-Comeback.

(Bild:

heise medien

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Erster Anlaufpunkt für alle neuen Siedler ist die Story-Kampagne. In rund 30 Stunden Spielzeit, verteilt auf sieben unterschiedliche Karten, schlüpfen sie in die Rolle der titelgebenden Pagonier. Diese bauen auf verschiedenen Inseln ihre Häuser, Schmieden oder Wachtürme. Sie helfen freundlichen Nachbarn, wehren mit ihren Soldaten Banditen ab oder müssen ihre Warlocks gegen Geister in den Kampf schicken. Auf einigen Inseln kommt es sogar zu einem echten Bosskampf. Dies ist aber längst nicht so komplex wie in einem Echtzeitstrategie-Spiel und beschränkt sich auf nur wenige Kommandos.

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Envision erfindet das Aufbaustrategiegenre nicht neu. Die Spieler müssen Rohstoffe abbauen, durch die sie Gebäude bauen können, die mit ihren Werkzeugen neue Produktionsketten freischalten. Das wird trotz unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade von „Story“ bis „Schwer“ sehr früh ziemlich knifflig. Bereits im dritten Abschnitt nutzen die Spieler unzählige Gebäudetypen von der „Mine“ über den „Handelsposten“ bis zur „Garnison“. Im weiteren Verlauf zieht das mit Zauberer-Akademien und verbesserten Produktionsgebäuden noch weiter an. „Pioneers of Pagonia“ ist deshalb kein Spiel für Leute, die einfach mal so in das Genre reinschnuppern wollen.

Daran ändern die zahlreichen Verbesserungen im Laufe der EA-Version nur teilweise etwas. Das Spiel versorgt die Siedler nun mit vielen Bautipps und erklärt die Produktionsketten. Wenn es mal zum Baustopp kommt, ist es deshalb für die Spieler jetzt besser nachvollziehbar. Die Pagonier laufen jetzt auch endlich verlässlich dahin, wohin wir sie schicken. Sobald ein neues Gebäude errichtet wird, beginnt automatisch das Training für die entsprechenden Handwerker. Komfortabel können die Spieler auch wählen, ob sie automatisch Nachschub an Soldaten oder Arbeitern trainieren wollen oder nur bis zu einer gewissen Anzahl. Das ist alles logisch durchdacht und umgesetzt.

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Aber dennoch: „Pagonia“ ist ziemlich pingelig, wenn die Siedler mal etwas vergessen. Eine kleine Straße, nicht mit einem Gebäude verbunden? Nix geht mehr. Eine Rohstoffquelle mal versiegt? Manchmal gehen solche wichtigen Informationen unter, wenn die Siedlung mal etwas größer wird und es überall herumwuselt. Schnell sind die kleinen Lager voll und es kommt zum Produktionsstopp.

Viele Design-Entscheidungen verzücken Genre-Fans, sind aber in unseren Augen etwas zu detailverliebt. Gerade bei den Gebäuden fällt ein Überblick schwer. Es gibt ein Militärlager und eine Garnison, obwohl eines davon gereicht hätte. Für Händler können die Spieler ein spezielles Lager anlegen, Waren können in kleinen Ablagestellen oder in einem Warenhaus gelagert werden. Das sorgt für viel Mikro- und Makromanagement.

Wem das zu kleinlich ist, der wird durch das herausragend gute Spiel- und Missionsdesign in der Story-Kampagne versöhnt. Es gibt keine Strategie, die immer gewinnt. Oft müssen sich die Spieler der Situation anpassen. Manchmal fehlen Rohstoffe, die erst durch Handel gewonnen werden. An anderer Stelle müssen sie aggressiv gegen Fraktionen vorgehen, die mit ständig neuen Stützpunkten die Grenzen bedrohen. Manchmal müssen unter Zeitdruck Minen eingenommen werden und andere Gegner können nur durch spezielle Soldaten besiegt werden. Trotz der langen Spielzeit bleibt das immer abwechslungsreich und spannend.

Neben der Kampagne können sich die Spieler aus bisher neun verschiedenen Vorlagen Inseln zusammenbasteln, auf denen sie friedlich herumwuseln dürfen oder gegen andere Fraktionen antreten. Dazu gibt es spezielle „Szenario"- Karten vom Entwickler oder der Community. Abgerundet wird das umfangreiche Spielpaket mit einem Koop-Modus, den wir aber nicht getestet haben.

Für die Zukunft hat Envision weitere Verbesserungen und kostenlose wie kostenpflichtige Inhalts-Updates und DLCs in Planung. Dazu soll der Karten-Editor weiter verbessert werden. Alles Weitere wird in der Roadmap bekannt gegeben, die im Januar erscheint. Eine Version für Linux ist laut Nachfrage bisher nicht geplant.

„Pioneers of Pagonia“ von Envision Entertainment hat das Versprechen aus der Early-Access-Phase eingelöst. Hinter der unschuldigen, bilderbuchartigen Hülle versteckt sich ein anspruchsvoller Aufbaustrategie-Titel, der mit seinem abwechslungsreichen und spannenden Spieldesign zum Besten gehört, was das Genre in den vergangenen Jahren zu bieten hat.

Die zahlreichen Verbesserungen aus der EA-Phase täuschen aber nicht darüber hinweg, dass es Envision mit der Detailverliebtheit manchmal übertreibt. Einige Spieldesignentscheidungen wirken kleinlich, während die Kämpfe auf das Nötigste beschränkt sind. Erfahrene Genre-Fans wird das nicht stören, aber Genre-Neueinsteiger sollten nur vorsichtig ihre ersten Schritte an den Ufern der pagonischen Inseln machen.

„Pioneers of Pagonia“ erscheint am 11. Dezember für Windows. Es kostet ca. 40 €. USK ab 6.

(dahe)