Glasfaser: Monopolkommission warnt vor Rückkehr alter Machtverhältnisse

Die Wende von Kupfer zu Glasfaser ist eine kritische Phase. Die Monopolwächter fordern eine stärkere Regulierung und Mindeststandards bei Wohnungsanschlüssen.

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(Bild: SHARKstock/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

In ihrem am Dienstag veröffentlichten 14. Sektorgutachten zur Telekommunikation schlägt die Monopolkommission Alarm und warnt eindringlich vor neuen Monopolen. Besonders in Deutschland befinde sich der Markt in einer kritischen Übergangsphase von der alten Kupfertechnologie zur zukunftssicheren Glasfaser, schreiben die Berater der Bundesregierung. In dieser bestehe die Gefahr, dass die ehemaligen Staatsmonopolisten erneut eine dominante Marktstellung erlangen.

Ein zentrales Anliegen der Monopolwächter ist laut dem Gutachten die Sicherstellung des Infrastrukturwettbewerbs beim Glasfaserausbau. Wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, sollte vorrangig darauf gesetzt werden, dass zwei oder mehr Anbieter eigene, voneinander unabhängige Glasfasernetze verlegen, heißt es. Dies sichere den Wettbewerb langfristig zum Vorteil der Verbraucher. In anderen Fällen sei eine stärkere Aufsicht der Bundesnetzagentur nötig.

Zusätzlich empfiehlt die Kommission einen klaren Mindeststandard für Wohnungsanschlüsse: Jede Heimstätte sollte mit mindestens vier Fasern eines Glasfaserkabels ausgestattet werden. Dadurch könnten verschiedene Anbieter den Anschluss nutzen und der Wechsel für Verbraucher würde deutlich vereinfacht.

Besondere Brisanz sehen die Wettbewerbsexperten bei der umkämpften Kupfer-Glas-Migration, die maßgeblich über die künftige Marktstruktur im Festnetz entscheide. Ohne klare und entschlossene Vorgaben zur Abschaltung alter Kupfernetze habe die Deutsche Telekom den Anreiz, Glasfaser strategisch zuerst dort auszubauen, wo bereits alternative Anbieter tätig sind, um diese aus dem Markt zu verdrängen. Die Regulierungsbehörde müsse daher dringend von ihrer derzeit moderierenden in eine entschlossen handelnde Rolle übergehen.

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Gleichzeitig hat die Bundesnetzagentur ihren Tätigkeitsbericht 2024/2025 für den TK-Sektor publiziert. Der Ausbau von Glasfasernetzen gilt demnach als gewaltiges Infrastrukturprojekt, das hohe Bandbreiten und kurze Übertragungszeiten für Dienste wie Telemedizin und KI ermögliche. Die Investitionen in Sachanlagen auf dem TK-Markt stiegen 2024 auf 15,5 Milliarden Euro (plus 4 Prozent gegenüber 2023), wobei der Schwerpunkt auf der Glasfaser- und Mobilfunkinfrastruktur lag. Trotz dieser Anstrengungen hinkt Deutschland beim Glasfaserausbau hinter anderen europäischen Staaten her. Ein Grund dafür ist die hohe Verfügbarkeit leistungsfähiger Bestandsnetze (DSL-/TV-Kabel).

Die Regulierungsbehörde begleitet die Kupfer-Glas-Migration nach eigenen Angaben aktiv, um Wettbewerb und Verbraucherinteressen zu sichern. Ein detaillierteres Konzept zu diesem langfristigen Technologiewechsel hat sie für Anfang 2026 angekündigt. Open-Access-Angebote, bei denen Betreiber Leitungen für andere Dienstleister öffnen, erachtet der Regulierer als wichtigsten Schlüssel für die Marktentwicklung. Angesichts von über 200 Netzbetreibern seien jedoch weitere Fortschritte und einheitliche Standards erforderlich.

2024 verzeichnete die TK-Schlichtungsstelle dem Bericht zufolge den höchsten Stand an jährlichen Antragseingängen seit ihrer Einrichtung 1999. Kunden stellten in den Jahren 2024 und 2025 insgesamt 6420 Ersuchen (Stand: Ende Oktober 2025).

Die Monopolkommission knüpft derweil ihre Zustimmung zum geplanten Digital Networks Act (DNA) der EU an strenge Bedingungen. Zwar begrüßt sie die Impulse für den europäischen Binnenmarkt, warnt aber davor, durch die Verordnung zu früh zu deregulieren. Unternehmen mit nachgewiesener Marktmacht müssten weiterhin einer strikten Regulierung unterliegen, bis ein wirksamer Wettbewerb etabliert ist, so die Forderung.

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Tomaso Duso, verlangte, an der EU-Marktempfehlung festzuhalten, mit regulierten Vorleistungsmärkten wie für den Bitstromzugang. Dies sei eine sehr wichtige Hilfsstellung für die Regulierungsbehörden. Open-Access-Offerten bezeichnete Duso als gut. Diese reichten aber oft nicht aus: Hier gehe es „nicht wirklich voran“. Die Bundesnetzagentur sollte sich trauen, dieses Konzept fortzuentwickeln. Die Monopolwächter verlangen auch, die Rolle der Regulierungsbehörde im Rahmen des DNA zu stärken, um eine wettbewerbskonforme Migration zu gewährleisten.

Beim Datenaustausch zwischen Netzbetreibern und großen Inhalte- und Diensteanbietern aus dem Big-Tech-Bereich wie Alphabet oder Netflix sieht die Monopolkommission derzeit keine Wettbewerbsprobleme. Beide Seiten verhandelten auf Augenhöhe, weshalb die Wettbewerbsexperten eine nationale oder europäische Streitbeilegungsstelle ablehnen. Zusätzliche Zahlungen der Content-Anbieter an die Netzbetreiber im Stile einer Datenmaut seien nur dann gerechtfertigt, wenn sie das Ergebnis kommerzieller Verhandlungen ohne Missbrauch von Marktmacht darstellen.

In dem Gutachten spielt auch die Resilienz der europäischen Internetanbindung über Unterseekabel eine Rolle. Laut Duso hat die Monopolkommission Daten dazu analysiert und die Infrastruktur als „eigentlich sehr widerstandsfähig“ eingeschätzt: Es gebe sehr viele alternative Verbindungen, zumindest zwischen Europa und den USA. Eine staatliche Förderung für internationale Kabelprojekte sei nicht nötig. Duso verwies aber auf Engpässe bei Reparaturschiffen: in der Ostsee und im Mittelmeer gebe es jeweils nur zwei davon. Es bleibe also wichtig, frühzeitig Schwachstellen und Abhängigkeiten zu identifizieren. Big-Tech-Unternehmen betrieben fast 90 Prozent der Kabel.

Zukunft der Post

In ihrem Gutachten zum Postsektor drängt die Monopolkommission darauf, gesetzliche Standards für die postalische Grundversorgung zu senken. Diese gälten angesichts der sinkenden Relevanz der Briefpost als überdimensioniert. Laut dem Berater treiben die derzeitigen hohen Anforderungen – wie sechs Zustelltage pro Woche – die Kosten unnötig in die Höhe. Um Geld zu sparen und niedrigere Portopreise für Verbraucher und Unternehmen zu ermöglichen, hält das Gremium fünf Zustelltage pro Woche für ausreichend. Eine solche Reduzierung sei EU-rechtlich zulässig.

Zudem empfiehlt das Gremium, die Anpassung der Standards zur Grundversorgung angesichts der fortschreitenden Digitalisierung proaktiv und langfristig zu planen. Dem Beispiel Dänemarks, wo der staatliche Anbieter Postnord seine Briefzustellung einstellen will, sollte Deutschland vorerst nicht folgen. Der dänische Fall veranschaulicht für Duso zugleich, wie wichtig private Wettbewerber auch in diesem Sektor sind.

Nach über 9000 Beschwerden im Juli seien die Eingaben über verspätete oder nicht erfolgte Lieferungen der Deutschen Post in den Folgemonaten wieder zurückgegangen, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Das Unternehmen habe Schwierigkeiten im Sommer eingeräumt. Es habe daraufhin zusätzliches Personal rekrutiert, sodass sich die Lage nun wieder stabilisiere. Im Bereich der Kurier- und Paketdienste gebe es weiter Wachstum, die Entwicklungen im Briefbereich seien nach wie vor rückläufig (fast 7 Prozent Minus).

(afl)