Nein, das Militär hat in Frankreich nicht die Regierung gestürzt

Ein millionenfach angesehenes KI-Video erfindet einen Staatsstreich. Sogar andere Staatschefs fallen rein. Facebook sperrt es nicht. Macron sucht Abhilfe.

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Stiefel und Beine von Soldaten in Tarnkleidung

(Bild: ThalesAntonio/Shutterstock.com)

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„Diese Leute verspotten uns”, sagt Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron über Meta Platforms. „Sie pfeifen auf die Ausgeglichenheit des öffentlichen Diskurses. Sie machen sich lustig über die Souveränität von Demokratien (...) und bringen uns dadurch in Gefahr.” Anlass für Macrons Zorn ist ein von Facebook verbreitetes Video, das vorgibt, ein Ausschnitt aus einer Nachrichtensendung über einen Staatsstreich in Frankreich zu sein.

Angesichts einer Landwirtschaftskrise habe ein Militäroffizier die Macht übernommen. Das Video ist eine KI-generierte Lüge, zieht aber weite Kreise. Ein besorgter afrikanischer Staatschef habe am Sonntag Macron kontaktiert, ironischerweise mittels Direktnachricht auf Facebook: „Herr Präsident, was geht bei Ihnen vor? Ich bin sehr beunruhigt.”

Zuerst habe Macron gelacht, berichtete er bei einer Veranstaltung in Marseille, doch sei das Video auf Facebook bereits zwölf Millionen mal abgespielt gewesen. Auf den Antrag auf Sperre des Videos habe Facebook geantwortet: „Es verletzt unsere Nutzungsbedingungen nicht. Sperre abgelehnt.” Auch auf Tiktok ist das Video verbreitet worden.

Der Präsident sieht zunehmende Einflussnahme auf den politischen Diskurs aus dem Ausland. Dagegen möchte er mit neuen Gesetzen vorgehen, sowohl in Frankreich als auch auf EU-Ebene: „Wenn es Inhalte gibt, die offensichtlich die öffentliche Sicherheit gefährden, durch falsche, destabilisierende Informationen, muss es möglich sein, diese zu entfernen.” Außerdem sollten die Plattformbetreiber sicherstellen, dass hinter jedem Konto ein echter Mensch stehe – Macron fordert also einen Ausweiszwang.

In diesem Fall hätte der Ausweiszwang wohl zu einem Minderjährigen in Afrika geführt. Die Tageszeitung Le Monde hat den Urheber des Videos angerufen. Es soll sich um einen 17-Jährigen aus Burkina Faso handeln. Das Video war demnach Teil einer Reihe von KI-Videos, mit denen er seine Fertigkeiten unter Beweis stellen und sein Angebot einschlägiger Schulungen bewerben wollte.

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„Ich bin ein bisschen gestresst und beeindruckt”, erzählte der Bursche in dem Telefonat. Er habe auf sich aufmerksam machen und Geld verdienen wollen. Die Auswirkungen erstaunten ihn jedoch. „Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nicht in die Politik einsteigen. (…) Ich entschuldige mich, weil ich keine Schwierigkeiten haben möchte. Ich werde weiterhin Videos machen, um die Leute zum Lachen zu bringen.” Von politischen Inhalten wolle er fortan aber Abstand nehmen. Sein Video hat er kurz nach dem Anruf der Zeitung selbst offline genommen.

(ds)